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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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beiden gestutzten Flügel waren gebrochen, die irisierenden Federn stumpffarben und mit Blut besudelt.
    »Sir!« rief Cliff Soames aus dem Nachbarpferch. Lem ließ den Pfau liegen, fand eine Tür, die in die nächste Umfriedung führte, und trat neben Cliff an den Kadaver des Mutterschafes. Fliegen umschwärmten sie hungrig summend, ließen sich immer wieder auf dem Schafskadaver nieder und schossen davon, wenn die Männer sie verscheuchten. Cliffs Gesicht war blutlos weiß, aber er wirkte nicht so schockiert und angegriffen wie letzten Freitag bei Dalbergs Hütte. Vielleicht setzte ihm dieses Massaker hier nicht so zu, weil die Opfer Tiere und keine Menschen waren. Vielleicht mobilisierte er auch bewußt all seine Härte gegen die extreme Gewalttätigkeit ihres Widersachers.
    »Sie müssen auf diese Seite kommen«, rief Cliff von der Stelle aus, wo er neben dem Schafskadaver kauerte.
    Lem ging um das Schaf herum und kauerte sich neben Cliff nieder. Obwohl der Kopf im Schatten eines in den Pferch ragenden Eichenastes lag, sah Lem, daß dem Tier das rechte Auge herausgerissen worden war.
    Ohne Kommentar benutzte Cliff einen Stock dazu, die linke Seite des Schafskopfes vom Boden abzuheben, so daß man sehen konnte, daß auch die andere Augenhöhle leer war.
    Die Fliegenwolke, die sie umgab, wurde dichter.

    »Sieht ganz so aus, als wäre das unser Ausreißer«, sagte Lem. Cliff nahm kurz das Taschentuch vom Gesicht und sagte:
    »Da ist noch mehr.« Er führte Lem zu den drei anderen Kadavern, den beiden Lämmern und einer der Ziegen. Sie waren augenlos.
    »Ich würde sagen, das ist er einwandfrei. Das verdammte Ding, das vergangene Dienstagnacht Dalberg getötet hat, dann fünf Tage durch die Hügel und Canyons gezogen ist und dabei...«

    »Und dabei was?«

    »Das weiß Gott allein. Jedenfalls ist es gestern nacht hier gelandet.«
    Lem wischte sich mit dem Taschentuch den Schweiß von seinem dunklen Gesicht.
    »Wir befinden uns nur ein paar Meilen nordnordwestlich von Dalbergs Hütte.«
    Cliff nickte.

    »Wohin meinen Sie, daß es weiterzieht?«
    Cliff zuckte die Achseln.

    »Jaah«, sagte Lem.
    »Nicht rauszukriegen, wo es hinwill. Schließlich haben wir auch nicht die leiseste Ahnung, wie dieses Monster denkt. Wir wollen nur zu Gott beten, daß es hier draußen im dünnbesiedelten Teil des Bezirks bleibt. Ich will nicht einmal darüber nachdenken, was passiert, falls es auf die Idee käme, in die östlichen Vorstädte wie Orange Park Acres und Villa Park zu gehen.«
    Als sie die kleine Anlage verließen, sah Lem, daß die Fliegen sich in solcher Zahl um den toten Hasen gesammelt hatten, daß sie wie ein Stück schwarzen Tuchs aussahen, das man über den Kadaver gelegt hatte und das in einer leichten Brise auf und nieder flatterte. Acht Stunden später, am Montagabend um sieben Uhr, trat Lem an ein Rednerpult in einem großen Vortragssaal auf dem Gelände des Marineluftstützpunkts von El Toro. Er beugte sich zum Mikrofon vor, tippte es mit dem Finger an, um sich zu vergewissern, daß es eingeschaltet war, hörte ein lautes, hohles Geräusch und sagte:
    »Darf ich Sie um Ihre Aufmerksamkeit bitten?« Hundert Männer saßen auf Klappstühlen aus Metall. Sie waren alle jung, gutgebaut und kerngesund, gehörten sie doch Einheiten der Marineabwehr, einer Elitetruppe, an. Man hatte fünf Züge zu je zwei Gruppen von Pendleton und anderen Stützpunkten in Kalifornien abgezogen. Die meisten von ihnen hatten am letzten Mittwoch und Donnerstag nach dem Ausbruch aus dem Banodyne-Labors an der Suchaktion in den Santa-Ana-Bergen teilgenommen.
    Sie suchten immer noch und waren soeben von einem vollen Tagewerk aus den Hügeln und Canyons zurückgekehrt. Aber sie führten die Operation inzwischen nicht mehr in Uniform durch. Um die Reporter und die lokalen Behörden zu täuschen, waren sie in privaten Fahrzeugen und Jeeps an verschiedene Punkte im Einsatzgebiet gefahren, in Dreier- oder Vierergruppen in die Wildnis eingedrungen, als Zivilisten gekleidet, in Jeans oder in Khakihosen, wie sie heute in Mode waren, in T-Shirts oder Safarihemden, und mit Dodger-, Budweiser-, John-Deere-Mützen oder Cowboyhüten. Sie waren alle mit großkalibrigen Revolvern bewaffnet, die sie schnell in ihren Nylonrucksäcken oder unter ihren weiten T-Shirts verstecken konnten, wenn sie auf echte Wanderer oder Angehörige der lokalen Behörde stießen. In großen Thermosbehältern führten sie zerlegbare Uzi-Maschinenpistolen mit sich, die binnen

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