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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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schlaff vom Querbaum herab. Visikal, der am Steuer stand, befahl Vosnabar und Nosnavar, mit ihren Männern zu rudern. Bald waren auch die Ruder der anderen Schiffe zu hören, und Bran kniff die Augen zusammen und starrte durch die Nebelschleier auf die Reihen der Fackeln. Die Männer loteten die Tiefe aus und gaben Bescheid. Die Schiffe näherten sich dem Land.
    Die Männer ruderten den ganzen Tag. Das rhythmische Summen drang durch die Luke nach oben und mischte sich mit dem Nebel. Bran hielt sich am Bug fest. Als sich die Nacht durch den Dunst senkte und Regen mit sich brachte, nahmen die Späher die Schilde von der Reling und hielten sie über die Fackeln. Bran tat es ihnen gleich.
    Noch eine ganze Weile glitten die Schiffe über das schwarze Wasser. Die Ruderer sangen nicht mehr, sie lauschten wie er. Den Riemen, dem Wasser, das vor Erwartung schwieg. Und da hörte er es, das leise Geräusch von Wellen auf Sand. Er hörte das Land und kletterte auf die Reling, um besser sehen zu können. Vor sich konnte er etwas erkennen. Etwas, das hoch über den Mastspitzen der vordersten Schiffe zu schweben schien. Das war Feuer, das waren Fackeln.
    Da ertönte ein Dröhnen am Himmel. Das Donnergrollen hallte am Land wider, und der Nieselregen wurde zu einem heftigen Schauer, der auf die Schilde prasselte. Der Nebel sank ins Meer hinunter, und Bran sah. Vor den Schiffen waren Klippen, steile Berge, die auf dem Nebelteppich zu ruhen schienen. Und auf ihrem Gipfel thronte eine Burg, umringt von Fackeln und Feuern. Sie war schwarz wie die Berge, aus denen sie herausragte. Die Mauern schienen in den Himmel zu wachsen, und jede Ecke, jeder Erker in der Mauer kratzte an den Wolken und ließ sie vor Schmerzen aufbrühen.
    Die Langschiffe liefen auf den Sand am Fuß der Klippen auf. Die Tirganer kletterten über die Reling und hoben die Ketten an, die zwischen Sand und Tang zum Festmachen bereitlagen. Sie vertäuten ihre Schiffe daran und kletterten dann wieder an Bord und gingen unter Deck.
    »Wir haben Arborg erreicht.« Visikal schritt über das Deck, während er die Riemen seiner Uniform festzog. »Zieh deine Uniform an, Tileder, wir sind heute Abend Gäste der Skerge. Kengber passt auf das Schiff auf.«
    Bran stieg die Leiter hinunter, hastete zu seinem Schlafplatz ganz hinten im Schiff und zog sich rasch seine Uniform an. Er begriff, dass er wie ein Tileder gekleidet sein musste, wenn er nach Arborg kam. Die Stadt der Riesen… All das, was Tarba erzählt hatte, erschien vor seinen Augen. Es hatte wie eine Sage geklungen.
    Vosnabar und Nosnavar standen bereits bei Visikal, als er nach oben kam. Sie zupften ihre Umhänge zurecht und folgten dem Skerg über die Reling. Bran sprang nach ihnen in den Sand. Seine Stiefel versanken auf dem Weg zu den Klippen zwischen den schwarzen Kieseln. Die Langschiffe lagen nebeneinander am Strand, und alle waren an der Kette vertäut, die sich am Strand entlangzog. Tirgas Tileder gingen rasch über den schwarzen Sand und folgten Vare und Ylmer in den Nebel hinein. Bran hastete hinter ihnen her, tauchte in die feenhaften Nebelschleier ein und fand den Weg, der sich breit und ausgetreten zwischen Felskuppen und zerplatzten Riesensteinen hindurchwand. Ein solches Gebirge hatte Bran noch niemals zuvor gesehen; es war rabenschwarz und wirkte wie verknotet. Der Weg wand sich über eine grasbewachsene Anhöhe in den Nebel empor. Es roch hier nach nasser Erde, Schafsmist und Gras.
    Als sie oben aus dem Nebel traten, sah Bran, dass sie der Weg auf die Landseite der Mauern geführt hatte. Hier war der Boden ebener, und nur ab und zu brachen Steine oder Felsen durch die Grasnarbe. Die Skerge führten die lange Reihe der Tileder an. Bran betrachtete die Burg am Ende des kurvigen Weges. Dort oben war ein Tor. Die Skerge hatten es fast erreicht. Bran traute seinen Augen nicht: Das Tor musste mindestens eine Mastlänge hoch sein, und die Eisenringe waren so weit oben an den braunen Balken angenagelt, dass kein Mann sie je erreichen konnte. Und überall brannten Fackeln – in den Schießscharten der Mauern, auf den Pfosten um das Tor herum und auf der Brustwehr oben auf den Mauern.
    Sie gingen weiter. Bran sah voller Ehrfurcht zu Boden, denn er hatte nur eine Erklärung: diese mächtige Burg musste von Göttern erbaut worden sein. Erst als die Tileder vor ihm anhielten und sich der Weg zu einem breiten Platz weitete, wagte er es, den Blick zu heben. Er stand am Fuß der Mauern. Das Tor ragte zu den Feuern

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