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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Gaumens entblößt, sich an Branns sinnloser Wut geweidet.
    Sie blinzelte, verdrängte die Erinnerungen. »Der Sumpfhexer«, sagte sie. »Ganumomo, so hieß er. Wie komme ich jetzt auf ihn? Seid ihr auf Croaldhu gewesen und ein zweites Mal in die Falle gegangen?«
    »Nein.« Jaril trank Wein, blickte hinaus in die Bucht. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, und die Ursache blieb Brann im wesentlichen verborgen. Er machte sich Sorgen um Yaril, doch das war nicht der eigentliche Grund seines Unbehagens. Brann schaute zu, wie er in seinem Glas den Spiegel des Weins senkte, entsann sich an etwas anderes: Weder hatte er, noch hatte Yaril je über ihr Volk oder ihre Heimat sprechen mögen. War Yaril etwas zugestoßen, das irgendwie mit ihrer Heimat in einem Zusammenhang stand? »Höhlen«, sagte Jaril. Das Wort zerging ihm auf der Zunge wie Zucker. »Höhlen. Wir halten uns gern in Höhlen auf, Brombeer, weil sie so aufregend sind. Wenn wir dem Sonnenschein zu lange fernbleiben, sterben wir, wir werden zu Stein und liegen zwischen anderem Stein, erlöschen langsam, langsam, bis nichts anderes als Stein übrig ist.« Er goß sich Wein ins Glas, hielt es schräg, sah zu, wie das bauchige Trinkgefäß sich mit Rot füllte. »Yaro und ich besichtigten eine Berggegend, Dhia Dautas heißen die Berge, falls dir der Name etwas sagt, und dort fanden wir eine Reihe von Höhlen. Herrliche Höhlen, Brombeer. Glitzerhöhlen. Wir haben 'n bißchen verrückt gespielt. Nur 'n wenig. Wir saugten soviel Sonnenkraft auf, wie wir nur konnten, ehe wir uns hinunterwagten. Nicht daß wir länger als vielleicht einen Tag unten zu bleiben gedachten, wir wollten jederzeit genug Kraft zur Verfügung haben, um irgendwelche Schwierigkeiten, sollten sich welche ergeben, bewältigen zu können. Allerdings erwarteten wir gar keine.« Er trank erneut vom Wein, betrachtete den im Glas verbliebenen Rest. Brann schickte sich in Geduld. Jarils Zurückhaltung beruhigte sie in einigem Umfang. Yaril war nicht tot. Wäre seine Schwester tot, verhielte sich Jaril ... anders. »Sie sauste mir voraus. Um genau zu sein, ich jagte sie ... Das ist 'n altes Spiel ... unserer Heimat. Es hat vielerlei Regeln ... Mit diesem Umstand hat er ... der's getan hat, wer's auch gewesen ist ... nicht gerechnet.« Er zog die Schultern hoch, verzerrte das Gesicht zu einem schiefen grimmigen Grienen. »Der Abstand zwischen uns war zu groß, deshalb bin ich nicht mit ihr zusammen erwischt worden. Ich war noch hinter einer Biegung, etwa zwanzig Fuß von Yaril entfernt, als sich das Ding um sie schloß. Ich meine, die Falle.«
    »Falle?«
    »Etwas Natürliches war's nicht.«
    »Und was war's?«
    »Das weiß ich nicht. Yaro war bereits in Stein verwandelt worden, als ich um die Biegung flog, ich sah sie dort liegen ... Sicherlich weißt du noch, wie wir aussehen ... wenn wir zu Stein geworden sind.« Er erbebte auf seine eigentümliche Weise, indem seine Umrisse verschwammen, sich wieder festigten, seine Hände wurden durchsichtig, dann von neuem stofflich. »Ich habe sie zu erreichen versucht. Doch es gab zwischen uns ein Hemmnis. Ich vermochte es nicht zu sehen, auch nicht richtig zu fühlen, aber ich konnte nicht zu Yaril. Ich versuchte es zu überwinden. Zu umgehen. Von oben und von unten zu ihr vorzudringen bemühte ich mich. Ich traute mich ins Berggestein selbst, ich schwebte durch den Fels. Das ist gefährlich, allzu leicht verliert man den Richtungssinn, weiß nicht mehr, wo vorn und hinten, da und dort ist, aber ich tat's dennoch. Es nutzte nichts. Was sie umgab, war eine Art von Sphäre, Brombeer, sie schirmte sie rundum ab. Begreifst du mich? Meine Schwester. Das einzige Wesen in dieser Welt, das wie ich ist. Verlöre ich sie vollends, wäre ich ganz und gar allein. Ich konnte mich nicht mit ihr verständigen, Brombeer, nicht einmal mit ihr sprechen. Eine Zeitlang war ich völlig verstört, ich weiß nicht, wie lang.« Wieder packte ihn ein Schaudern, das Wabern wallte rasch durch seinen Körper, durchs Fleisch ebenso wie durch die Kleidung, denn letztere war ein Bestandteil seiner stofflichen Zusammensetzung. »Als ich wieder wußte, was ich tat, befand ich mich etliche Meilen südlich der Höhlen.« Nochmals trank er Wein, errang danach mit sichtlicher Anstrengung Gefaßtheit. Brann beobachtete ihn nun in tieferer Besorgnis als zuvor; offenbar vermochte Jaril nur mit erheblicher Mühe Anwandlungen von Panik zu unterdrücken, und seine Selbstbeherrschung verstärkte

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