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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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»Er wird sie im Kampf tragen, denn es heißt, dass derjenige, der sie trägt, nicht getötet werden kann, ehe Cernunnos das will.«
    Visikal stand auf, befestigte die Bronzeaxt an seinem Gürtel und kletterte durch die Luke nach unten. Die Männer begannen rasch und erregt über das, was sie miterlebt hatten, zu sprechen. Bran bemerkte, dass viele von ihnen jung waren und keine solchen Narben hatten, wie sie die älteren Krieger auszeichneten.
    »Ich stamme aus Kajmen«, sagte Nangor plötzlich. »Ich kenne das Wesen der Arer, denn sie kommen oft in meine Heimatstadt, um Stämme zu kaufen. Bei schlechtem Wetter konnten wir sehen, wie ihre Kapitäne auf den Langschiffen niederknieten. Sie beteten, wie Visikal es gerade getan hat, schnitten sich in die Finger und so weiter. Und dann setzten sie die Segel und fuhren ins Unwetter hinein.«
    »Ich war einmal in Kajmen.« Hagdar legte seinen Kopf auf die Reling und drückte den Nacken gegen ein Bündel Pfeile. »Das ist eine reiche Stadt, umgeben von Wald und Wild. Warum bist du von dort weggegangen?«
    Bran sah zu dem Seeräuber hinüber. Er hatte in ihm nie einen Mann mit einer Heimat gesehen. Und Kajmen, das war doch der Ort, aus dem Gwen stammte. Bran wollte fragen, ob er sie von früher kannte, doch Nangor kratzte sich zwischen seinen Bartzöpfen und sah nachdenklich zum Abendhimmel empor.
    »Das Meer…« Er schloss die Augen und sog die Meeresluft ein, so dass es in seinen Nasenlöchern zischte. »Es hat mich immer gelockt. Ich war erst zehn Jahre alt, als ich auf einem Kelsschiff angeheuert habe. Seither bin ich immer weitergesegelt. Neue Schiffe, neue Häfen. Neues Meer.«
    Bran lauschte seinen Worten. Er hatte sie selbst gedacht, und jetzt spürte er, wie das Wasser auch ihm zusang, wie ihn die See mit dieser Ruhe erfüllte, die das Land ihm nie zu geben vermochte.
    »Mit sechzehn Jahren wurde ich Kapitän.« Nangor fuhr sich mit den Fingern über den Bart. »Das war ein tuurisches Schiff. Sie brauchten jemand, der Fisch von West-Tuur in die Lager in Ost-Tuur bringen konnte. Es war schlimm, die Sklaven dort zu sehen, doch mit der Zeit habe ich mich auch daran gewöhnt.«
    Als er das sagte, schossen wieder die Schmerzen durch Bran. Er sah sie vor sich, den Riemen um den Hals. Und später, auf dem Meer: Nangor, der die Forderung des Königssohnes überbrachte. Er sah zu dem Seeräuber hinüber, der dalag und seine dicken Bartzöpfe in den Fingern drehte. Wenn der Königssohn den Zweikampf gewonnen hätte, hätte Nangor sie an Bord genommen und zurückgebracht. Und er wusste, was der Königssohn dann mit ihr getan hätte. Dennoch vermochte er diesen Mann nicht zu hassen.
    »Ich habe getan, was ich tun musste, um Kapitän zu werden.« Nangor drehte sich auf die Seite und stützte sich mit seinem Ellenbogen auf dem Deck ab. »Und schließlich bin ich es geworden. Ich habe auf Seiten der Kelsmänner gegen die Tuurer gekämpft. Sie brauchten mich als Lotse in den tuurischen Fahrwassern und bezahlten gut dafür, dass ich ihnen sagte, wo sie ihre Lagerplätze hatten.«
    »Du hast gesagt, dein Schiff sei von den Tuurern versenkt worden.« Hagdar kratzte sich am Kopf. Der Seeräuber sprach über viele Völker, und es verwunderte ihn, dass ein Mann für sie alle gesegelt sein sollte.
    »Das stimmt.« Nangor zog sein Hemd hoch und entblößte eine schlangenförmige Narbe auf seinem Bauch. »Sie haben mein Schiff angezündet. Doch ich war der Stärkste, als die Mannschaft sich um die Tonnen schlug, und trieb zu einer Insel im Süden von Aard, ohne dass die Tuurer mich bemerkten.«
    Bran konnte sich gut vorstellen, wie der Seeräuber zwischen verkohlten Planken und Fässern herumschwamm, die Schwächeren von ihren Tonnen zerrte und mit den Wellen davontrieb.
    Da erklang das Schild an der Luke. Visikal hatte Kengber die Verantwortung für den Wachwechsel übertragen. Der Tileder schlug mit seinem Schwertschaft auf sein Schild und gab so den Befehl, die Männer an den Rudern abzulösen.
    »Komm.« Hagdar stand auf. »Es wird Zeit für neue Schwielen.«
    Bran wartete einen Augenblick, ehe er dem großen Mann folgte. Er ging zurück zum Steuer, wo ihn Nosnavar mit einem Kopfnicken grüßte. Die Wolken waren über dem Horizont im Westen aufgerissen, wo die Sonne wie eine brennende Halbkugel über dem Meer hing. Sie warf einen roten Schimmer auf die Wellen, und die Bronzeschilde an den Langschiffen glänzten. Die Schiffe ähnelten Drachen, fand Bran, den Drachen, von denen der

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