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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sagte Travis.
    »O nein, nein! So darf das nicht sein, Junge. Ich werde einfach nicht zulassen, daß das passiert.«
    Er ließ den Kopf des Retrievers auf den Boden sinken, stand auf, wandte sich zur Tür - und Einstein wimmerte fast unhörbar, als wollte er sagen, daß er nicht alleingelassen werden wolle.

    »Ich bin gleich zurück. Gleich zurück.« versprach Travis.
    »Nur einen Augenblick, Junge. Ich bin gleich wieder da.«
    Er rannte zur Treppe, hetzte noch schneller hinauf als beim letzten Mal. Jetzt schlug sein Herz mit solch wütender Kraft, daß er das Gefühl hatte, es wollte sich von ihm losreißen. Sein Atem ging zu schnell.
    Im Schlafzimmer trat Nora soeben nackt und triefend aus  der Dusche. Travis redete in seiner Panik so schnell, daß die einzelnen Worte ineinander verschmolzen.
    »Zieh dich schnell an, wir müssen zum Tierarzt. Um Himmels willen, beeil dich!«
    Erschreckt sagte sie:
    »Was ist passiert?«

    »Einstein! Schnell! Ich glaube, er stirbt!«
    Er riß ein Laken vom Bett, ließ Nora stehen und rannte wie  der hinunter ins Bad. Der unregelmäßige Atem des Retrievers schien in der einen Minute, die Travis weggewesen war, noch unregelmäßiger geworden zu sein. Er faltete das Laken zwei mal zusammen, auf ein Viertel seiner Größe, und schob dann vorsichtig den Hund darauf. Einstein gab einen gequälten Laut von sich, so als hätte ihm die Bewegung weh getan.
    »Ganz ruhig, ruhig!« sagte Travis.
    »Das wird alles wieder gut.«
    Jetzt tauchte Nora in der Tür auf, noch damit beschäftigt, sich die Bluse zuzuknöpfen, die feucht war, weil sie sich nicht die Zeit genommen hatte, sich vor dem Anziehen abzutrocknen. Ihr feuchtes Haar hing strähnig herunter.  Mit erstickter Stimme sagte sie:
    »O Pelzgesicht, nein, nein!«
    Sie wollte sich hinunterbeugen und den Retriever berühren, aber jetzt war keine Zeit zu verlieren. Travis sagte:
    »Bring den Pick-up vors Haus.«
    Während Nora zur Scheune rannte, hüllte Travis Einstein, so gut er konnte, in die Decke, so daß nur der Kopf des Retrievers, sein Schwanz und die Hinterbeine zu sehen waren. Vergeblich bemühte er sich, ihm nicht noch einmal ein schmerzerfülltes Wimmern abzufordern, nahm den Hund auf die Arme und trug ihn aus dem Badezimmer, durch die Küche und aus dem Haus, zog die Tür hinter sich zu, ließ sie aber unversperrt. In diesem Augenblick war das Thema Sicherheit für ihn ohne jede Bedeutung. Die Luft war kalt. Die Stille des gestrigen Tages war dahin. Die Bäume schwankten fröstelnd. In der Art und Weise, wie ihre dicht mit Nadeln besetzten Zweige nach dem Wind schlugen, lag etwas Drohendes. Andere, blattlose Bäume hoben die schwarzen, knochigen Arme gegen den düsteren Himmel.
    In der Scheune ließ Nora den Motor des Pick-up an. Er brüllte auf.
    Travis ging vorsichtig die Treppe zur Einfahrt hinunter, bewegte sich, als trüge er eine Ladung zerbrechlichen alten Porzellans. Der ungebärdige Wind wirbelte Travis die Haare zu Berge, zerrte an den herunterhängenden Enden der Decke, zerzauste den Pelz auf Einsteins Kopf, als wäre er ein bösartiges Wesen, das ihm den Hund entreißen wollte.
    Nora fuhr einen Kreisbogen, setzte die Nase des Wagens in Richtung Ausfahrt und hielt an der Stelle, wo Travis wartete. Sie würde den Pick-up steuern. Es stimmte, was man sagte: Manchmal, in besonderen Augenblicken der Krise, in Zeiten gefühlsmäßiger Widrigkeiten sind Frauen besser imstande, die Zähne zusammenzubeißen und zu tun, was getan werden muß, als Männer. Travis saß auf dem Beifahrersitz, hielt den in die Decke eingehüllten Hund in den Armen und wäre außerstande gewesen zu fahren. Er zitterte am ganzen Körper und bemerkte erst jetzt, daß er seit dem Augenblick, da er Einstein auf dem Badezimmerboden gefunden hatte, weinte. Er hatte harten Militärdienst geleistet, war nie auf gefährlichen Einsätzen der Delta Force in Panik geraten oder von Furcht gelähmt gewesen. Aber das hier war anders, dies war Einstein, sein Kind. Hätte er lenken müssen, er wäre wahrscheinlich geradewegs gegen einen Baum gefahren oder in einen Graben. Auch in Noras Augen standen Tränen, aber sie gab ihnen nicht nach. Sie biß sich auf die Unterlippe und fuhr, als wäre sie für Stunts beim Film ausgebildet worden. Am Ende des Feldwegs bog sie nach rechts in den kurvigen Pacific Coast Highway ein und strebte in nördlicher Richtung auf Carmel zu, wo es zumindest einen Tierarzt geben mußte. Während der Fahrt redete Travis mit

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