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Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Titel: Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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    empfangen.“
    Sie ging mit dem Doktor hinaus und kam dann herein.
    „Na, Kleines? Wollen wir jetzt ein bißchen Reissuppe essen?“ „Ach ja, viel Reissuppe“, bat ich.
    Ich verschüttete die Suppe, als ich zu essen versuchte. Edda Callies nahm mir den Löffel aus der Hand und fütterte mich.
    „Weißt du was“, sagte sie, „du siehst tatsächlich viel besser aus als vor zwei Stunden. Du hast rosige Wangen, und das steht dir gut.“ „Das war gewiß nötig“, murmelte ich.
    „Kannst du jetzt schlafen, glaubst du?“
    „Ach nein“, rief ich, „das kann ich bestimmt nicht. Ich habe ja dauernd geschlafen - seit zwei, nein drei Tagen, nein ich weiß es selbst nicht, was für einen Tag wir heute haben!“
    „Heute ist Dienstag.“
    „Ach, Dienstag, ach, da komme ich gar nicht mit. Vati reiste am Montag, Freitag war ich bei den Eseln, und am Abend riß Rajah aus, und - “
    „Und du schriebst an mich einen Brief“, fuhr Edda Callies fort. „Er war Samstag in Aachen gestempelt, und ich bekam ihn heute. Ich hätte ihn auch schon gestern haben können, wenn sie ihn nicht im Verlag hätten liegen lassen, aber er kam ja Samstag.“
    „Da bin ich ja vier Tage krank gewesen, und ich dachte, es wären drei.“
    „Ist es eigentlich richtig, daß du so viel redest, Britta? Ein Patient soll still liegen und schweigen.“
    „Ja, andere Patienten, aber nicht ich“, rief ich eifrig, „das müssen Sie doch verstehen, für mich ist es schon Medizin, wenn ich mit jemand reden kann. Für mich ist es Medizin, daß jemand sich in der Wohnung bewegt und daß ich Stimmen höre. Ich glaube, ich wäre verrückt geworden, wenn.“
    Die breiten guten Hände von Edda Callies streichelten mich. „Armes Kleines“, sagte sie. „Wenn man jung ist, ist es nicht schön allein zu sein, später ist es ein Segen!“
    „Allein zu sein?“
    „Gerade das. Es ist herrlich, allein zu sein. Aber trotzdem rede ruhig, wenn du nicht zu müde bist und nicht schlafen kannst. Nur komm bitte nicht mit der Frage, die du gerade stellen wolltest.“ „Wissen Sie denn, was ich fragen wollte?“
    „Ja. Wörtlich. Du wolltest grade sagen: Warum sind Sie so lieb zu mir?“
    Da lachte ich; ich lachte laut und herzlich, lachte, wie ich seit Vatis Abreise nicht mehr gelacht hatte.
    „Sie können also Gedanken lesen.“
    „Nein, aber ganz blöde bin ich auch nicht. Neunundneunzig Prozent aller Menschen würden in einer ähnlichen Lage diese Frage stellen.“
    Ich bat:
    „Wollen Sie aber antworten, wenn ich auch nicht gefragt habe?“ „Ja, wenn du so schwer von Begriff bist, daß du wirklich eine Antwort brauchst! Höre zu, Britta. Stell dir vor, du wärest selbst im Ausland, nehmen wir an, daß du hier mit deinem Vater zusammen wohnst und alles schön in Ordnung ist. Dann erfährst du, daß ein junges Mädchen, eine Landsmännin von dir, mutterseelenallein eine halbe Stunde von dir entfernt wohnt. Du bekommst zu wissen, daß sie krank ist. Was tust du?“
    Ich antwortete, ohne eine Sekunde zu überlegen: „Natürlich gehe ich im Eilschritt zu ihr.“
    „Genau! Genau das war es, was ich tat. Und dann kommst du also zu diesem jungen Mädchen und entdeckst, daß sie wirklich elend ist und im höchsten Grad der Pflege bedarf, daß sie das Haus nicht in Ordnung bringen konnte und daß sie dabei war, in Staub und Schmutz umzukommen. Was würdest du dann tun?“
    „Hoffentlich würde ich aufräumen und den Doktor holen und Reissuppe kochen“, lächelte ich. „Kann ich übrigens noch ein bißchen Suppe haben?“
    „Ja, ja, ein paar Löffel. Wehe dir, wenn du spuckst!“
    Ich spuckte nicht, ich war wohl den Krabbensalat losgeworden. Jetzt war mein Körper ganz ausgetrocknet und schrie nach Essen, vor allem nach Flüssigkeit. Ich trank eine Tasse Tee nach der anderen.
    „Nun“, sagte Edda Callies, „um auf das erwähnte junge kranke Mädchen zurückzukommen. Du würdest also aufräumen, neue Wäsche heraussuchen und alles in Ordnung bringen; du würdest froh sein, daß du in deine Tasche eine Zahnbürste gesteckt hast, ehe du von zu Hause weggingst. Und dann würdest du bei dem Mädchen bleiben, bis es endlich wieder auf seinen eigenen Beinen stehen könnte.“
    Nun hatte ich das Gefühl, daß meine Augen sich weiteten.
    „Aber meinen Sie, daß Sie das tun wollen?“
    „Klar! Es wäre noch schöner!“
    „Wollen Sie denn die Katzen auch füttern?“
    „Ich kann doch die armen Tiere nicht hungern lassen, wenn auch du es mußt. Ich

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