Brans Reise
Er kämpfte damit, sich seinen Waffengürtel umzubinden. Tarba trampelte wie ein kleiner Junge vor der Leiter herum, und als Bran endlich seinen Umhang umgebunden hatte, kletterte der Alte an Deck. Bran folgte ihm über die Reling und landete im Sand. Die Kälte hier draußen biss ihm ins Gesicht, und die Stimmen der Tirganer ließen ihn aufwachen. Sie strömten aus den Langschiffen und rannten auf den Pfad zu, der durch die Klippen nach oben führte. Dort stand ein Krieger und wedelte mit den Armen, während er die Tirganer rief.
»Die Reiter aus Old-Myre! Katga und Gebrochene Lanze! Sie reiten aus den Bergen heraus!«
Jetzt begann auch Bran zu laufen. Er musste dieses Volk sehen. Die Männer hatten über sie gesprochen, und er hatte verstanden, dass sie anders als die Tirganer und Arborger sein mussten. Das Pferdevolk, hatte Sturm sie genannt. Sie seien Cernunnos näher, hatte Tarba behauptet.
Die Männer kletterten den steinigen Weg nach oben und erreichten schließlich das grasbewachsene Plateau über dem Nebel. Dort versammelten sie sich im Schatten von Arborg und blickten nach Süden. Bran stützte sich gegen einen gewaltigen Felsbrocken und sah über Keers Kopf hinweg. Männer aus den anderen Schiffen, Männer, die er nicht kannte, drängten sich heran, um besser sehen zu können. Virga kletterte auf den Felsen.
»Da! Ich sehe sie!« Der junge Mann schrie aus vollem Hals. »Sie kommen von dort hinter dem Hügel!«
Bran hielt sich die Hand über die Augen, um die Sonne abzuschirmen. Hinter der Steinhalde, etwa einen Pfeilschuss vor ihm, kam der erste Krieger zum Vorschein. Er trug einen Pelz auf dem Rücken, und die Sonne glänzte auf dem Langschwert, das an seinen Schenke] schlug. Mit der einen Hand hielt er die Zügel, während die andere eine Lanze umklammerte, die auf dem Sattel aufgesetzt war. Der Old-Myrer führte seine Hacken zu den Vorderbeinen des Pferdes, das abrupt stehen blieb. Dann wandte er den Kopf zur Burg wie ein Feind, der die Stärke seines Gegners einschätzt. Bran nahm eine Bewegung in seinem Gesicht wahr, ein Zucken über dem schwarzen Bart, als zöge er schnuppernd die Luft durch die Nase ein. Das Pferd tänzelte leicht nach rechts, bis der Old-Myrer schließlich direkt zu Bran und den Männern um ihn herum blickte. Der schwache Wind spielte mit den zahlreichen Zöpfen, in die seine Haare gebunden waren, und mit den Haarbüscheln und Federn, die an seiner Lanze hingen. Plötzlich ließ er das Pferd seine Hacken spüren. Es wieherte und bäumte sich auf. Der Old-Myrer schrie.
»Das ist Katga«, sagte Tarba. Er stand jetzt direkt neben Bran. »Katga der Hundert Kämpfe. Einer der zwei Skerge von Old-Myre.«
Bran legte die Hand auf den Schaft seines Schwertes. Der Old-Myrer brachte das Pferd wieder zur Ruhe. Er lenkte es in Richtung Burg und starrte erneut zu den Mauern empor.
Da erklangen die Hörner von der Burg. Ihre bronzenen Trichter sangen von der Brustwehr ins Land hinein. Die Arborger dort oben hoben ihre Waffen hoch. Das Tor knirschte und die Scharniere schrien. Die Tore öffneten sich.
Jetzt konnte Bran das Getrappel vieler Pferde hören. Er hörte das Klirren von Waffen und Schilde, die über Leder kratzten. Katga saß noch immer regungslos im Sattel. Viele Pferde kamen jetzt heran. Reiter mit Pelzumhängen und Lanzen schlossen in breiter Linie zu ihm auf. Und weitere Männer folgten ihnen. Diese trugen die Schilde auf dem Rücken und Pfeilköcher an den Gürteln. Sie ritten an Katga vorbei, ihre federgeschmückten Lanzen zum Himmel gerichtet. Die Berge schienen es nicht leid zu werden, immer neue Reihen von Kriegern zu gebären. Das Reiterheer ergoss sich über die Ebene vor der Burg. Dort stiegen sie von ihren Pferden, stießen ihre Lanzen in den Boden und warfen die Pelzumhänge ab. Bald war der gesamte Grasplatz vor der Burg von Pferden und Menschen bedeckt. Der Gestank von Pferdemist und herbem Schweiß drängte den Geruch des Meeres zurück.
Nachdem die letzten Reihen der Reiter in die Ebene gekommen waren und ihre Lanzen in den Boden gerammt hatten, saßen nur noch zwei Männer im Sattel. Katga, der die ganze Zeit reglos geblieben war, presste seine Hacken in die Flanken des Pferdes und ließ es langsam den Weg zum Tor emporgehen. Nur wenige Pferdelängen vom Tor entfernt wartete ein weißhaariger Mann auf ihn; gebeugt und alt saß er unter dem Bronzeschild, das er auf dem Rücken trug. Er wartete, bis Katga auf seiner Höhe war, und dann ritten die zwei nach
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