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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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zwanzig Minuten nachdem sie Van Dynes Bekanntschaft gemacht hatten, verließen sie das >Hot Tips< mit zwei großen Umschlägen, die eine Vielzahl von Dokumenten enthielten, welche ihre neue Identität darstellten. Draußen auf der Straße fühlte Nora sich etwas benommen und hielt auf dem ganzen Weg zurück zum Wagen Travis' Arm fest. Der Nebel hatte sich in die Stadt gewälzt, während sie im > Hot Tips< gewesen waren. Die Blitzlichter und die grellen Neonreklamen des Tenderloin wurden vom Nebel weichgezeichnet und auch seltsam vergrößert, so daß es schien, als wäre jeder Kubikzentimeter der Nacht voll von seltsamem Licht, einer Art Nordlicht, das bis auf die Erde herunterreichte. Die schäbigen, verkommenen Straßen waren nach Einbruch der Dunkelheit von einem gewissen Geheimnis, einem billigen Zauber umgeben - jedoch nur, wenn man sie vorher nicht bei Tageslicht gesehen hatte und wußte, wie sie da ausgesehen hatten.
    Einstein wartete geduldig im Mercedes.
    »Es ließ sich doch nicht machen, dich in einen Pudel zu verwandeln«, erklärte ihm Nora, während sie sich anschnallte.

    »Aber für uns selbst ist alles erledigt. Einstein, sag Hallo zu Sam Hyatt und Nora Aimes.«
    Der Retriever legte den Kopf auf die Rückenlehne, schaute Travis an und schnaubte einmal, wie um zu sagen, daß sie ihn nicht täuschen könnten und daß er wisse, wer sie seien.
    Zu Travis sagte Nora:
    »Bei deiner Antiterroristenausbildung ... hast du da von Lokalen wie dem >Hot Tips< und von Leuten wie Van Dyne gehört? Bekommen dort Terroristen neue Papiere, wenn sie sich ins Land einschleichen?«

    »Ja, manche gehen zu Leuten wie Van Dyne, wenn auch nicht immer. Die Sowjets liefern die Papiere fü r die meisten Terroristen. Van Dyne versorgt vorwiegend simple illegale Einwanderer, wenn auch nicht die armen unter ihnen, und kriminelle Typen, gegen die Haftbefehle erlassen sind.«
    Während er den Wagen anließ, meinte sie:
    »Aber wenn du Van Dyne finden konntest, dann können ihn vielleicht auch die Leute finden, die uns suchen.«

    »Vielleicht. Eine Weile würde es wohl dauern, aber möglich wäre es.«

    »Dann werden sie alles über unsere neue Identität erfahren.«

    »Nein«, sagte Travis. Er schaltete das Gebläse und die Scheibenwischer ein, um die beschlagenen Scheiben klarzubekommen.
    »Van Dyne führt ganz bestimmt keine Aufzeichnungen. Er will nicht mit den Beweisen für das, was er tut, erwischt werden. Wenn die Behörden je auf ihn stoßen und mit einem Durchsuchungsbefehl bei ihm auftauchen, werden sie in seinen Computern außer der Buchhaltung und dem Wareneingang des >Hot Tips< nichts finden.« Während sie in Richtung Golden-Gate-Brücke auf die Stadt zufuhren, starrte Nora fasziniert die Leute auf den Straßen und in den anderen Fahrzeugen an, nicht nur im Tenderloin, sondern in jedem Viertel, durch das sie kamen. Sie fragte sich. wie viele von ihnen wohl unter den Namen und Identitäten lebten, mit denen sie geboren worden waren, und wie viele Wechselbälger waren wie sie und Travis.
    »In weniger als drei Stunden hat man uns völlig umgekrempelt«, sagte sie.
    »Eine Mordswelt in der wir leben, was? Da weiß man erst, was High-tech heißt -maximale Fluktuation. Die ganze Welt wird immer beweglicher, fließender. Die meisten Finanztransaktionen werden heutzutage mit elektronischem Geld erledigt, das binnen Sekunden von New York nach Los Angeles - oder um die ganze Welt - flitzt. Das Geld überquert die Grenzen in einem Zeitraum, den man für ein Augenzwinkern braucht; man braucht es nicht länger an Wachen vorbeizuschmuggeln. Die meisten Aufzeichnungen werden in Form elektrischer Ladungen durchgeführt, die nur Computer lesen können. Also ist alles fließend: Identitäten sind etwas Fließendes und die Vergangenheit genauso.«
    »Selbst die Genstruktur einer Gattung ist heutzutage etwas Fließendes«, meinte Nora. Einstein wuffte zustimmend.
    »Macht einem Angst, nicht wahr?« sagte Nora.
    »Ein wenig«, sagte Travis, als sie sich der von Scheinwerfern angestrahlten südlichen Einfahrt der nebelumhüllten Golden-Gate-Brücke näherten, die im Dunst kaum zu sehen war.
    »Aber im wesentlichen hat diese maximale Fluktuation etwas Gutes. Gesellschaftliche und finanzielle Flüssigkeit garantieren die Freiheit. Ich glaube - und hoffe -, daß wir auf eine Zeit zugehen, wo die Rolle der Regierungen unvermeidbar immer bedeutungsloser wird und es keine Möglichkeit mehr gibt, Menschen so gründlich zu regulieren und

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