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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Kakteen. Die Welt erscheine ihr plötzlich um vieles größer, als sie sich je vorgestellt habe, meinte sie, und Travis genoß ihr Staunen. Barstow, Kalifornien, war ein riesiger Boxenstop inmitten der endlosen Wüste. Sie trafen um drei Uhr nachmittags an dem großen Trailerpark ein. Frank und Mae Jordan, ein Paar in mittleren Jahren, das den Platz neben ihnen besetzt hielt, waren aus Salt Lake City; sie reisten mit Hund, einem schwarzen Labrador namens Jack. Zu Travis' und Noras großer Überraschung machte es Einstein einen Riesenspaß, mit Jack zu spielen. Sie jagten rund um die Wohnwagen, schnappten verspielt nach einander, wälzten sich kämpfend auf dem Boden, sprangen auf und jagten weiter. Frank Jordan warf ihnen einen roten Gummiball hin, und sie hetzten hinterher, jeder bemüht, der Sieger zu sein. Dann versuchten die Hunde einander den Ball wegzunehmen und ihn so lange wie möglich zu behalten. Allein vom Zusehen wurde Travis müde. Einstein war zweifellos der klügste Hund der Welt, der klügste Hund aller Zeiten, ein Phänomen, ein Wunder, mit der Auffassungsgabe eines Menschen - aber er war auch ein Hund. Manchmal vergaß Travis das, war aber jedesmal von neuem entzückt, wenn Einstein etwas tat, das einen daran erinnerte. Später, nachdem sie mit den Jordans auf dem Holzkohlenfeuer gegrillte Hamburger und Maiskolben gegessen und danach in der klaren Wüstennacht ein paar Dosen Bier geleert hatten, verabschiedeten sie sich von den Salt-Lakers, und Einstein schien auch Jack Lebewohl zu sagen. Als sie im Inneren des Airstream waren, tätschelte Travis Einsteins Kopf und sagte:
    »Das war sehr nett von dir.«
    Der Hund hob herausfordernd den Kopf und fixierte Travis. als wollte er fragen, was, zum Teufel, das eigentlich heißen solle.
    »Du weißt genau, wovon ich rede. Pelzgesicht«, sagte Travis.
    »Ich weiß es auch«, sagte Nora. Sie drückte den Hund an sich.
    »Als du mit Jack gespielt hast, hättest du einen Narren aus ihm machen können. Wenn du das gewollt hättest. Aber du hast ihn auch ein paarmal gewinnen lassen, nicht wahr?« Einstein hechelte und grinste selig. Nach einem letzten Schlummertrunk bezog Nora den Schlafraum, und Travis schlief auf dem Klappsofa im Wohnraum. Travis hatte mit dem Gedanken gespielt, mit ihr zu schlafen, und vielleicht hatte auch sie überlegt, ihn in ihr Bett zu lassen. Schließlich waren es keine vier Tage bis zur Hochzeit. Travis wollte es, weiß Gott. Und mochte sie auch sicher ein wenig Angst vor dem ersten Mal haben, sie wünschte es sich ebenfalls, daran zweifelte er nicht. Sie berührten einander jeden Tag, küßten sich häufiger - und intimer -, und die erotische Spannung zwischen ihnen nahm zu. Aber warum es nicht machen, wie es sich gehörte, wo der Tag doch so nahe war? Warum nicht jungfräulich ins Hochzeitsbett steigen - sie als Jungfrau in den Augen aller, er als jungfräulicher Partner für sie?
    In der Nacht träumte Travis, Nora und Einstein hätten sich in den endlosen Weiten der Mojave verlaufen. Aus irgendeinem Grund hatte er keine Beine und war gezwungen, qualvoll langsam zu kriechen und nach ihnen zu suchen, und das war entsetzlich, denn er wußte, daß sie, wo immer sie auch waren, von ... von etwas ... angegriffen wurden ... Sonntag, Montag, und Dienstag trafen sie in Las Vegas Vorbereitungen für die Hochzeit, sahen Einstein zu, wie er enthusiastisch mit den Hunden anderer Campingplatzbesucher spielte, und unternahmen Ausflüge nach Charleston Peak und Lake Mead. An den Abenden ließen Nora und Travis Einstein mit seinen Büchern allein und besuchten Shows. Travis hatte deshalb Schuldgefühle, aber Einstein ließ auf mehrfache Weise erkennen, daß er nicht wollte, daß sie nur deshalb im Wohnwagen blieben, weil die Hotels am Strip derart kurzsichtig und voreingenommen waren, manierlichen Hundegenies nicht zu  erlauben, die Casinos und Revuetheater zu betreten. Am Mittwochmorgen zog Travis einen Smoking an, Nora ein schlichtes, wadenlanges weißes Kleid mit etwas Spitze an Ärmeln und Ausschnitt. Mit Einstein zwischen sich auf der Sitzbank fuhren sie im Pick-up zur Trauung. Den Airstream ließen sie auf dem Campingplatz stehen. Die keiner Konfession zuge hörige, rein kommerziellen Zwecken dienende Kapelle war so ziemlich das Komischste, was Travis je gesehen hatte. Die Innenausstattung war ernsthaft um Romantik bemüht, feierlich und geschmacklos zugleich. Auch Nora fand es erheiternd, und sie hatten beim Betreten Mühe, nicht in

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