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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Tüchern beigebracht hatte.
    Die Langschiffe waren sowohl am Bug als auch achtern an Ketten vertäut. Die Enden der Eisenketten mündeten in Ankern, die unter Tang und Sand festgewachsen waren. Das behauptete Keer jedenfalls. Er stand auf der Reling und hielt sich am Achtersteven fest, während Bran das Steuerruder hin und her bewegte.
    »Hier festzumachen, war nicht einfach«, erklärte der Tirganer. »Zu Zeiten meines Großvaters gab es noch keine solchen Ketten, und da mussten die Schiffe bis in einen sicheren Abstand von den Klippen gerudert werden. Die Gezeiten packen sich hier die Schiffe und werfen sie an Land.«
    Bran lehnte sich nach hinten, als das Schiff von einer Welle nach vorn geschoben wurde, und stützte sich am Steuer ab, als sich die Ankerkette straffte. Zu seiner Verwunderung war Keer noch nicht über Bord gegangen. Jetzt sprang er zurück an Deck, spuckte ins Meer hinunter und nickte.
    »Die Vertäuung ist in Ordnung. Das Ruder ist sicher.«
    »Gut.« Bran schlang das Steuerruder mit einer Seilschlaufe fest, damit es nicht an die Seite des Schiffes schlagen konnte. Das Gehämmer aus dem Schiffsinneren wurde langsam ruhiger, und die Katzenbrüder zogen den Querbaum mit dem neu angebundenen Segel nach oben.
    »Sieht so aus, als ob wir für heute Abend fertig wären.« Keer wandte sich zur Luke. »Ich geh schlafen.«
    Bran antwortete mit einem Nicken, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Reling und ritt mit seinem Blick über die glatten Silberwellen. An diesem Morgen war Vamans Langschiff angekommen. Bran hatte den Tileder nach Hagdar gefragt. »Er war schwach«, hatte Vaman geantwortet und wollte nicht mehr sagen.
    Die Katzenbrüder banden das Fall fest und kletterten durch die Luke nach unten. Bran schlang den Umhang um sich und schloss die Augen. Das Meer war still und der Wind hatte wieder abgeflaut. Wenn er einatmete, spürte er den Nachtfrost, den wahren Duft des Winters. Und wenn er sein gutes Ohr spitzte, konnte er hören, wie das Wasser an Deck gefror und zu kleinen Sternen aus Eis wurde.
    Er trat von der Reling weg und ging zum Mast. Visikal hatte ihm die Verantwortung übertragen, das Schiff klar für den Krieg zu machen, und Bran war froh darüber, dass die meisten der Männer wussten, was zu tun war. Jetzt saßen sie alle unter Deck, und der bittere Rauch, der durch die Luke nach oben quoll, verriet, dass sie ein wenig von dem getrockneten Torf angezündet hatten, den sie zuvor geladen hatten. Er wäre zu ihnen nach unten geklettert, doch die Gedanken und Bilder ließen ihn nicht los. Wenn er an das zurückdachte, was er am Morgen gesehen hatte, erschien ihm das Ganze wie ein Traum. Er erinnerte sich nicht mehr daran, wie er in den Tempel hineingekommen oder warum er dort gewesen war. Doch sehr wohl erinnerte er sich an den, der das Geweih trägt. Er konnte das Gesicht nicht vergessen und dachte an die Worte, die sich aus seinem Mund gedrängt hatten, als ob der Gott selbst durch ihn gesprochen hätte. Aber er verstand sie nicht.
    Bran lehnte sich mit dem Rücken gegen den Mast. Er wusste nicht mehr, was geschehen war, nachdem er das Gesicht des Gottes gesehen hatte. Einige Zeit später hatte Tarba ihn in dem Saal geweckt, in dem die Tirganer ihr Lager aufgeschlagen hatten.
    »Visikal will mit dir sprechen«, hatte der Alte gesagt. »Es geht darum, das Schiff klarzumachen.«
    »Wo bin ich?«
    Tarba hatte wie eine Ziege gelacht. »Mein Wein ist stark, aber so viel haben wir dir doch gar nicht gegeben, Tileder!«
    »Cernunnos…« Bran schloss die Augen und sah die mächtige Erscheinung vor sich, die aus der Steinwand trat.
    »Du hast unseren Gott gesehen, Tileder. Und das war sicher ein erschreckender Anblick für dich. Nachdem du vor ihm niedergekniet hattest, bist du nach draußen gerannt und auf der Treppe in Tränen ausgebrochen. Aber die Jungs und ich, wir haben dich hierher gebracht und dir ein paar Becher Wein eingetrichtert. Und dann hast du geschlafen wie ein Kind.«
    Wieder rollte das Lachen aus Tarbas Bart. Dann tippte er sich mit dem Zeigefinger gegen die Stirn.
    »Aber es ging doch um Visikal, ja. Der steht unten am Tor. Wir sollen sicher das Schiff klarmachen. Vosnabar und Nosnavar hätten das ja auch machen können, wenn du mich fragst. Seit die hier sind, tun sie nichts anderes, als sich mit Wein und Weibern zu vergnügen, während ich ständig als Bote für meinen Tileder unterwegs bin.«
     
    Bran setzte sich seine Mütze auf und versteckte seine Hände zwischen seinen

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