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Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss

Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss

Titel: Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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»Bernadette, glaubst du, daß dein Mann kommt?«
    »Ich hoffe es. O ja, ich glaube es schon.«
    »Sag mal, hast du ihm von Marion erzählt?«
    »Nein! Das heißt, ich habe ihm geschrieben, daß ein junges Mädchen hier zu Gast ist, weiter nichts.«
    »Ich wollte dich nämlich bitten.«
    ». daß ich weiter nichts erzähle«, ergänzte Bernadette. »Marion soll einen Menschen treffen, der sie als ein gewöhnliches Mädchen behandelt, ohne Mitleid und ohne etwas über ihre Vergangenheit zu wissen.«
    »Du verstehst mich aber verdammt gut, Bernadette.«
    »Britta! >Verdammt< steht dir nicht! Du sprichst jetzt nicht mit Marion! Und außerdem verbitte ich mir alle Ausdrücke, die mein unschuldiges Kind aufschnappen könnte.«
    »Dein unschuldiges Kind ist nicht hier. Es befindet sich höchstwahrscheinlich im Atelier, und wenn Tante Edda nicht aufpaßt, darf es mit den Farbtuben spielen und kriegt unerlaubt Bonbons.«
    Bernadette lächelte.
    »Britta, eines mußt du unbedingt tun. Du mußt deinem Vater ein paar Enkelkinder verschaffen.«
    »So, fängst du auch schon an? Pierre hat von mir verlangt, ich sollte ihm nächstes Jahr auch eine Lillepus unter den Weihnachtsbaum legen.«
    »Fein! Wann heiratet ihr?«
    »Vielleicht zu Weihnachten. Kommt darauf an.«
    Dann glitt das Gespräch auf meine Probleme über, und für eine Weile dachten wir nicht an Marion.
    Am gleichen Nachmittag ging ich zu ihr hinein und half ihr beim Anziehen. Sie hatte aus Hamburg einen Koffer voller Kleider bekommen.
    »Mensch, hast du aber hübsche Sachen!« sagte ich. »Das Twinset ist einfach Klasse! Ziehst du das an?«
    »Lieber den blau-weißen Pulli.«
    »Weißt du, daß ich genauso einen habe? Deswegen habe ich dich gleich erkannt.«
    »Erkannt? Wieso?«
    Aua, ich Schaf! Jetzt hatte ich mich verplappert.
    »Na, ich sah dich eben im Fernsehen - nur eine Sekunde übrigens -, damals als.«
    »Ach so. Mit der Polente.«
    »Eben. Also den blau-weißen. Ach, weißt du, ich ziehe meinen auch an, dann sehen wir wie Zwillinge aus!«
    »Ja, du möchtest mich bestimmt gern als Zwillingsschwester haben!«
    Wieder hatte Marions Stimme diesen bitter-höhnischen Klang.
    »Ach, Marion, hör doch auf!« bat ich. »Schlepp nicht immer deine. deine Vergangenheit mit dir rum! Das war ja alles, bevor wir dich kannten. Es geht uns nichts an! Das, was uns angeht, ist die Gegenwart. Vielleicht auch die Zukunft, aber die Vergangenheit bestimmt nicht. Geht es  dich  vielleicht etwas an, was für schreckliche Sachen ich in meiner Kindheit gemacht habe?«
    »Du? Schreckliche Sachen?«
    »Und ob! Mein Po tut mir noch weh, wenn ich daran denke, wie gründlich er manchmal versohlt wurde.«
    Marion starrte mich groß an.
    »Hast  du  Haue gekriegt?«
    »Das kann ich dir flüstern! Vati kann stinkwütend werden, sage ich dir! Aber ungerecht war er nie. Er hatte immer sehr gute Gründe für seine Wut. So, nun komm, kannst du deine Haare selber kämmen, oder soll ich dir helfen?«
    Marion zog langsam den Kamm durch ihre schwarze Mähne.
    »Aber wie war es hinterher, Britta, wenn du deine Prügel bekommen hattest? Warst  du  dann nicht stinkwütend?«
    »Eigentlich nicht. Ich habe mich ausgeheult, und die Sache hatte sich.
    Dann ging ich zu Vati, oder er kam zu mir, und einer von uns sagte: >Nun, vertragen wir uns wieder?< Und dann mußten wir immer lachen, und alles war wieder in Butter.«
    Marion legte den Kamm weg. Unsere Augen trafen sich im Spiegel.
    Ich weiß nicht, wieso und warum - ich bin wohl genauso spontan wie mein Paps -, plötzlich beugte ich mich vor, legte die Arme um Marions Hals und meine Wange an die ihre.
    »Was denkst du, Marion? Vertragen wir uns wieder?«
    Sie schwieg. Als ich wieder auf unser Doppelbild im Spiegel guckte, sah ich, daß Marion zwei dicke Tränen über die Wangen liefen.
    Die anderen saßen am Kaffeetisch, als wir hereinkamen.
    »Hallo, da haben wir ja unsere Patientin!« sagte Vati. »Entschuldige, daß ich nicht aufstehe, Marion, wie es sich gehört, wenn eine Dame das Zimmer betritt, aber wie du siehst, nimmt eine andere Dame mich in Anspruch!«
    »Ich möchte Kuchen!« erklärte die andere Dame auf Vatis Schoß.
    »Das möchten wir alle«, sagte Bernadette streng. »Nur hübsch warten, Lillepus.«
    »Hier, Marion«, sagte Tante Edda. »Weil du noch halb Patientin bist, kriegst du den feinen Sessel. Wie geht’s?«
    »Oh, gut.«
    »Laß dich anschauen«, sagte Vati. »Ich habe dich bis jetzt ja kaum gesehen. Ach, du Schreck, hier

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