Avanias der Große
Avanias
„Das ist sie also?“
Der junge Mann schaute sich um. Er sah nur einen Haufen von Trunkenbolden. Versoffene, alte Männer.
„Das ist Avania?“
Avania, die Stadt seiner Ahnen. Hier lebten und herrschten seine Eltern, Sassanias und Lalindria. Und nach dieser Stadt wurde er benannt: Avanias.
Nun war er als erwachsener junger Mann wieder zurück. Seine Mutter hatte er vor vielen Jahren das letzte Mal gesehen, er konnte sich kaum noch an ihr Gesicht erinnern.
Eigentlich wollte er direkt zu seinen Eltern, zum Palast gehen. Doch der Ritt war lang und anstrengend gewesen, so wollte er sich mit einem Getränk hier in dieser Kneipe etwas erfrischen.
Seltsamerweise überkam ihm gerade die Angst. Er fragte sich, warum er denn überhaupt hierher, nach Avania, gekommen sei.
Seine Eltern hatten ihm die Reise zu seiner Heimatstadt verboten.
Seine Eltern kannte er kaum.
Aber er kannte sein Volk, die Alvestier. Und den Mann, der ihn erzogen hatte, Malgarias. Malgarias musste vorerst in seinem Dorf zurückbleiben. Er konnte den ungestümen Prinzen nicht davon abbringen, endlich wieder in sein Land zurückzukehren. Es sei zu gefährlich. Überall die Spitzel der Palparen. Ja, tatsächlich, sie waren überall. Jene Palparen, welche sein Volk vor vielen Jahren fast ausgerottet hätten. Sein Volk. War das wirklich sein Volk? Wen von ihnen kannte er denn schon? Er kannte kaum einen einzigen Alvestier. Nur seinen Ziehvater. Der alte Mann war nun alt geworden. Und krank.
Avanias schaute sich wieder um. Er betrachtete die Alvestier um sich herum und fragte sich wieder, ob dies wirklich sein Volk sei. Komischerweise fürchtete er sich. Er wollte nun schnell fort von hier. Heraus aus dieser Kneipe. Aber irgendetwas hielt ihn zurück. Er zog die Kapuze seines Gewandes über seinen Kopf. Ein alter Mann näherte sich ihm und setzte sich neben ihn hin. Er fragte ihn, wie er heiße. Der junge Mann starrte stumm vor sich hin. Der Alte stieß ihn an der Schulter an. Avanias reagierte nicht. Der Alte verschwand verärgert wieder.
Nein, das, gewiss, war nicht sein Volk!
Er hörte einen dicken Mann laut lachen. Der Dicke schlug mit der Hand auf den Tisch. „Ihr dreckigen Alvestier! Ihr wart schon immer unsere Sklaven und werdet es auch immer sein!“
Ein Palpare also. Ein einen alten Alvestier anbrüllender Palpare. Konnte da etwa ein Prinz aus dem Stamm eines ruhmreichen Heldengeschlechts einfach so diesem Schauspiel zuschauen?
Der Dicke erhob sich und fletschte seine Zähne. Der knorrige alte Alvestier zog seinen Körper zusammen.
„ Rücke endlich das Silber heraus!“
„ Ich habe nichts mehr. Ich schwöre beim Leben meiner Kinder. Ich werde es dir nachträglich zahlen.“
Der Prinz verspürte den Drang, sich zu erheben. So stand er nun aufrecht und ging auf den Palparen zu. Der Palpare beachtete den Jungen erst nicht. Er griff nach dem alten Mann und hob ihn in die Luft. Der Prinz unterdrückte seine Wut. „Lass ihn wieder los!“
„Was willst du denn, du Bastard?!“
Avanias' Atemzüge waren deutlich zu hören. „Lass ihn sofort wieder los! Ich fordere dich zum letzten Mal auf.“
Der Dicke lachte und ließ den Alten los. Der Alte fiel zurück auf seinen Stuhl. Der Dicke lachte und lachte. Die Spucke quoll aus seinem Mund, er wischte sie weg.
Was war das?
Als ob der Geist seiner Ahnen über ihn gekommen sei, zog Avanias blitzschnell seinen Dolch hervor und schlitzte dem Palparen die Kehle durch. So schnell, kaum einer hatte es gesehen.
Der Dicke sackte zusammen. Der Barbesitzer Tschakkias eilte herbei: „Bist du verrückt? Du hast einen Palparen, einen Soldaten der Garnison getötet.“
Es brach ein Aufruhr unter den anwesenden Alvestiern aus.
„ Sie werden uns zur Rechenschaft ziehen.“
„ Es ist alles deine Schuld, du dummer Tölpel!“
Avanias stand immer noch wie versteinert da. Was hatte er nur getan? War er es denn überhaupt gewesen? Ja, er war der Täter. Er hatte es getan. Er hatte einen Menschen getötet. Einen Menschen? Nein, einen Palparen hatte er getötet. Er hasste die Palparen mehr als alles andere auf dieser Welt.
Die Alten im Raum wurden lauter.
„ Wir müssen ihn dem palparischen Statthalter übergeben!“
Er hatte ihnen einen Gefallen getan und sie wollten ihn nun eben jenen Feinden ihres Volkes ausliefern?
Er wischte das Blut von seinem Dolch am Hemd des Toten ab. Würde es einer dieser alten Männer wagen, sich auf ihn zu stürzen?
Ja.
Avanias hatte richtig geraten. Er
Weitere Kostenlose Bücher