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Brann 02 - Blaue Magie

Brann 02 - Blaue Magie

Titel: Brann 02 - Blaue Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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sie daraus ziehen? Was bedeutete Jugend für ein Paar goldgelb schimmernder Lichtkugeln? Wie sollte sie damit umgehen? In den vergangenen Jahren waren die beiden ruhelos gewesen, viel durch die Welt gestreift, hatten sie nur aufgesucht, wenn ihr Bedürfnis nach Nahrung so stark geworden war, daß es nicht länger außer acht gelassen werden konnte. Voller Widerwillen rümpfte die Frau die Nase. Sie wünschte, daß die Kinder zurückkehrten; ihre Wiederkehr hieß allerdings, daß sie nach Jade- Halimm gehen und Opfer aufspüren mußte, denen das Leben auszusaugen sie zu rechtfertigen vermochte. Ob sie hoch oder niedrig waren, zählte für sie nicht, allein der Geruch ihrer Seelen gab den Ausschlag. Die Einwohner Jade-Halimms waren für gewöhnlich ehrlich (das heißt, nur kleine Sünden und Gemeinheiten belasteten ihr Gewissen, wogegen es ihnen an schweren Makeln der Schlechtigkeit mangelte) und hatten sich anfangs gefürchtet, sobald sie merkten, daß bei ihnen des Nachts die Seelentrinkerin umging, doch die Erfahrung lehrte sie, daß sie keine Veranlassung zur Furcht vor ihr hatten. Sie wählte als Opfer Verbrecher, Kinderräuber, hinterhältige Mörder und ähnliche Schurken, ließ hingegen die übrigen Leute ungeschoren. Viele in Jade-Halimm hatten Grund, ihr dankbar zu sein; das rätselhafte Ableben bestimmter Händler und Geldverleiher flößte deren Erben unvermutet einen Hang zur Großmütigkeit ein und erhöhte aufs wunderbarste ihre Geduld gegenüber ihren Gläubigern (wenngleich lediglich für eine Weile und nie in dem Umfang, daß sie etwa auf Einnahmen verzichtet hätten). Mit verkniffener Miene starrte die Frau in den Bach. Wie lange lebe ich schon hier? Sie sagte bei sich die Bezeichnungen der Jahre auf, zählte die verflossenen Zyklen. Bei Tungjiis Wabbelbusen, ich lasse einfach alles laufen, die Zeit rinnt mir durch die Finger wie Wasser. Mir kommt es vor, als wäre es erst gestern gewesen, daß ich am Fluß die Uferstraße entlangwanderte und den alten Dayan dazu überredete, mich als seinen Lehrling anzunehmen.
    Am westlichen Himmel entstand zerfaserte Farbenpracht, indem die Sonne zügig, als versänke in Fluten ein Stein, hinter den Gipfeln verschwand; die alte Forelle, die unter der Brücke hauste, schwamm hervor, ein dunkler, bedrohlicher Schemen in den zergliederten Schatten des Wassers. Die Frau seufzte und richtete sich auf. Wenn sie die Töpferwaren vor Anbruch der Dunkelheit lagern wollte, durfte sie jetzt nicht noch mehr Zeit mit Tagträumerei vergeuden. Sie machte sich an der Zugstange zu schaffen, gedachte sie wieder nach vorn zu kippen; doch statt dessen wandte sie sich um und verharrte, spähte hinüber zum Fluß, weil sie von der dortigen Uferstraße schnellen, ungleichmäßigen Huf schlag über die festgetretene Erde dröhnen hörte. Wer der Reiter auch sein mochte, er hatte das bedauernswerte Tier bis an den Rand des Zusammenbruchs getrieben. Das Weib ließ den Karren stehen, schritt von der Brücke auf den Steinpfad, ging in die Richtung der Uferstraße, blieb stehen und wartete aufs Erscheinen des Reiters.
    Einen Augenblick lang erwog sie, ins Haus zu flüchten und die Tür zu verriegeln, aber sie hatte sich schon seit zu langer Frist an gleichmütige Zufriedenheit gewöhnt und die Wachsamkeit abgelegt, die in früheren Zeiten ihres Lebens nie zu erlahmen pflegte. Wer sollte ihr, der greisen Töpferin von Shaynamoshu, denn etwas antun wollen? Außerdem konnte der Reiter ein Landsmann sein, der sich auf der Flucht vor den Peitschenschwingern eines der Wohntürme längs des Wansheeri befand. Nachdem Dayan gestorben war und ihr das Haus vererbt hatte, war mehr als ein solcher Flüchtling bei ihr untergeschlüpft.
    Das Pferd kam aus den Bäumen gesprengt, ein getupfter Grauer, der vom Schweiß schwärzlich wirkte; auf seinem Rücken saß ein in Schwarz gekleideter Knabe. Sobald er die Höhe der Frau erreichte, rutschte der Junge aus dem Sattel, ließ das Reittier stehen; es hielt den Kopf gesenkt und schlotterte. Der Knabe war dünn, drahtig, fünfzehn oder sechzehn Jahre alt, ungefähr in diesem Alter, die Müdigkeit hatte dunkle Ringe um seine Augen gezeichnet, sein Gesicht war ausgemergelt und knochig, und in seinen Augen konnte man Entsetzen ebenso wie Entschlossenheit sich spiegeln sehen. »Bist du Brann, geboren in Arth Slya, die Seelentrinkerin?«
    Die Frau blinzelte ihn an, dachte über die Frage nach. Dann nickte sie. »Ja.«
    Der Knabe wühlte unter seinem Hemd, bewegte

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