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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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sich nicht, sondern ließ nach. »Ich hatte die Gestalt eines Adlers angenommen und flog, so geschwind ich's vermochte, gen Süden. Lange blieb ich unfähig zum Denken, ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, aber ich flog unablässig weiter. Nach einer Weile entschied ich, zu dir zu fliegen. Mir war klar, du würdest uns helfen und auch Maksim dazu bringen, uns nach
    Kräften beizustehen. Er mag uns nicht sonderlich leiden, doch für dich täte er vieles, Brombeer.«
    Brann schlug mit dem Löffel gegen die Teekanne, um die Aufmerksamkeit des Schankburschen zu erregen. »Wir gehen in den Gasthof«, sagte sie. »Unterdessen besinne dich auf alles, an was du dich erinnern kannst, dann mache Maks ausfindig und bring ihn zu mir.«
    Jaril nickte. »Brombeer ...«
    Brann hob ihm die Handfläche entgegen, bewog ihn zum Schweigen. »Später.«
    Jaril wandte den Kopf und sah, wie der Schankbursche näher kam.
    Eine gewundene Gasse, gesäumt von blütenreichen Sträuchern, Hecken und sonstigen Ziergewächsen, die in vorsätzlich unregelmäßig bemessenen Abständen wuchsen, führte hügelan zum Fernblick, einer Felsterrasse in halber Höhe des riesigen Vulkans, der die anderen kleineren Berge überragte, die die Bucht umringten; auf dieser Felsterrasse stand der Gasthof >Zur Perligen Morgenröte< umgeben mit Gärten von wohlgepflegter Vornehmheit, ein zwar kostspieliges, jedoch lediglich mittelmäßig besuchtes Gasthaus, weil die Kaufleute, Kunstsammler und erst recht die Ankömmlinge mit verschwiegeneren Absichten es vorzogen, in Hitze und Gestank der Stadt zu hausen, wo sie ihre Finger am Pulsschlag des Geschehens und daraus ihren Nutzen haben konnten.
    Brann und Jaril wanderten den Weg hinaus, ihre Füße wirbelten Häufchen abgestorbenen Laubs auf; unterwegs besprachen sie sich in aller Ruhe, es gab längere Pausen zwischen ihren einzelnen Äußerungen.
    »Wieviel Zeit bleibt uns zum Eingreifen?«
    »Jahrzehnte, wenn jener, der sie in der Gewalt hat, ihr Sonnenschein gewährt. Wenn sie im Dunkeln verbleibt, ein Jahr.«
    Brann streckte die Hand in die Höhe, brach ein Zweiglein mit einer kleinen, grün-braunen Orchidee. »Aha.« Zarter, süßlicher Duft drang ihr in die Nase, während sie langsam mit der Blüte vor ihrem Gesicht hin- und herwedelte. »Dann unterstellen wir besser die schlimmere Möglichkeit und richten uns danach bei der Planung.«
    Jarils Umrisse flackerten. Sobald er die Beherrschung zurückerlangt hatte, nickte er. »Maksim ...«
    »Nein.« Brann umschloß die Orchidee mit der Faust, zerdrückte sie, erzeugte eine starke Duftwolke. Sie warf die zerquetschte Blüte fort, wischte sich die Hand am Rock sauber. »Auf ihn zähle nicht, Jay. Er hat anderweitige Verpflichtungen.«
    »Wenn du ihn um Beistand ersuchst ...«
    »Denke ich ja gar nicht dran.«
    »Er steht in deiner Schuld, Brombeer. Ohne dich wäre er tot.«
    »Ohne mich wäre Cheonea noch sein Spielzeug. Das gleicht sich aus.«
    Jaril eilte voraus, öffnete Brann das Zertarta-Tor, folgte ihr in den Steingarten des Gasthofs. Brann berührte Jarils Arm. »Wir können nach oben in meine Unterkunft gehen. Oder möchtest du dich lieber am Seerosenteich in die Sonne legen?«
    »Ich möchte mich in die Sonne legen.« Wieder flimmerte Jarils Erscheinung, er rang sich ein gequältes Lächeln ab. »Ich fühle mich ziemlich ausgelaugt, Brombeer. Ich habe keinen Halt gemacht, und's war 'n weiter Flug.«
    Brann schlenderte an Jarils Seite den Pfad neben dem Bächlein entlang, das mit Wohlklang über nach ästhetischen Gesichtspunkten angeordnete Steine und Felsen plätscherte, die man, ausgesucht anhand des Musters ihrer Flechten, aus allen Teilen der Insel herbeigeschafft hatte. Der kleine Bach floß träge im Bogen um den Ostflügel des Gasthofs und mündete in einen tiefen Teich, dessen Zu- und Abfluß jeweils ein steinernes Wehr versperrte, um die Halarani im Teich zu halten, die schwarz-roten Goldfische, die zwischen den Wurzeln der Seerosen lebten. Drei Weiden unterschiedlicher Höhe und Schrägneigung wölbten sich würdevoll übers Wasser. In ihren erquicklichen Schatten standen steinerne Sitzbänke, aber Brann setzte sich auf die alten Eichenbohlen der einzigen hölzernen Bank, auf die kein Schatten fiel. Hier wehte kein Wind; Stille breitete sich über den Teich wie sanfter Flor, gemindert nur vom kaum vernehmlichen Gesumme der Insekten sowie vom Gluckern und Murmeln des Bächleins. Brann lächelte, während Jaril sein gesamtes Äußeres, auch die

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