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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Worten suchte. »Virga, du bist noch jung, du kennst sicher nur die Geschichten deiner Eltern über die dunklen Männer von Old-Myre.«
    »Vater sagte, dass wir ihnen nicht trauen können.« Virga beugte sich von seinem Platz nach vorne.
    »Da hat er Recht!« Keer schlug ihm auf die Schulter und spuckte ins Feuer. »Verdammtes Reitervolk! Die wissen gar nicht, was es heißt zu segeln, wenn sie ihr ganzes Leben auf dem Rücken von Pferden verbringen!«
    »Verhöhne das Reitervolk nicht!« Sturm zeigte von der anderen Seite des Feuers auf ihn. Die Frostmale leuchteten rot auf seinem Gesicht. »Das sind unsere Freunde. Sie sind Arer wie wir.«
    »Sprecht nicht so laut über so etwas, Männer.« Tarba legte einen Finger an die Lippen und blinzelte in das Dunkel hinter ihren Köpfen. »Der Skerg kann uns hören!«
    »Ha!« Keer nickte zum Bug. »Der beugt sich heute Abend über seine Karten und hört uns nicht.«
    »Aber Cernunnos tut es.« Tarba deutete mit einem zitternden Finger auf ihn. »Und Cernunnos will nichts Schlechtes über sein eigenes Volk hören!«
    »Erzähl von Old-Myre.« Bran beugte sich in den Lichtkreis vor, denn jetzt war seine Neugier geweckt. Der Branntwein schwirrte noch immer in seinem Kopf, doch er war klar genug, um zuzuhören.
    »Mit Freude erzähle ich für meinen Tileder.« Tarba verbeugte sich, bevor er Keer einen triumphierenden Blick zuwarf. »Old-Myre ist ein reiches Land hinter Arborg. Der Ritt dorthin dauert drei Tage, und so leben die Old-Myrer sehr für sich selbst. Sie sind Reiter, keine Seeleute wie wir, aber das ändert nichts daran, dass sie Arer sind wie wir. Sie waren es immer. Wie wir Tirganer stammen sie von Arborg ab. Als unser Volk zu zahlreich für die Stadt der Riesen wurde, segelten einige von uns über das Meer davon und stießen im Osten auf fruchtbares Land. Sie bauten die Stadt Tirga. Andere hingegen machten sich über die Ebenen ins Landesinnere auf, woher wir einst gekommen waren. Sie stießen in der weit gestreckten Moorlandschaft auf Erz und ließen sich dort nieder. Auf den Anhöhen bauten sie Burgen und bewachten das Land vor den Reiterstämmen, die Arborg immer bedroht hatten. Aus dem Erz, das sie aus dem Torf brannten, bekamen wir reines Eisen, Eisen, das zu Schwertern und Äxten geschmiedet wurde. Die Bronze, die wir früher dafür verwendet hatten, wurde zu Schilden oder für Schmuckstücke umgeschmolzen.« Tarba holte ein Amulett heraus, das in seinem Hemd verborgen war. Es stellte zwei Hirschgeweihe dar, und Bran sah die winzigen Zeichen, die in das Schmuckstück eingeritzt waren.
    »Die Old-Myrer sind dunkelhaarig.« Tarba ließ das Amulett wieder hinter sein Hemd gleiten. »Sie sind größer als wir, und ihre Sprache ist fast nicht zu verstehen.«
    »Sie reden ein Kauderwelsch«, meinte Keer.
    »Nein sie reden kein Kauderwelsch, sie sprechen die Sprache von Old-Myre. So haben wir alle gesprochen, bevor wir begannen, mit den Völkern aus dem Norden Handel zu treiben und ihre Namen und Worte zu übernehmen.« Tarba stand auf und ging zur Leiter hinüber. Bran kannte nach all diesen Tagen die Gewohnheiten des alten Mannes. Jeden Abend ging der Alte nach oben und schlug über der Reling sein Wasser ab. Danach ging er schlafen.
    »Niemand steht dem, der das Geweih trägt, so nah wie das Volk von Old-Myre. Aber sie leben ja auch auf den Ebenen, da ist das nicht so verwunderlich.«
    Er kletterte die Leiter hinauf, und Kengbers Gesang, der durch den Wind geklungen hatte, verstummte.
    Die plötzliche Stille ließ die Männer müde werden, und bald wünschten sie sich eine gute Nacht und gingen zu ihren Schlafplätzen. Bran warf Sand auf das Feuer und ging dann ebenfalls. Er fand seinen Platz im Heck des Schiffes. Hagdars Pelze lagen noch immer da. Am ersten Tag nach der Schlacht hatte er nach seinem Speer gesucht, doch er konnte ihn nicht finden. Er hatte ihn auf dem Schlachtfeld verloren.
    Bran kroch unter seine Decken, drehte sich auf die Seite und sog den Geruch von Eisen, geölten Lederwesten und Hemden, scharf nach Salzwasser und Blut riechend, ein. Er dachte an die Zeit, als er nie schlafen konnte, ohne dass die Krallen ihm die Augen zudrückten. Jetzt hatten sie ihn schon lange nicht mehr gequält.
     
    Nach zwei Tagen drehten die Tirganer nach Südwesten ab. Am dritten Morgen glitten die Schiffe in dichten Nebel, und die Steuermänner wiesen die Mannschaften an, Fackeln zu entzünden. Auch Bran trat mit einem brennenden Stab zum Bug. Das Segel hing

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