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Bran

Bran

Titel: Bran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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verbrauchen mehr Worte, als der Palast des Großkhans Steine hat.« Es war ein wehmütiges, trauriges Lächeln, mit dem sie ihn ansah. Wie eine Mutter, die ihre Söhne fragt, warum sie immer solchen Unfug treiben müssen, der ihr das Herz schwer macht.
    »Du bist anders.«
    Ihre Finger erkundeten seine Schläfen, wo sich die harte Wölbung des Implantats ertasten ließ, wenn man wusste, wo man zu suchen hatte.
    »Ich bin nicht von hier.«
    »Das brauchst du nicht zu sagen.« Sie untersuchte sein Handgelenk. »Man sieht es dir an, eine Stunde bevor du um die Häuserecke kommst.«
    Er spielte mit dem Gedanken, ihr das Werbeholo zu zeigen, das ihre Mädchen in dreißig Jahren in den Garküchen der Vorstädte verteilen würden. Aber dann unterdrückte er ihn wieder.
    Wenig später summte der Schirm erneut. Straner lernte, dass auch eine Puffmutter ein Vorzimmer besitzt. Eines der Mädchen, die auseinanderzuhalten ihn nicht interessierte, plapperte aufgeregt in einem serafidischen Dialekt, der wie das Gezwitscher der Amseln im Frühling klang, eine Stunde vor Sonnenaufgang. Er hörte diese melodiöse Sprache so gerne, dass es ihm nichts ausmachte, dass er sie nicht beherrschte. Man würde sie entweihen, wenn man ihre Grammatik erlernte oder ihre Vokabeln paukte!
    Dann wurde durchgestellt. Auf dem Schirm erschien ein hoher rangkorianischer Würdenträger. Dieses Gespräch war sehr kurz. Ein paar Namen, Daten, Floskeln, die nur Eingeweihten etwas sagten. Straner lag still im behaglichen Dunkel seines Bettes und spielte mit den Körpersäften, die an seinem Unterleib klebten.
    Leli kehrte zu ihm zurück. Sie schien noch trauriger, ihre Stirnarabeske glühte noch leidenschaftlicher. Sie machte etwas mit ihren Implantaten. Als schalte sie irgendein Extra zu. Und dann liebten sie sich mit erneuerter, rauerer Glut, bis der Morgen graute.
      
    Bei Tagesanbruch schleppte er sich in seine Unterkunft, verriegelte die Tür, fuhr alle Geräte einschließlich seiner Applikationen herunter, polarisierte die Fensterscheiben und fiel rücklings aufs Bett. So zerschlagen er war, fand er doch keinen Schlaf. Seine Gedanken kreisten in immer engeren Spiralen, wie Kometen, die in den Schweretrichter einer Sonne geraten waren, der sie nicht mehr entrinnen konnten.
    Er hatte verstanden: Die Gesandtschaft war hier. Aber die Handelsdelegation war nur ein Deckmantel.
    Es ging darum, einen Umsturz anzuzetteln. Mordal würde ihn anführen.
    Für die Zeit des Übergangs würde Rangkor als Schutzmacht auftreten und dem neuen Regime Stabilität garantieren. Der rangkorianische Gesandte würde die Stellung eines Statthalters einnehmen. Die neuen Herrscher würden Besserungen einführen, die Lage des Volkes betreffend. Rangkor würde hilfreich zur Seite stehen. Mit Krediten und Handelserleichterungen, technologischer Unterstützung und organisatorischem Rat. Die Wirtschaft musste angekurbelt werden. Der Export würde boomen. Zhid war reich an Rohstoffen, unfassbar reich. Man musste nur die Zollschranken abschaffen, die Handelshemmnisse, das Ungleichgewicht der Währungen. Dann würde der Wohlstand auf das Land herabregnen wie der dringend benötigte Monsun auf die darbende Wüste. Das Heer der billigen Arbeitskräfte und der enorme Nachholbedarf der Konsumenten würden weiteres Kapital anlocken. Zhid würde in Liquidität schwimmen. Im Gegenzug konnte es rangkorianische Produkte erwerben. Hochtechnologie, zur Stimulierung der eigenen Industrie. Von den Exporterlösen des primären Sektors konnte es die Garantien ablösen, für die Rangkor so lange bürgen würde. Man würde Wahlen abhalten, freie Wahlen, was es hier noch nie gegeben hatte. Die neuen Herrscher würden sich legitimieren. Und eines Tages würde der Statthalter Rangkors abziehen können. Zhid wäre dann frei, eine souveräne und prosperierende Demokratie.
    Straner glaubte, Senator Brighton zu hören. Aber es war Untersekretär Tobey Richards, der schon vor dreißig Jahren diese Floskeln beherrscht hatte wie ein Dompteur die Tiere, die er nach Belieben springen lassen konnte, selbst durch feurige Reifen. In diesem Richards hatte Brighton seinen Meister gefunden, und das zu einer Zeit, in der er selbst kaum etwas davon ahnte. Der junge Francis Brighton, der Brighton dieser Zeit, war naiv. Ein Schnösel aus reichem Haus, von dem man nicht recht wusste, was ihn in die Politik zog. Ein Unternehmersohn. Vermutlich war es das. In materieller Hinsicht konnte er sich alles leisten. Aber er würde

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