Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss
sitze ich und sage >du< zu dir. Das ist so eine Angewohnheit von mir. Macht’s dir etwas aus, Marion?«
»Aber nein, ich mag das gern. Ich bin erst siebzehn«, fügte sie hinzu. »Beneidenswert«, seufzte Ellen. »Sich vorzustellen, daß man wieder siebzehn wäre!«
»Tu bloß nicht so«, lachte Vati. »Für mich bist du mit deinen neunundzwanzig genauso beneidenswert, Ellen!«
»So, jetzt hört aber auf«, schaltete sich Tante Edda ein. »Was soll ich da sagen? Komm, Marion, du bist heute der Ehrengast, du kriegst zuerst. Apfeltorte mit Sahne, von Bernadette und mir gemeinsam gebacken!«
»Oh, meine Lieblingsspeise!« rief Marion. Endlich, endlich, ENDLICH!
Endlich ein spontaner Ausruf, endlich eine vergnügte, normale
Stimme! Gesegnete Apfeltorte, gesegnete Tante Edda und Bernadette!
»Na, da siehst du, also hast du doch ein Lieblingsessen!« sagte ich. »Nimm nur tüchtig. Wenn Vati drauflosgelassen wird, bleibt nichts übrig.«
»Ich muß doch für Lillepus sorgen«, verteidigte sich Vati. »Nein, das müssen Sie nicht, das besorgt die Rabenmutter«, lachte Bernadette und legte ein angemessenes kleines Stück auf Lillepus’ Teller.
»Was macht dein Buch, Tante Edda?« fragte ich. »Ruht in der Schreibtischschublade«, sagte Tante Edda. »Ich habe mich festgefahren und komme nicht weiter.«
»Ach nein! Kann das der begnadeten Dichterin passieren? Dürfen wir dir helfen? Sollen die beiden Liebenden sich streiten, und weißt du nicht worüber?«
»Es gibt keine Liebenden, du Quatschkopf. Da ist ein siebzehnjähriges Mädchen.«
»Hör, hör, Marion! Hier bist du anscheinend zuständig!«
»Unterbrich nicht, Quasselliese!« rief Ellen. »Jetzt wollen wir das Problem hören!«
»Ja, also, meine jungen Freundinnen, was macht ein siebzehnjähriges Mädchen, das plötzlich kein Geld mehr hat und ziemlich allein auf der Welt ist? Was macht sie, um sich eine Existenz aufzubauen? Was würdet ihr tun?«
»Ich würde zu Onkel Benno und Britta fahren und um ein Bett und etwas Essen bitten«, sagte Ellen.
»Vorschlag verworfen«, lächelte Tante Edda. »Meine Heldin hat keinen Onkel Benno, die Ärmste.«
»Dann kann sie einem ja leid tun«, meinte Bernadette. »Na, ich würde die Nähmaschine herausholen und bekanntgeben, daß ich Näharbeiten annähme!«
»Besser«, sagte Tante Edda. »Dazu gehört aber eine Sonderbegabung, die ich meiner Heldin nicht gegeben habe.«
»Wie unbedacht von dir, Tante Edda. Ich würde entweder Arzthelferin oder Säuglingsschwester werden.«
»Dazu gehört eine lange Lehrzeit mit wenig Gehalt, Britta. Wovon würdest du leben? Nun du, Marion. Du bist ja siebzehn. Kannst du dir die Situation vorstellen?«
»Weiß nicht«, sagte Marion. »Vielleicht Hausarbeit - nein, lieber auf einem großen Gut, irgendwo mit Arbeit im Freien. Und vor allem in einem Haus, in dem man auch Wohnung und Essen hätte.«
»Endlich ein vernünftiges Wort!« rief Tante Edda. »Meine Heldin würde bestimmt auch ein Sparschwein anschaffen.«
»Und das Gehalt sparen.«
»Damit sie später etwas Richtiges lernen könnte.« Jetzt machten wir alle eifrig Vorschläge. Tante Edda mußte zuletzt zu Papier und Bleistift greifen, um unsere Ideen niederzuschreiben. Während wir durcheinanderriefen, ging die Tür auf, und Columbine kam herein. Ganz automatisch rückte ich ein Stückchen vom Tisch weg, denn ich erwartete natürlich, daß sie jetzt auf meinen Schoß springen würde.
Columbine glitt lautlos und elegant über den Teppich. Sie strahlte die erhabene Ruhe und die vollkommene Harmonie der Katze aus. Vor Marions Sessel blieb sie stehen und beschnupperte Marions Füße. Dann hob sie ihren schönen Kopf, richtete die blauen Siamesenaugen auf Marion und sprang ihr mit einem leichten, selbstverständlichen Satz auf den Schoß.
Marion sagte gerade etwas. Sie unterbrach ihre Worte nicht, sondern sprach fertig und streichelte Columbine über den Rücken -ganz unauffällig, ganz selbstverständlich.
»Jetzt schlägt’s aber dreizehn!« rief ich.
»Wieso?« fragte Ellen, aber Bernadette entdeckte den Grund.
»Nein, sieh mal an! Columbine auf einem anderen Schoß als Brittas!«
»Zum ersten Mal!« sagte ich. »Was in aller Welt hast du an dir, Marion? Warum geht Columbine zu dir?«
»Ach so, die Katze. Das tun alle Katzen. Hunde auch.«
»Dann liebst du wohl Tiere sehr?«
»O ja, das tu ich.«
»Hast du vielleicht selbst eine Katze zu Hause?«
»Nein. Die Tante sagt immer, daß
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