Brandhei
dieses Glutvolle in ihrem Blick?
»Warum willst du hierbleiben«, wiederholte sie in sanftem Tonfall, und wieder hatte sie sich neben ihn gehockt, so dass sie auf einer Augenhöhe waren, »wo du doch überhaupt nicht hier sein magst? Ist es, weil du nicht arbeiten kannst?«
Das wollte er auf keinen Fall eingestehen. Doch Callie forschte in seinem Gesicht nach einer Antwort. Sie wusste, dass das Leben auf der Ranch ihm nicht entsprach. Hier war man in der tiefsten Provinz, kein Nachtleben, keine aufregende Großstadt – hier konnte man nur reiten und Schweine füttern und vielleicht versuchen, die endlos langen Nächte zu genießen, weshalb er bei seinen letzten Besuchen ja auch immer eine Frau dabei hatte.
Jake bezweifelte allerdings, dass sein Körper derzeit für Vergnügungen dieser Art geeignet war, so niederschmetternd dieses Eingeständnis auch war. Nicht, dass Callie ihm etwas Derartiges angeboten hätte. »Ich hab dir ja
schon gesagt, dass es höchste Zeit ist, die Ranch ein wenig aufzumöbeln, um ihren Wert etwas zu steigern.«
»Sie hat Wert.«
»Wenn man sie nicht weiterverkaufen kann, hat sie keinen.«
»Du willst also verkaufen.«
Er schloss die Augen und fühlte sich kraftlos. Natürlich konnte er es verstehen, dass sie sich Sorgen um ihren eigenen Lebensunterhalt und den ihrer Angestellten machte, aber schließlich war er kein herzloser Mistkerl. Jedenfalls nicht ganz. Er musste zusehen, dass er die Ranch gut verkaufen konnte und mit heiler Haut aus seinen anderen finanziellen Verpflichtungen herauskam. Aber er würde alles in seiner Macht Stehende tun, dass für die Mitarbeiter gesorgt wäre. »Ich werde sicherstellen, dass du und Tucker eure Jobs behaltet. Keine Sorge. Das wird ein wichtiger Punkt beim Verkauf sein. Für dich wird sich nichts ändern, außer dass du mit einem anderen Eigentümer zu tun haben wirst, jemandem, der dafür besser geeignet ist – da bin ich ganz sicher.«
Callie schwieg. Jake konnte jetzt nicht einmal mehr seine Augen offen halten. Seine Schulter schmerzte wieder und erinnerte ihn daran, dass er vergessen hatte, ein Schmerzmittel zu nehmen. Aber weil er mit dem Auto fahren musste und dafür einen klaren Kopf brauchte, hatte er auf das Schmerzmittel verzichtet.
Hätte er es doch wenigstens mitgenommen.
»Tut es weh?«
Wenn er die Augen geschlossen hielt, klang Callies Stimme liebevoll, warmherzig... fürsorglich …
Sie strich über Jakes Narbe, von der Schulter bis hinunter zur empfindsamen Haut seiner Achselhöhle.
Er zuckte zusammen.
Schnell zog sie ihre Hand zurück. »Entschuldigung.«
»Nein.« Er wollte ihre Hand ergreifen und auf die heilende Wunde legen. »Das ist schon in Ordnung. Ich bin es nur nicht gewohnt, dort berührt zu werden.« Er rieb sich selbst an der Stelle und verzog das Gesicht. »Die Nerven regenerieren sich gerade, sind aber noch nicht ganz wiederhergestellt. Jedenfalls schießt es immer mal wieder durch mich durch wie Feuer. Das macht mich noch wahnsinnig.«
Ganz vorsichtig strich sie mit dem Finger über die Narbe. »Du musst den Bereich wieder an Berührungen gewöhnen«, flüsterte sie – und fürchtete, zu weit gegangen zu sein. Aber er wollte nicht, dass sie fortging, und sagte deshalb kein Wort.
Und auf die gleiche, vorsichtige, fast unerträgliche Weise fuhr sie mit dem Finger von seiner Schulter bis hinunter zur Armbeuge. »So...«
Dann wieder zurück.
»Callie.«
Sie blickte auf seinen Mund. »Oder so...« Sie beugte sich vor, um ihn zu küssen …
Schlagartig wurde er wach und setzte sich so schnell auf, dass es ihn durchzuckte und er sich die Schulter hielt.
Jake saß allein in dem Sessel am Whirlpool; nach dem Stand der Sonne zu schließen, musste er wohl schon recht lange hier gesessen haben. Jemand hatte ihn mit einer leichten Decke zugedeckt.
Callie.
Sie hatte ihn nicht berührt. Sie hatte sich nicht vorgebeugt, um ihn zu küssen, und er lachte sich selbst aus, dass er dies auch nur hatte träumen können.
Amy Wheeler war immer wieder einmal verblüfft darüber, wie schnell es in der hoch gelegenen Wüste Arizonas Nacht wurde. Eben noch schien die Sonne strahlend, und kurz darauf brach die Dämmerung an, auf die unmittelbar die absolute Finsternis folgte.
Sie ging in das Blockhaus, das ihr zugewiesen worden war, als sie auf der Ranch angefangen hatte, und verschloss die Tür hinter sich. Sie schaltete alle Lampen an, was in dieser kleinen Hütte bedeutete: Küchen- und Badlampe sowie eine Stehlampe
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