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Brann 02 - Blaue Magie

Brann 02 - Blaue Magie

Titel: Brann 02 - Blaue Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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derartiges Mal schon einmal gesehen, und zwar auf der starken, sonnengebräunten Schulter des Tischlers Zilos, als er an einem heißen Sommertag, während er vor seinem Häuschen auf der Bank saß und für sie einen Puppenkopf schnitzte, das Hemd ausgezogen hatte. Zilos, Priester des Angeketteten Gottes. Vor drei Wochen war von Kriegern des Zauberers Settsimaksimin ein Pfahl in die Mitte des Dreschbodens gerammt, Zilos daran festgebunden und ringsum harziges Kiefernholz aufgeschichtet worden, und dann hatten sie ihn zu Asche verbrannt, wobei sie um ihn herumstanden und den Angeketteten Gott verspotteten; höhnisch riefen sie, er sollte seinen Priester doch retten, wenn er mehr sei als ein nutzloses Gespenst. Und sie kündeten an, künftig solche Priester verbrennen zu wollen, wo immer sie ihrer habhaft würden, da Settsimaksimin mächtiger sei als jede jämmerliche örtliche Gottheit und derlei Priester zu verbrennen sein Gebot und das Gebot seiner Schutzgöttin Amortis sei. Nun ist Amortis eure Göttin, hatten sie den störrisch abgeneigten Bewohnern des Owlyner Tals verkündigt, Amortis die Üppige, Amortis die Schöne und Huldvolle, Amortis die Spenderin endloser Freuden. Frohlockt, hatte man den Leuten zugerufen, weil sie sich dazu herabläßt, euch mit ihrer Gegenwart zu beglücken, und frohlockt, weil sie euch in ihre Dienste beruft.
    Achtsam und mit Widerwillen berührte Kori das Mal. Warm wie Blut war es und gegenüber der hellen Haut von ihres Bruders Schulter geringfügig erhöht. Das erste Anzeichen. Er konnte es verbergen, doch bald würden andere Zeichen folgen, die sich nicht verheimlichen ließen. Eines Tages mochten Maultiere Schreie ausstoßen und sich auflehnen, von den Feldern rennen, Pflüge und Karren ebenso hinter sich herziehen wie Saatgeräte, über die Zäune ihrer Pferche springen, Stalltore aufbrechen, Hindernisse aller Art überwinden, Befehlen und Peitschen trotzen, nur um zu ihm zu laufen und vor ihm niederzuknien. Irgendwelche solche Vorkommnisse würden geschehen. Daran konnte er nichts ändern. An einem anderen Tag mochte er sich dazu gehalten fühlen, jedes erwachsene Weib im Owlyner Tal aufzusuchen, es anzufassen, sämtliche Erkrankungen zu heilen, jeder Schwangeren das Geschlecht ihres Kindes vorauszusagen, die Ungeborenen allesamt zu segnen, so daß sie ohne Makel zur Welt kommen und schöner sein würden als der helle Morgen. Ein drittes Mal würde er wieder etwas anderes tun müssen. Die einzige Gewißheit bestand dabei darin, daß die Zeichen, die erkennbar wurden, allgemein ersichtlich sein und Aufsehen erregen würden. Kori stieß ein Seufzen aus und nahm ihren Bruder in die Arme, während er schluchzte vor Furcht und aus Entrüstung, weil so etwas ausgerechnet ihn treffen mußte.
    »Weißt du, wann die anderen Zeichen erscheinen werden?« erkundigte sie sich leise, als sein Schluchzen verstummt war und er still an sie gelehnt dasaß. »Morgen? Nächste Woche?«
    Trago hustete, schnaufte, entwand sich Koris Umarmung. Sie ließ ihn los, und er rutschte auf dem Bett ein Stückchen weiter, bis er sich umwenden und sie anschauen konnte. Er raffte den Saum der Überdecke zu sich her und schneuzte sich daran die Nase, ohne sich um das halblaute Fauchen des Mißmuts, das er Kori damit entlockte, zu scheren. »Zilos' Geist sagte, der Angekettete Gott läßt mir drei Monate Frist zum Drangewöhnen. Dann wird's jeder erfahren.«
    »So ein Mist!« Kori äußerte ihre Empörung nur unterdrückt, nicht etwa, weil sie den Gott fürchtete, sondern weil sie vermeiden wollte, von der Kindertante dafür gescholten zu werden, durch die Anwesenheit einer männlichen Person in ihrer Schlafkammer ein für allemal ihren Ruf verdorben zu haben, selbst wenn es sich dabei nur um ihren siebenjährigen Bruder handelte, Läßlichkeit ist aller Laster Anfang, sagte die Tante stets. »Besteht 'ne Aussicht, daß der Gott sich's anders überlegt?«
    »Nein.« Trago räusperte sich nochmals, bemerkte jedoch Koris Blick und schluckte den Auswurf, anstatt ihn auszuspucken.
    Mit gefurchter Stirn betrachtete Kori ihre Hände, ergriff die langen, biegsamen Finger der Linken und bog sie rückwärts, bis die Fingernägel fast mit dem Unterarm in die Richtung zum Ellbogen wiesen. Von allen Kindern und Jugendlichen, die dem Piyoloss-Klan angehörten, war ihr Trago am meisten ans Herz gewachsen, er war der einzige, der lachte, wenn sie lachte, der einzige, der dem wilden Auswuchern ihres Einbildungsvermögens zu folgen

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