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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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über ihn ergossen hatte, so dass niemand sah, dass er sich erbrochen hatte.
    »Es ist Zeit für den Wechsel«, sagte Visikal. Er sagte es erst leise, so dass Bran Zeit hatte, sich Wasser und Erbrochenes aus dem Gesicht zu wischen. Dann gab er den Männern an den Rudern den Befehl, auf den sie schon lange warteten. Die Männer, die sich ausgeruht hatten, standen von ihren Lagern auf. Zuerst machten die beiden hintersten Ruderer Platz für zwei Paar ausgeruhte Arme, und danach taten es ihnen die Männer vor ihnen gleich. So schob sich die Ablösung weiter nach vorne in Richtung Bug.
    »Ihr habt Steuerbord die beiden ersten Plätze.« Visikal deutete auf den alten Tarba und den Krieger dahinter, bevor er selbst am Ruder vor der Treppe Platz nahm.
    Bran und Hagdar gingen zum Bug vor. Hagdar nahm hinter Tarba Platz, aber als Bran zu dem Alten nach vorn kam, winkte der bloß mit den Armen und holte mit dem Ruder aus.
    »Setz dich und ruh dich aus, Tileder.« Er stützte sich mit den nackten Füßen ab. »Ich bin in meinem Leben so viel gerudert, dass ich den Seegang am Ende eines Riemens kaum mehr spüre. Ich übernehme deine Wache, wenn du willst.«
    Bran lehnte sich an den nächsten Balken. Die Übelkeit zerrte an seinem leeren Darm. »Ich kann das nicht zulassen. Wir müssen alle rudern.«
    Da zuckte der Alte mit den Schultern, schob sich von der Bank und stand auf. »Das hier ist ein gutes Schiff.« Er streckte seine steifen Beine, während er zwischen den Planken unter seinen Füßen hindurchschaute. »Das Wasser läuft durch die geschlitzten Bodenbretter und sammelt sich am Kielbalken. Wenn das Wetter wieder besser wird, werde ich dafür sorgen, dass wir es mit ein paar Eimern herausösen. Als ich jung war, war das noch etwas anderes. Da hatten wir noch keine Spaltbretter. Da sind wir die ganze Zeit durch das Seewasser gewatet.«
    Bran setzte sich hinter das Ruder. Vor ihm war Hagdars kräftiger Rücken und davor wiederum die ganze Reihe der Ruderer. Von seinem Platz aus hatte er einen guten Überblick über das Schiff, und er sah, wie die Männer über den nassen Sand fluchten und gierig aus ihren Wasserschläuchen tranken. Er nahm das Ruder. Der lange Stab ragte durch ein Loch in der Schiffswand, das mit Lederstreifen abgedichtet war.
    »Drück es nach unten«, sagte der Alte, »und dann nach vorn. Dann hebst du es an, lehnst dich zurück und ziehst es zu dir.«
    Er tat, was der Alte sagte. Als er merkte, dass der Mittelpunkt des Ruders im Loch des Schiffsrumpfes lag, war es leichter zu handhaben.
    »So, ja.« Tarba machte die Bewegungen in der Luft vor, um ihm zu zeigen, wie er es machen sollte. »Drück es hoch und zieh es zu dir. Stütz dich mit den Füßen am Balken dort unten ab.«
    Bran stemmte seine Füße gegen den Balken und zog den Riemen durch das Wasser.
    »Huu…«, tönte es an den Seiten des Schiffes. Das Langschiff beschleunigte durch die Wellen.
    »Huu…« Bran summte mit den anderen Männern, während er das Ruder durch das Wasser zog. Er drückte es hoch, führte es nach vorn und lehnte sich gleichzeitig mit Hagdar zurück. Er war jetzt eins mit dem Schiff und spürte das Meer durch das Ruder, als ob es sein eigener Arm wäre, der ins Wasser hinabragte. Er atmete aus, lehnte sich vor und stemmte sich wie die anderen ab. Nur der Rhythmus war jetzt wichtig, der Rhythmus und die Kraft, die er mit ihnen teilte.

Blut für Cernunnos
     
    T irgas Schiffe kämpften vier Tage und vier Nächte mit den Wellen. Die Steuermänner manövrierten die Schiffe nach Gefühl und Erinnerung, denn weder die Sonne noch die Sterne waren durch die Wolkendecke zu erkennen. Doch bei Sonnenaufgang des fünften Tages flaute der Wind ab und die Wolken lösten sich auf. Wer nicht an den Rudern saß, kletterte an Deck, stellte sich an die Reling und sah sich um. Die Wellen gingen noch immer, der Wind hingegen war nicht mehr stark genug, sie über Bord zu werfen. Die Männer klammerten sich an die Reling, und jedes Mal, wenn sie von der Dünung angehoben wurden, grüßten sie die Mannschaften der anderen Langschiffe.
    Bran und Hagdar standen am Bug, denn Visikal hatte sie gebeten, Ausschau zu halten. Sie hielten sich an einem Tau fest, das durch einen Bolzen unmittelbar hinter dem Steven verlief und von dort zur Mastspitze hinaufführte. Keiner von ihnen sagte etwas. Die Tage waren lang gewesen, und alles war längst gesagt worden. Bran war nicht mehr übel, denn die vielen Stunden an den Rudern hatten ihn abgehärtet. Er

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