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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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eintönig leiern:
    »Jesus, o Jesus, Jesus, Jesus ...« Die beiden Hälften der Boxentür waren fest aneinandergeriegelt. Ein weiterer Bolzen hielt die ganze Tür am Rahmen fest. Diesen zweiten Bolzen zog sie zurück, öffnete die Tür, haitete in die nach Stroh riechende Finsternis, stieß die Tür zu und hielt sie mit aller Kraft, die sie ha tte, zu, denn von innen verriegeln konnte man sie nicht. Im nächsten Augenblick prallte ihr Widersacher von der anderen Seite gegen die Tür, versuchte sie einzudrücken, aber das verhinderte der Rahmen. Die Tür ließ sich nur nach außen bewegen, und Travy hoffte, die bernsteinäugige Kreatur wäre nicht schlau genug, herauszufinden, wie die Tür sich öffnete.
    Aber sie war schlau genug ... (Lieber Gott im Himmel, warum war die Bestie nicht ebenso dumm wie häßlich!) ... und nachdem sie sich lediglich zweimal gegen die Barriere geworfen hatte, begann sie zu ziehen, statt zu drücken. Die Tür wurde Tracy fast aus den Händen gerissen. Sie wollte um Hilfe schreien, aber sie brauchte jedes Quentchen Energie, um die Absätze in den Boden zu graben und die Boxentür festzuhalten. Sie schlug und klapperte gegen den Rahmen, während der dämonische Widersacher mit ihr rang. Zum Glück wieherte Goodheart die ganze Zeit schrill und schreckerfüllt, und auch ihr Angreifer gab schrille Laute von sich - Töne, die menschlich und zugleich seltsam tierisch klangen -, so daß für ihren Vater kein Zweifel bestehen konnte, wo Hilfe nötig war. Die Tür öffnete sich ein paar Zentimeter weit. Sie stieß einen Schrei aus und zog sie wieder zu. Im gleichen Augenblick riß der Angreifer sie wieder ein Stück auf, hielt sie fest, zerrte wild, sie weiter aufzuziehen, während sie alle Kraft einsetzte, sie wieder zu schließen. Doch sie war eindeutig dabei, diesen Kampf zu verlieren. Zentimeter um Zentimeter öffnete sich die Tür weiter. Jetzt sah sie schattenhaft die Umrisse des unförmigen Gesichts. Die spitzen Zähne schimmerten stumpf. Die bernsteinfarbenen Augen waren jetzt nur schwach sichtbar. Die Bestie zischte, knurrte, ihr fauliger Atem übertönte den Strohgeruch. Vor Angst und Verzweiflung wimmernd, zog Tracy mit aller Kraft an der Tür. Aber sie öffnete sich ein Stück weiter. Und noch weiter. Im wilden Hämmern ihres Herzschlags klang die Detonation des ersten Schusses nur gedämpft. Sie war nicht sicher, was sie gehört hatte, bis ein zweiter Schuß durch die Nacht dröhnte. Jetzt war ihr klar, daß ihr Vater sich beim Verlassen des Hauses seine Waffe gegriffen hatte. Die Boxentür schlug knallend gegen den Rahmen, als der Angreifer, von dem Schuß erschreckt, losließ. Tracy hielt weiter fest. Dann fiel ihr ein, daß Daddy bei all dem Durcheinander glauben könnte, Goodheart habe die Schuld, das arme Pferd habe durchgedreht oder so etwas. Aus dem Inneren der Box schrie sie:
    »Schieß nicht auf Goodheart! Schieß nicht auf das Pferd!« Aber es waren keine weiteren Schüsse zu hören, und Tracy kam sich im gleichen Augenblick töricht vor, zu glauben, ihr Vater würde Goodheart niederschießen. Daddy war ein vorsichtiger Mann, besonders was geladene Waffen betraf, und solange er nicht genau wußte, was vor sich ging, würde er nur Warnschüsse abgeben. Höchstwahrscheinlich hatte er lediglich ein paar Büsche in Fetzen geschossen. Goodheart war vermutlich in Ordnung, der bernsteinäugige Angreifer sicher bereits in Richtung auf die Vorberge oder die Canyons unterwegs - oder jedenfalls dorthin, woher er gekommen war. (Aber was war dieses verrückte, verdammte Ding?) Und dieses Martyrium war vorüber, dem Himmel sei Dank. Sie hörte jemanden im Laufschritt näher kommen, dann rief ihr Vater ihren Namen. Sie stieß die Boxentür auf und sah, wie Daddy, in blauen Pyjamahosen, barfuß und mit der Schrotflinte unterm Arm, hereingerannt kam. Mom war auch da, im kurzen gelben Nachthemd war sie mit einer Taschenlampe dicht hinter Daddy. Und ein Stück weiter oben auf dem leicht abschüssigen Grundstück stand Goodheart, Erzeuger künftiger Champions, hatte sich beruhigt und war unverletzt. Tränen der Erleichterung quollen aus Tracys Augen, als sie den unversehrten Hengst sah, sie taumelte aus der Box, wollte ihn sich genauer ansehen. Aber beim zweiten oder dritten Schritt spürte sie einen brennenden Schmerz in ihrer rechten Körperseite, plötzlich erfaßte sie Schwindel, sie taumelte, stürzte, griff sich mit der Hand an die Seite, spürte etwas Feuchtes und bemerkte erst jetzt, daß

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