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Brasilien: Ein Land der Zukunft

Brasilien: Ein Land der Zukunft

Titel: Brasilien: Ein Land der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Zweig
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Holland und sein Handelsmonopol in Besitz zu nehmen. In dieser Compagnie sitzen gute Rechner, die einsehen, daß man für ein so großes Ziel auch große Investitionen einsetzen muß; um Brasilien zu besetzen und noch wichtiger, um es dann festzuhalten, darf man nicht, wie es die Franzosen getan, zwei oder drei Schiffe mit europamüden Kolonisten und rasch angemieteten Matrosen ausschicken, sondern muß eine wirkliche Flotte ausrüsten und in dieser Flotte eine geschulte Armee. Nichts zeigt die Entwicklung und die Wichtigkeit, die Brasilien in dem letzten halben Jahrhundert für die Welt bekommen hat, sinnfälliger als die veränderten Dimensionen. Während Villegaignon mit drei oder vier Schiffen landet, um die »France Antarctique« zu erobern, und sich dann die entscheidenden Kämpfe zwischen siebzig und hundert Mann improvisierter Kriegerschaft abspielen, rüstet die holländische Compagnie von Anfang an sechsundzwanzig Schiffe aus mit siebzehnhundert geschulten Soldaten und sechzehnhundert Matrosen.
    Der erste Schlag gilt der Hauptstadt. Am 9. Mai 1624 wird Bahia fast ohne Widerstand genommen und unermeßliche Beute weggeschleppt. Nun erst wacht Spanien auf; über fünfzig Schiffe mit elftausend Mann werden entsandt, die Bahia vereint mit den einheimischen Hilfstruppen aus Pernambuco zurückerobern, ehe die zweite Flotte der Holländer mit vierunddreißig Schiffen eintrifft: bereits haben sich in Erkenntnis des Werts der bisher mißachteten Kolonie die Anstrengungen verhundertfacht, das »Zuckerland« zu behaupten. Genötigt, in Bahia zurückzuweichen, rüstet die holländische Compagnie zu einem neuen Angriff mit neuen Verstärkungen und hat damit Erfolg. 1635 wird Recife und in den folgenden Jahren außer Bahia die ganze Nordküste besetzt. Von dieser Stunde an besteht durch dreiundzwanzig Jahre im Norden Brasiliens eine selbständige holländische Verwaltung.
    Die kolonisatorische Leistung dieser dreiundzwanzig holländischen Jahre ist allerdings eine großartige. Sie übertrifft bei weitem alles, was die Portugiesen vordem in hundert Jahren getan. Die Holländer haben klare und erprobte Organisationsideen. Sie überlassen die Einwanderung und Verwaltung nicht zufälligen anarchischen Elementen, sie senden nicht den Abhub ihres Landes, sondern ihre besten und vorsorglich ausgewählten Männer. Moritz von Nassau, der als Gouverneur der Krone das neue Land verwaltet, stammt nicht nur aus königlichem Blut, sondern ist auch im geistigen Sinn ein Edelmann, weitsichtig, großzügig und tolerant. Er bringt einen ganzen Generalstab von Fachleuten, Ingenieuren, Botanikern, Astronomen, Gelehrten, um das Land zu erforschen, zu kolonisieren, zu europäisieren. Und nichts ist typischer für die Minderwertigkeit des kulturellen Materials, das die Portugiesen im Vergleich zu den Franzosen und Holländern nach Brasilien entsandten, als daß wir über die erste Jugendzeit Brasiliens keine einzige wirklich literarisch gültige Beschreibung von irgend einem Portugiesen außer den Briefen der Jesuiten besitzen, während die Franzosen nach wenigen Jahren schon das Werk über die »France Antarctique« der Welt geben und Moritz von Nassau durch Barleus jenes vorbildliche Prachtwerk mit Kupfern und Plänen anfertigen läßt, das seinen Ruhm und seine Leistung verewigt.
    Moritz von Nassau macht gute Figur in der brasilianischen Geschichte. Er hat als Humanist die Idee der Toleranz mitgebracht, allen Religionen freie Wirkung verstattet, allen Künsten fruchtbare Entwicklung ermöglicht, und selbst die alten Ansiedler können über keine Gewalttätigkeit klagen. In Recife, ihm zu Ehren Mauritsstaad benannt, werden Paläste, steinerne Häuser und saubere Straßen gebaut, das umliegende Land von Geographen durchforscht. Für die Zuckerindustrie werden neue hydraulische Pressen eingeführt, in den Handel die Kaufleute eingeschaltet, die aus Portugal geflüchtet waren, das ganze öffentliche Leben auf Stabilität und Entwicklung eingestellt. Den Portugiesen bleiben ihre Rechte gewahrt, den Eingeborenen ihre Freiheit. In gewissem Sinn verwirklicht Moritz von Nassau das gleiche Ideal der friedlichen Besiedlung, wie es die Jesuiten auf religiöser Grundlage anstrebten, im Geiste der Humanität.
    Aber nicht in Brasilien wird das Schicksal Brasiliens entschieden, sondern in Europa. 1640 hat sich Portugal wieder von Spanien losgelöst und unter Dom João IV. seine eigene Krone zurückgewonnen. Dadurch ist eine weitere Okkupation durch Holland

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