Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
auf dich drauf.«
    »Vielleicht bist du wirklich verworfen«, sagte er und lachte. Am heiterblauen Morgen des 20. August, einem Freitag verließen sie den Lake Tahoe und fuhren quer durch den Staat zur Halbinsel von Monterey. Dort, wo Kontinentalschelf und See aufeinandertrafen, war, falls das überhaupt möglich war die Natur noch schöner als am Lake Tahoe. Sie blieben vier Tage und traten am Nachmittag des Mittwochs, dem 25. August die Rückreise an. Während der ganzen Fahrt waren die Freuden des Ehelebens so allesverzehrend, daß das Wunder von Einsteins menschenähnlicher Intelligenz ihre Gedanken lange nicht so beschäftigte wie früher. Aber Einstein erinnerte sie an seine Einmaligkeit, als sie sich am späten Nachmittag Santa Barbara näherten. Sechzig oder siebzig Kilometer vor ihrem Ziel wurde er unruhig. Er wälzte sich ein paarmal auf dem Sitz zwischen Nora und Travis ruhelos hin und her, setzte sich eine Minute lang auf, legte dann Nora den Kopf in den Schoß, setzte sich wieder auf. Er begann seltsam zu winseln. Als sie schließlich nur noch fünfzehn Kilometer von zu Hause entfernt waren zitterte er am ganzen Leib.
    »Was ist los mit dir. Pelzgesicht?« fragte sie. Mit seinen ausdrucksvollen braunen Augen gab Einstein sich redliche Mühe, eine komplizierte und wichtige Nachricht zu übermitteln, aber sie konnte ihn nicht verstehen. Eine halbe Stunde vor Einbruch der Abenddämmerung, als sie die Stadt erreichten und die Autobahn verließen, begann Einstein abwechselnd zu winseln und tief in der Kehle zu knurren.
    »Was hat er?« fragte Nora. Travis runzelte die Stirn.
    »Ich weiß nicht.« Als sie in die Einfahrt von Travis' gemietetem Haus bogen und im Schatten der Dattelbäume parkten, begann der Retriever zu bellen. Er hatte nie im Wageninneren gebellt, kein einziges Mal auf der langen Reise. In dem engen Raum klang es ohrenbetäubend laut, aber er wollte und wollte nicht aufhören. Als sie ausstiegen, schoß Einstein aus dem Wagen, bezog auf halbem Wege zwischen ihnen und dem Haus Position und fuhr fort zu bellen. Nora ging auf die Eingangstür zu, und Einstein sprang sie knurrend an. Er packte sie am Hosenbein und versuchte sie zu Fall zu bringen. Sie schaffte es, auf den Beinen zu bleiben, und erst als sie sich in Richtung Vogelbecken zurückzog, ließ er sie los.
    »Was nur in ihn gefahren ist?« sagte sie. Travis starrte nachdenklich das Haus an und meinte:
    »Damals im Wald, an jenem ersten Tag, war er genauso ... als er nicht wollte, daß ich in den dunklen Pfad hineingehe.« Nora versuchte den Hund zu sich herauszulocken, um ihn zu streicheln. Aber Einstein ließ sich nicht locken. Als Travis den Hund auf die Probe stellte, indem er auf das Haus zuging, knurrte Einstein und zwang ihn zum Rückzug.
    »Warte hier«, sagte Travis zu Nora. Er ging zum Wohnwagen in der Einfahrt zurück und stieg hinein. Einstein trottete vor dem Haus auf und ab, sah zu Tür und Fenstern hinauf und knurrte und winselte. Die Sonne war eben dabei, am westlichen Himmel niederzugehen und die See zu küssen, die Wohnstraße lag still und friedlich da, in jeder Hinsicht normal und alltäglich. Und doch spürte Nora, daß irgend etwas Fremdes in der Luft lag. Ein warmer Wind vom Pazifik ließ Palmen und Eukalyptusbäume flüstern, Geräusche, die an jedem anderen Tag angenehm gewesen wären, jetzt aber bedrohlich wirkten. Auch die länger werdenden Schatten im letzten orange-purpurfarbenen Licht des Tages waren wie eine Drohung. Abgesehen vom Verhalten des Hundes, hatten sie keinen Anlaß, an irgendeine Gefahr zu denken; ihre Unruhe war rein instinktiv. Als Travis aus dem Wohnwagen zurückkam, trug er einen großen Revolver in der Hand. Er hatte während der ganzen Flitterwochenreise ungeladen in der Nachttischschublade gelegen. Jetzt schob Travis Patronen in die Trommel und klappte die Waffe zu.

    »Ist das nötig?« fragte sie besorgt.

    »An jenem Tag war etwas im Wald«, sagte Travis,  »und obwohl ich es nie tatsächlich gesehen habe,... nun, haben sich mir die Haare im Nacken gesträubt. Ja, ich glaube, der Revolver könnte nötig werden.«
    Ihre eigene Reaktion auf das Geflüster der Bäume und die abendlichen Schatten waren für sie Andeutung genug für das was Travis im Wald gefühlt haben mußte, und sie mußte sich eingestehen, daß ihr angesichts der Waffe etwas wohler war.  Einstein hatte aufgehört, auf und ab zu patrouillieren, wieder seine Wachposition am Zugangsweg eingenommen und versperrte ihnen den

Weitere Kostenlose Bücher