Brans Reise
Vogelmann erzählt hatte. Er starrte sie an, bis Nosnavar das Ruder verließ und von einem Tirganer, den Bran nicht kannte, abgelöst wurde. Da folgte Bran Nosnavar über die Treppe nach unten und ging zu seinem Platz im Bug. Um ihn herum krochen die Männer unter ihre Decken und Felle. Sie waren jetzt müde und sprachen nur noch wenig. Während des Sturmes waren sie alle kaum zur Ruhe gekommen, und selbst wenn sie sich im Sand vergraben hatten, wollte der Schlaf nicht kommen. Bran summte mit den Ruderern und fand bald den Rhythmus. Es gefiel ihm, seine Gedanken treiben zu lassen, wenn er so dasaß. Er dachte an das, was Nangor gesagt hatte, über das Meer, und was geschehen würde, wenn sie die Inseln erreichten. Er lauschte den schnarchenden Männern und atmete mit den Wellen.
Fünf Tage waren vergangen, seit Tirgas Flotte an Fa Ton vorbeigesegelt war. Der Wind hatte abgeflaut und das Meer war glatt wie ein Eisenschild. Bran und Hagdar saßen an diesem Abend am Mast. Sie sahen zum Himmel auf, denn die Wolken hatten sich endlich aufgelöst. Wenn die Sterne zu leuchten begannen, würden sie sehen, in welche Richtung das Schiff fuhr. Eine Weile nach Sonnenuntergang erkannte Bran den Großen Wagen über dem Halbmond.
In dieser Stunde des Abends, in der noch der letzte Dämmerschein über die Wasseroberfläche huschte, wurde die Flagge am vordersten Schiff gehisst. Ylmer stand am Steuer, und die Männer bemerkten sofort die weiße Flagge mit den schwarzen Bergen an der Spitze des Mastes.
»Land«, sagte Visikal. Er stand am Bug und hielt sich an der Reling fest. Dann drehte er sich zu seinen Männern um. »Packt Verpflegung und Wasser für einen Tag ein. Wir müssen das Dunkel der Nacht ausnutzen.«
Bran und Hagdar blieben sitzen, während das Geraschel von Pfeilen und Kettenhemden durch die Luke zu ihnen heraufdrang. Die Tirganer rüsteten sich zum Krieg. Sie lösten die Bogen, die hinter der Reling angebunden waren, traten zum Bug und spähten nach vorn. Auch Bran stand auf und erkannte den Schatten, der sich dort vor ihm aus dem Dunkel abhob. Aard war nicht mehr weit entfernt, denn die Dämmerung hatte die Insel lange verborgen. Die anderen Schiffe erhöhten die Schlagzahl. Die Ruder wurden schnell und gleichmäßig durch das Wasser gezogen, das schäumend am Bug vorbeischoss.
»Hol deine Waffen, Tileder!« Visikal ging vorbei und band sich seinen roten Umhang vor dem Hals zusammen. »Die Männer warten auf deine Befehle.«
Bran wusste nicht, was er tun sollte. Einige der Krieger waren bereits abmarschbereit; sie hatten ihre Panzerhemden angelegt, die Pfeilköcher umgehängt und die Schwerter an den Gürtel gebunden. Vosnabar hatte eine Hand voll Männer um sich herum versammelt. Er malte beim Sprechen Kreise in die Luft.
Da zog ihn Hagdar am Hemd. »Lass uns nach unten gehen und uns fertig machen.« Er wartete, bis ein Krieger durch die Luke emporgestiegen war, ehe er nach unten kletterte und verschwand.
Bran warf einen Blick auf die Insel. Er konnte den weißen Streifen erkennen, wo sich die Wellen brachen. Dann folgte er Hagdar.
Unter Deck zog Bran sein langes ledernes Panzerhemd, die Lederhose und die Beinplatten an. An den Seiten zog er die Schnüre fest zu, wie er es von Visikal gelernt hatte. Dann nahm er seinen Helm aus dem Seesack und befestigte das kurze Schwert und die Doppelaxt an seinem Gürtel. Er trug seine Uniform zum ersten Mal, seit er den Eid in Visikals Waffenkammer geschworen hatte. Hagdar kratzte sich am Bart.
»Du siehst aus wie ein Tirganer«, meinte er. »Wo hast du das alles her?«
»Visikal hat mir das gegeben.« Bran setzte den Helm auf. Das kalte Eisen umgab seine Wangen, und der Kettenrand drückte seine Haare gegen den Nacken.
»Mit Horn und gepanzertem Nacken…« Hagdar schüttelte den Kopf. »Visikal hat dich wirklich zu einem der seinen gemacht.«
Bran sah ihn durch die Sehschlitze an. Er verstand nicht, warum Hagdar das sagte. Das war der Krieg eines anderen Volkes, und mussten sie sich dann nicht auch wie dieses Volk kleiden? Bran schwankte zur Treppe zurück. Die Ruderer sahen ihn an, und er sah die Furcht in ihren Augen. Das tat ihm gut.
Die Langschiffe fuhren im Westen an der Insel vorbei und schlugen dann einen südlichen Kurs ein. Sie wollten am Nordende an dem Sandstrand landen, an dem das Felsenvolk im Sommer angelegt hatte. Alle mit Ausnahme der Ruderer standen an Deck, während die Langschiffe auf das bewaldete Land zuschossen. Sie alle waren für
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