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Brandhei

Brandhei

Titel: Brandhei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shalvis Jill
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auch ein bisschen erbärmlich. Erzähl doch mal.«
    »Es ist die alte Geschichte vom vernachlässigten Kind. Du weißt doch: Keiner sieht das Mädchen zweimal an, und wenn dann ein junger Bursche des Weges kommt und es tut...« Sie zuckte erneut mit den Schultern und wirkte dabei ganz verlegen. »Ich hatte mich Matt völlig verschrieben. Mit Haut und Haar.«
    »Er hat dir das Herz gebrochen.«
    »Ich hab’s überlebt.« Sie lächelte grimmig. »Ich bin zäher, als ich aussehe.«
    »Ja. Und auch weicher.«
    Callie betrachtete die Gewichte, die Jake fast erdrosselt hätten. »Ich kann’s immer noch nicht fassen, wieso ich diese idiotische Ehe eingegangen bin.«
    »Raus mit der Sprache.«
    »Das möchtest du wohl.« Sie warf einen Blick auf seine Schulter. »Dein Vater ist mal vom Dach des Pferdestalls gestürzt. Er war dort oben gewesen, um ein Leck zu reparieren, und hat felsenfest behauptet, er wisse, was er tue – er hat’s übrigens nicht gewusst, aber er war enorm dickköpfig. Ich nehme an, ich weiß jetzt, woher du das hast.«

    »Ich bin nicht wie er.«
    »Woher willst du das wissen?«, fragte sie sanft. »Ich meine, ich bin in all den Jahren vor seinem Tod hier auf der Ranch gewesen. Dich habe ich hier nie gesehen. Wie kommt das wohl?«
    »Hat er mit dir darüber gesprochen?«
    »Nie.«
    »Also, da hast du die Antwort.«
    »Du meinst, er hat dich nie gebeten zu kommen.«
    Jakes Stolz hätte eigentlich geboten, das Thema zu wechseln, aber er entschloss sich, Callie die Wahrheit zu sagen. »Nicht mehr seit meinem zwölften Lebensjahr, als ich ihm gesagt habe, dass ich Firefighter in einer Großstadt werden wollte.«
    Sie sah ihn einen langen Augenblick an. »Sein Fehler, wenn er glaubte, dass ein Zwölfjähriger schon wissen könnte, was er im Leben werden will.«
    »Ich wusste aber tatsächlich genau, was ich wollte. Nämlich dass er sich etwas mehr anstrengte, mich lieb zu haben.« Kaum waren ihm diese Worte herausgerutscht, wünschte er, sie wären ungesagt geblieben. Sie waren viel zu offenherzig und viel zu enthüllend.
    »Sein Fehler«, wiederholte sie sanft und verschob da bei die Eispackung wieder ein wenig. »Ich weiß noch, wie ich mit zwölf Jahren war. Ich habe gesehen, wie die anderen Kinder zur Schule gefahren wurden. Sie hatten ihr Pausenbrot oder Geld dabei. Wurden umarmt, wenn sie es wünschten. Das schien alles so normal zu sein.« Callies Stimme klang ganz wehmütig. Ihr weicher Atem strich ihm über die Haut. »So etwas habe ich mir immer gewünscht.«
    Er auch. Weil ihm klar war, was er verpasst hatte, hatte er versucht, Tucker ein Gefühl von Normalität zu vermitteln – obwohl er dabei jämmerlich versagt hatte.

    »Als ich hier auf der Ranch ankam, hatte ich das Gefühl, als wäre ich zum ersten Mal in meinem Leben zu Hause angekommen.« Sie strich Jake leicht über die Haut. Er war sich nicht einmal sicher, ob Callie überhaupt bewusst war, was sie da tat; aber er wollte einfach nicht, dass sie damit aufhörte. »Richard hat mir alles bedeutet. Er hat mich so viel gelehrt, so viel akzeptiert.«
    Wartete sie etwa darauf, dass er eingestand, einen Fehler begangen zu haben, weil er nicht früher hierher gekommen war? Darauf konnte sie lange warten. Auch die Beziehung zu seinem Vater hatte zwei Seiten, und wie Callie gesagt hatte: Er war noch ein kleiner Junge gewesen. Richard hätte ja auch auf ihn zugehen können. Auf einmal kam ein uralter Groll in Jake auf. »Ja, er war ein echter Heiliger.«
    »Ach, Jake.« Callies Lächeln wirkte so traurig. »Er war so viel mehr, als ich vorher je gehabt hatte, ja, aber ich war nicht blind. Er hat die Ranch über alles geliebt.«
    »Sein eigen Fleisch und Blut eingeschlossen.«
    »Sein eigen Fleisch und Blut eingeschlossen. Es lag eben nur an seinem Charakter. Er war stur wie ein Ochse und dickköpfig noch dazu, und Gott verbiete, dass jemand anderer Meinung war. Er wusste immer genau, was er wollte, und verstand einfach nicht, warum jemand anderes nicht dasselbe wollen konnte. Er konnte …« – sie lächelte ironisch – »sehr griesgrämig sein. Schwierig.«
    »Ein Arschloch.«
    »Nein, das ist Ansichtssache«, erwiderte sie loyal. »Die Wahrheit ist: Die meisten Angestellten haben schwer für ihn gearbeitet, weil er ihnen einen guten, fairen Lohn zahlte, aber er wurde nicht geliebt, das kann man wirklich nicht behaupten.«
    Jake, aus dem inneren wie äußeren Gleichgewicht gebracht,
sah sie an. »Bei seiner Beisetzung warst du sauer auf mich,

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