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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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eigentlich, so etwas zu versprechen? Er, der er immer zu Hagdar aufgesehen und dessen übermenschlichen Kräfte bewundert hatte. Bran sah ihn vor sich auf der Trage liegen. Er war an Bord eines Schiffes, das von einem fremden Krieger gesteuert wurde. »Morgen… das ist so fern.« Er hörte diese Worte wieder und wieder.
    »Höre auf den Rat eines alten Kriegers.«
    Bran zuckte zusammen. Tarba reichte ihm den Weinschlauch. Der Alte sah ihn über das fleckige Leder hinweg an.
    »Trink heute Abend ein bisschen mehr als üblich, Tileder. Du brauchst das.« Er legte den Weinschlauch voller Ehrerbietung in Brans Schoß, wie ein Mann, der einem gefürchteten und doch geliebten Gott ein Opfer darbringt. Und Bran nahm den Weinschlauch, legte die Lippen um die hölzerne Tülle und ließ den Branntwein die Kehle hinabrinnen. Er schluckte ihn hinunter und ließ das Feuer seine Sorgen wegbrennen. Als der Weinschlauch aus seinen Händen glitt, sah er nur noch die dunklen Augenhöhlen von Tarba auf der anderen Seite der Feuerstelle, und die übrigen Männer um ihn herum waren ein Ring von Tieren, die gierig nach dem dampfenden Fleisch schnappten.
    Lange saß er so da und hörte sie essen. Sie sprachen ihn nicht an, und er hörte kaum zu, was sie einander erzählten. Doch ein paar Worte schnappte er auf. »Wundfieber«, sagte Keer. »Glaube nicht, dass er überlebt.« Und dann nickten viele der Köpfe am Feuer. Dann Nangor: »Auch Bran ist mit Wundfieber nach Tirga gekommen. Er hat überlebt.« Wieder die dunklen Augenhöhlen von Tarba: »Aber habt ihr nicht gesehen, wie viel Blut der Jäger verloren hat? Als sie ihn hochhoben, lag er in einem See aus Blut. Der Pfeil muss eine dicke Ader verletzt haben.«
    Bran lehnte sich an einen Balken und versank im Schatten. Von dort aus sah er sie gut. Alle außer Virga, der sich am Eisengitter hingehockt hatte, saßen mit verschränkten Beinen da. Der Junge drehte mit seinem Messer die Fleischstücke um, warf zwei Scheiben zu Sturm und Zwei Messer und legte neue auf den Rost. Sie waren jetzt ein Stamm, und er, Bran, war ihr Häuptling. Ich sollte niemals von diesem Krieg zurückkehren, dachte er. Nach einer Weile werden Dielan, Turvi und die anderen glauben, dass ich tot bin, und mit einem neuen Häuptling weiterziehen. Vielleicht wird Velar sie dann anführen. Vielleicht tut er es bereits.
    Ein Luftzug strich über das Feuer. Tarba kroch vor, kauerte sich mit einer Decke über den Schultern hin und nickte Virga zu, sich zu setzen.
    »Lasst mich erzählen.« Er steckte sein Messer in die letzten Fleischstücke auf dem Rost, warf drei Scheiben zu den Katzenbrüdern hinüber und reichte die anderen um das Feuer herum. »Keer, Zwei Messer und Sturm, ihr wart ja selbst dort, also unterbrecht mich, wenn mich meine Erinnerung trügt. Wie ist das mit dir, Nangor? Bist du schon einmal nach Arborg gesegelt?«
    »Nein.« Nangor verschränkte die Arme über seinen Bartzöpfen. »Aber ich habe von der Stadt der Riesen gehört.«
    »Riesen…« Tarba zog die Stirn in Falten und sah gedankenverloren über seinen grauen Bart hinweg. »Sie waren verschwunden, als unser Volk die Stadt hinter den Mauern fand, die wir später Arborg nannten. Es gab keine Spur von ihnen, nicht einmal Waffen, sie müssen also lange, bevor wir dorthin kamen, aufgebrochen sein. Doch die Mauern standen noch, und dahinter fanden unsere Vorfahren Häuser mit Türen so hoch, dass Gestalten, die dreimal so groß waren wie wir, hindurchpassten.«
    Bran lauschte Tarbas Worten, als seien sie ein Märchen, eine Sage aus einer fremden Welt.
    »Und es heißt, die Ölfeuer in den Tempeln hätten noch gebrannt, als sie kamen. Sie brennen noch heute, Freunde. Das ist das ewige Feuer, Cernunnos’ Lebensquell.«
    »Erzähl von ihm.« Die Katzenbrüder streckten die Hälse zum Feuer vor, und es gelang Bran nicht, ihre Stimmen auseinander zu halten.
    »Ja, erzähl von dem, der das Geweih trägt.«
    »Erzähl…«
    »Von dem Bild, das sie gefunden haben.«
    Tarba schürzte die Lippen und wurde wieder still und nachdenklich. Dann strich er eine Fläche Sand glatt, zog sein Messer aus dem Gürtel und begann, Linien in den Sand zu zeichnen. Bran beugte sich vor, denn die Linien gaben etwas wieder, das er kannte. Dort waren die breiten Schultern, das Geweih und der Kopf.
    »Cernunnos.« Tarba steckte das Messer in den Sand. »Ein ungewöhnlicher Name für unsere Zungen. Das einzige Wort, das die Riesen zurückließen. Es war mit unseren Zeichen

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