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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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wusste er, offenbarten sie sich den Menschen.
    Wie in einem Traum drehte er sich um und sah die Gebäude auf dem Plateau. Er sah die lang gestreckten Dächer – mindestens vier Langschiffe hätten unter ihnen Platz gefunden. Er sah die Wände, geschmückt mit Schlangen, Wölfen, Bären und merkwürdigen Tieren, die er nicht kannte. Sie waren aus dem schwarzen Stein herausgemeißelt, festgefroren für die Ewigkeit. Und alle starrten durch den Regen nach Süden in Richtung Tor.
    Ein Blitz zuckte durch die Wolken. Bran schluckte und spürte den Regen und seinen eigenen kalten Schweiß unter dem Panzerhemd. Die Gebäude standen hier nicht so dicht wie unterhalb, und es bot sich eine gute Sicht über den gepflasterten Platz. Einen Pfeilschuss entfernt endeten die Pflastersteine vor einem weiteren Plateau. Breite Treppen führten zu einem weiteren Gebäude empor. Dieses überragte alle anderen Häuser, die er im Norden der Stadt erkennen konnte. Er sah den Baumstumpf vor der Treppe. Er ähnelte einem gewaltigen, runden Tisch. Darin, erinnerte er sich, hatten die Arer den Nagel gefunden und die Jahre zählen können. Und der Saal dort vorne, oberhalb der Treppen, war der Saal, in dem das Bild von dem, der das Geweih trägt, an die Wand gemalt war.
    Die Skerge begannen weiterzugehen. Sie marschierten nebeneinander her und zeigten ihre friedlichen Absichten, indem sie ihre Helme unter die Arme klemmten. Die Tileder folgten ihnen in einer langen Reihe, jeweils drei Mann nebeneinander. Bran fand seinen Platz an der Seite von Vosnabar und Nosnavar und schritt über die Pflastersteine, in deren Ritzen und Senken das Regenwasser stand.
    Etwa einen Steinwurf weit entfernt bogen die Skerge nach rechts ab und gingen auf eines der Gebäude zu. Bran konnte es nicht von den anderen unterscheiden. Als die Skerge zwei Schritte vor der Tür stehen blieben, ertönte wieder das kreischende Geräusch von sich bewegenden Eisenscharnieren. Die Türen öffneten sich. Ein Licht, so gelb und warm, wie nur das Licht eines offenen Feuers sein kann, fiel in den Regen und die Nacht hinaus. Visikal, Vare und Ylmer traten ein. Die Reihe der Tileder begann sich zu bewegen, und auch Bran folgte.
     
    Das Erste, was Bran roch, war der Geruch von Schafsfleisch. An der kniehohen Türschwelle schlug ihm der fette Dunst entgegen. Einen Augenblick lang fühlte er sich in die Felsenburg zurückversetzt, an ein Lagerfeuer; es war Herbst, und Vater räucherte Lammkeulen, Nieren und Herz für den kommenden Winter. Doch unter seinen Füßen war kein nackter Boden, und um ihn herum hörte er den Atem unzähliger Männer. Er sah zur Decke empor, an der verrußte Holzbalken schwarze Platten stützten. Der Raum erschien ihm breit und lang zu sein wie eine große Lichtung. An jeder Seite der Tirganer standen Reihen mit langen Tischen, unterbrochen von kleinen Feuern, die in den Vertiefungen des gepflasterten Bodens brannten. Es waren viele Männer im Saal, und sie hielten saftige Fleischstücke und große Krüge in den Händen. Sie waren hell wie die Tirganer, doch hatten sie ihre Bärte wachsen lassen. So schmutzig wie sie waren und in ihren ledernen Kleidern sahen sie eher wie die Menschen von Brans Volk aus. Im Saal verteilt standen Fässer, und über den Feuern hingen Spieße mit Keulen und großen Fleischstücken. Die Männer sagten nichts, sondern starrten die Tirganer an. Bran konnte nicht erkennen, ob es Misstrauen oder Freundschaft war, was in ihren Augen leuchtete, oder ob sie nur erregt waren, weil sie jemand beim Essen störte.
    Visikal, Vare und Ylmer ließen sich davon nicht beeindrucken. Die Skerge gingen bis ganz nach hinten zur anderen Seite des Saales, blieben aber stehen, als Visikal die Hand hob. Bran schlich sich aus der Reihe und sah an den Tiledern vorbei zu den Fackeln, die auf den Säulen am Ende des Saales brannten. Und dort sah er die drei Throne, umgeben von weißen Schädeln, Äxten und Schwertern. Wie schon die Wände, so hatten auch die steinernen Throne die Gestalt von Tieren. Der linke war ein Schlangennest, der mittlere bestand aus zwei Wölfen und der rechte zeigte eine Art Fisch mit Armen und einem menschenähnlichen Kopf. Die drei Männer, die dort saßen, trugen die gleichen Uniformen wie Visikal, Vare und Ylmer: eiserne Schulterklappen, rote Umhänge und knielange Panzerhemden. Jeder von ihnen hatte einen langen Bart und schulterlange Haare. Fackeln brannten an den Säulen, die um die Throne herumstanden. Das Licht der Flammen warf

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