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Bran

Bran

Titel: Bran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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stieß sich von der Bar ab und ging weiter. Es gab noch so viele Etagen zu erkunden!
    Außer den romantischen, kitschigen und pittoresken Landschaften, die Bergpueblos oder Eingeborenendörfern, Südseeinseln oder orientalischen Serails nachempfunden waren, gab es auch Dinge für den gröberen Geschmack, namentlich in den Stockwerken, die unterhalb des Straßenniveaus lagen. Dunkle Verliese und Folterkeller, wo einschlägige Leidenschaften abreagiert werden konnten. Unterirdische Katakomben, düster und ausweglos, verschachtelt und luftarm wie ein Albtraum. Dazwischen wieder teure Luxuszimmer, gediegene Separees, Türen, die vorerst verschlossen blieben wie das persönliche Reich der Herrin Leli.
    Schließlich landete er auf einer offenen Dachterrasse. Er musste eine Schranke passieren. Das kostete einen Aufpreis. Sein Bargeld hatte er unten in der Garderobe deponiert. Der Aufpasser, einer stämmiger Trabeener, der hier Dienst tat, sah ihn bedauernd an. Straner aktivierte sein Tattoo und wies den geforderten Betrag an. Es war ein altes Modell, und alle Extras waren geblockt. Aber hier und jetzt musste es futuristisch wirken, zumindest: unerschwinglich. Es war eine VIP -Karte in Form eines intelligenten Hologramms. Straner schaltete es sofort wieder ab. Der Türsteher grinste anerkennend und gab die Schranke frei.
    Straner trat auf die weitläufige Dachlandschaft hinaus, wo Männer und gekaufte Frauen sich in der Schwüle der Nacht liebten, seufzende Choreografien unter freiem Himmel, der hin und wieder von einer Phalanx startender Schiffe defloriert wurde. Die Luft war mild, von einem Wind bewegt, der aus der Wüste kam. Tief unter ihnen das Brodeln der Straßen und Plätze, wie die Gänge eines Ameisenhaufens oder einer Termitenburg, die von fluoreszierenden Partikeln illuminiert war.
    In den letzten Stunden hatte er genug gesehen, um in Stimmung zu kommen. Mehr als nur das. Er nahm das erste Mädchen, das sich ihm anbot. Sie kauerte am Rand des Pools nieder und wusch Mund und Geschlecht in einer einzigen, schleifenförmigen Bewegung. Straner kannte dieses Ritual. Er hatte es hier schon oft gesehen, und nicht nur hier. Sowie das Mädchen sich wieder erhob, packte er es und warf es auf eine der Liegen, die im Halbkreis um das grün schimmernde Becken standen.
      
    Im ersten Frühlicht, das rau war wie kalter Rauch und heiser wie ein Hals nach stundenlangem Schreien, torkelte er auf die Straße hinaus, auf der der Wind den Kehricht lustlos hin und her schob. In der Nähe fand er ein Zimmer in einem einfachen Hotel, in dem er sich auf ein paar Tage einmietete. Die nächsten Stunden versäumte er in tiefem Schlaf. Am Nachmittag brach er in die Stadt auf.
    Je näher er dem Zentrum kam, umso besser kannte er sich aus. Auf der Plaza war kaum noch zu merken, dass dies nicht das Zhid war, in dem Cejla und Kundali lebten. Im Palast regierte Iban Mogul Khan, ein gefürchteter Gewaltherrscher, was das Volk nicht davon abhielt, schon auf der gegenüberliegenden Straßenseite derbe Witze über ihn zu reißen. Straner schritt durch alles das hindurch wie ein Ingenieur durch eine holografische Versuchsanordnung. Was ging ihn Iban Mogul an? Er hatte dessen Mausoleum gesehen und die wächserne Leiche, die alle Kunstgriffe der Konservierung kaum noch vor dem Verfall bewahrten.
    Er aß in einem der teuersten Restaurants der Altstadt. Auch hier ging es vornehmlich darum, die Modalitäten zu erkunden. Als es ans Bezahlen ging und er das Handgelenk entblößte, erntete er ein soigniertes Kopfnicken. Als habe er statt eines Hunderters einen Tausender gezückt; der Kellner musste erst einmal nachsehen, ob er wechseln konnte. Aber dann regelte sich alles wie von selbst. Er bekam noch einen Digestif auf Kosten des Hauses, und als er sich verabschiedete, eilten Wirt und Köchin an die Türe, um Spalier zu stehen.
    Mit Sonnenuntergang fand er sich bei Leli ein. Er badete, ließ sich massieren, streunte durch die abwechslungsreichen und eintönigen Interieurs. Um Mitternacht durchschritt er die Schranke zum gehobenen Bereich der Dachterrasse. Inzwischen wusste er, worauf er achten musste. Er hatte den Tag dazu verwandt, sich in die hiesigen Verhältnisse einzuarbeiten. Mehrere Stunden hatte er in das Medienangebot seiner bescheidenen Unterkunft investiert. Während des Essens alle Zeitungen gelesen, deren er habhaft werden konnte. (Es gab sogar noch welche aus Papier!) Und jetzt, als er auf die parkartige Dachlandschaft hinauskam, ein von

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