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Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss

Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss

Titel: Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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sie fragte mich nach einem Hotel, und ich erklärte ihr den Weg. Punktum. So, das wären meine aufregenden Reiseerlebnisse, du neugierige Liese. Nun erzähle von euch. Das heißt, ich meine, von dir. Bist du gesund, und liebst du mich noch?«
    »Genausoviel, wie du mich.«
    »Nun, dann bin ich beruhigt. Und wann heiraten wir?«
    »O Pierre, am liebsten gleich. Aber.«
    »Aber? Das Wort mag ich nicht!«
    »Ich auch nicht. Aber du weißt doch. Ich mache mir Sorgen um Paps. Wer soll auf ihn aufpassen, wenn ich nicht da bin?« So kam unser Gespräch auf uns und unsere Probleme, und wir dachten nicht mehr an das Mädchen mit dem Daumen und den Halsschmerzen.
    »Wir haben einen neuen Paragraphen in unsere Hausordnung eingeführt«, teilte Tante Edda feierlich mit. Wir saßen beim Abendessen, das eine Mischung aus dänischer, Schweizer und Aachener Kochkunst darstellte.
    »Hausordnung? Haben wir eine?« fragte Vati. »O ja, eine Art Hausordnung, allerdings außerordentlich dehnbar, aber wie gesagt, wir haben heute einen ganz festen Paragraphen eingeführt.«
    »Und wer ist >wir    »Ellen, Bernadette und ich.«
    »Na«, sagte Vati, »dann haben Britta und ich ja nicht viel zu sagen.«
    »Eben! Also, die neue Bestimmung lautet: >Wer im Haus Besuch vom Ehemann, Bräutigam oder einem werdenden solchen hat, ist für die Dauer des Besuches von jeglicher Hausarbeit befreit.««
    »Oh, wie himmlisch!« rief ich. »Hoffentlich kann ich mich revanchieren! Du mußt zusehen, daß dein Mann uns besucht, Bernadette! Aber wird es nicht zuviel für euch? Ellen kann ihren rechten Arm nicht gebrauchen.«
    »O doch, das kann ich. Ich soll es sogar. Ich darf ihn nicht steifer werden lassen!«
    »Aber ich denke an Kochen und Abwaschen und Staubsaugen und Lillipus hüten und füttern.«
    »Letzteres tu ich«, sagte Vati mit der ganzen Autorität des Hausherrn.
    »Es regnet nicht mehr«, sagte Pierre nach dem Essen. »Machen wir eine kleine Dünenwanderung, Britta?«
    »Fein! Ich komme!«
    Behutsam hob ich Columbine von meinem Schoß und brachte sie zu ihrem Sohn Anton, der schon im Körbchen schlief. »Bleibt nicht die halbe Nacht weg«, sagte Bernadette. »Wir haben Nougat-Eis im Kühlschrank. Von Ellen persönlich gemacht.«
    »Dänisches Nougat-Eis? Herrlich! Nein, wir bleiben nicht allzu lange.«
    Die Luft war schön weich und frisch nach dem Regen. Langsam wanderten wir an Jans Wiese entlang, dann den Pfad hinunter, durch die Dünen zu dem langen, breiten Strand. Ein Karnickelchen hopste wie ein Schatten über den Weg; weit weg schrie ein Seevogel. Sonst war es still um uns. Wir sprachen leise, sprachen, was jedes verliebte Paar seit der Schöpfung der Welt gesprochen hat. Über unsere Liebe und unsere Zukunft.
    »Eins versprichst du mir!« sagte Pierre bestimmt. »Wenn es nun so wird, daß wir Weihnachten heiraten, dann legst du mir nächstes Weihnachten eine kleine Lillepus unter den Christbaum.«
    »So!« seufzte ich. »Ach, Pierre! Vati läßt sich den lieben langen Tag um Lillepus’ Fingerchen drehen, und jetzt fängst du auch an!«
    »Sei du bloß froh, daß deine Rivalin nicht älter ist!« lachte Pierre. »Im Ernst, das Kind ist doch zum Fressen!«
    »Ist sie auch!« gab ich zu. »Na gut, Pierre, ich werde mal sehen, was ich für dich tun kann. Gehen wir zurück? Eben ist ein Regentropfen auf meine Nase gefallen!«
    Bevor Pierre damit fertig war, diesen Regentropfen auf seine eigene Art abzuwischen, regnete es richtig. Wir machten lange Beine und waren nach wenigen Minuten zurück im Dorf. »Ach, du liebe Zeit, da ist sie schon wieder!« sagte Pierre plötzlich. Es war das Mädchen vom Schiff. Es ging ein Stück vor uns, langsam, und schleppte den kecken Campingbeutel müde mit sich. Sie war ganz durchnäßt, ihre langen, glatten Haare hingen traurig auf den schmalen Rücken herab.
    »Armes Hascherl«, sagte Pierre. »Vielleicht hat sie gar keine Bleibe gefunden.«
    Nun besann ich mich darauf, was Pierre unten am Schiff gesagt hatte: Sie suchte nach einem Hotel, und sie hatte Halsschmerzen und konnte nicht schlucken.
    »Pierre, das Mädchen ist krank, und sie hat ganz bestimmt kein Zimmer gekriegt. Das Hotel ist überfüllt, ganz besonders jetzt am Wochenende. Komm, Pierre, wir müssen etwas für das arme Wesen tun!«
    Wir liefen schnell hinter ihr her und holten sie ein. »Na, haben Sie kein Zimmer bekommen?« fragte Pierre. Sie drehte langsam den Kopf, sah uns an mit ein paar dunklen Augen. Der Blick war so seltsam glasig.

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