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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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durch die dazwischenliegende Betondecke noch weiter gedämpft wurde. Nora wußte nicht genau, was sie in dem Keller zu sehen erwartete: vielleicht Männer, die alle wie Edward G. Robinson aussahen, graue Augenschirme mit Gummibändern trugen und an alten Druckerpressen arbeiteten, auf denen sie nicht nur falsche Ausweispapiere, sondern auch bündelweise Falschgeld produzierten. Was sie statt dessen vorfand, überraschte sie. Die Treppe endete in einem Lagerraum mit Steinwänden, der etwa zehn mal zwölf Meter groß war. In ihm befanden sich, bis in Schulterhöhe aufgestapelt, Vorräte für die Bar. Sie gingen durch einen schmalen Gang aus Whisky- und Bierkartons sowie Schachteln mit Papierservietten zu einer stählernen  Feuertür an der hinteren Wand. Van Dyne drückte auf einen Knopf im Türrahmen, worauf eine Kamera sie mit summendem Geräusch aufnahm und auf einen Bildschirm irgendwo übertrug. Die Tür wurde von innen geöffnet, sie traten in einen kleineren Raum mit gedämpfter Beleuchtung, wo zwei junge Männer mit Barten an zwei von sieben Computern arbeiteten, die an einer Wand auf Tischen aufgereiht waren. Der eine trug weiche Rockport-Schuhe, Safarihosen, einen breiten Gürtel mit Ösen und ein baumwollenes Safarihemd, der andere Reeboks, Jeans und ein Sweatshirt, auf dem die Three Stooges * abgebildet waren. 
    [ *   Three Stooges: amerikanisches Komikertrio - Anm. d. Ü. ]
    Sie sahen fast wie Zwillinge aus, und beide erinnerten sie an eine junge Ausgabe von Steven Spielberg. Sie waren so mit ihrer Arbeit an den Computern beschäftigt, daß sie Nora, Travis und Van Dyne überhaupt nicht ansahen, aber sie schienen sich immens zu amüsieren, führten Selbstgespräche, redeten mit ihren Maschinen und miteinander, und alles das in einer High-tech-Sprache, die Nora völlig unverständlich blieb. Außerdem war noch eine Frau Anfang der Zwanzig in dem Raum tätig. Sie hatte kurzes blondes Haar und eigenartig schöne Augen in der Farbe von Kupferpennys. Während Van Dyne mit den zwei Computerfreaks redete, führte die Frau Travis und Nora ans andere Ende des Raumes, stellte sie vor eine weiße Leinwand und fotografierte sie für die falschen Führerscheine. Als die Blondine in die Dunkelkammer verschwand, um den Film zu entwickeln, traten Travis und Nora zu Van Dyne an die Computer, wo die beiden jungen Männer sich vergnügt ihrer Arbeit widmeten. Nora sah ihnen dabei zu, wie sie sich ohne Mühe Zugang zu den angeblich völlig sicheren Computern der kalifornischen Zulassungsbehörde, der Verwaltung der Sozialversicherung und zu anderen bundesstaatlichen und Regierungsbehörden verschafften.
    »Als ich Mr. Van Dyne sagte, daß ich Papiere mit voller Dekkung haben wolle«, erklärte Travis,  »meinte ich, daß die Führerscheine einer Untersuchung standhalten müßten, falls wir je von einem Streifenbeamten aufgehalten würden und dieser sie überprüfte. Die Führerscheine, die wir jetzt bekommen. sind von echten nicht zu unterscheiden. Diese Burschen hier arbeiten unsere Namen in die Unterlagen der Zulassungsbehörde ein und erzeugen tatsächlich Computeraufzeichnungen dieser Führerscheine in den staatlichen Datenbänken.«

    »Die Adressen sind natürlich falsch«, meinte Van Dyne.
    »Aber wenn Sie sich irgendwo unter Ihrem neuen Namen niederlassen, dann beantragen Sie bei der Zulassungsbehörde einfach eine Adressenänderung, wie es das Gesetz vorschreibt,  und dann ist alles völlig legal. Wir richten es so ein, daß diese Führerscheine in etwa einem Jahr auslauten, und Sie gehen dann in ein Büro der Zulassungsbehörde, legen die übliche Prüfung ab und bekommen nagelneue, weil Ihre neuen Namen ja in den Akten enthalten sind.«

    »Und wie lauten unsere neuen Namen?« wollte Nora wis sen.

    »Sehen Sie«, sagte Van Dyne mit der ruhigen Selbstsicherheit und Geduld des Aktienmaklers, der einem neuen Anleger die Gesetze des Marktes erklärt,  »wir müssen mit den Geburtsurkunden anfangen. Wir führen Computerakten von Säuglingstodesfällen überall in den westlichen Vereinigten Staaten und mindestens über die letzten fünfzig Jahre. Wir haben diese Listen bereits nach den Jahren abgesucht, in denen Sie beide geboren sind, und versucht, gestorbene Babys zu finden, die Ihre Haar- und Augenfarbe hatten - und Ihre Vornamen, einfach, weil es für Sie einfacher ist, nicht auch die Vornamen zu wechseln. Wir fanden dabei ein kleines Mädchen, Nora Jean Aimes, das am zwölften Oktober des Jahres geboren

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