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Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss

Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss

Titel: Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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bitten. Die Ohrfeige gehörte dazu. Marion sollte sehen, daß man die Folgen seiner Untaten mit Anstand hinnehmen kann.
    Ich hatte beinahe nicht übertrieben. Ob der Mann im Mond Hohlzähne hat, weiß ich allerdings nicht, aber wenn, dann müßte man sie mit Vatis Fernrohr entdecken können. Die kleinen Seehunde sahen wir sehr gut. Da standen auch andere Leute. Ein paar von ihnen baten uns, ob sie einmal durch unser Glas gucken dürften. Marion stand vor mir, und ich stützte das Rohr auf ihre Schulter. Nachher machten wir es umgekehrt. Sie war begeistert. Die einzigen Seehunde, die sie bis jetzt gesehen hatte, waren die aus dem Zoo Hagenbeck. Wir wanderten hochbeglückt nach Hause, und ich hoffte nur, daß Vati noch nicht da war.
    Diese Hoffnung erfüllte sich. Kein Mensch war im Haus. Vati war bestimmt am Strand mit Staffelei, Malerkasten und Tante Edda
    - sie ging in der letzten Zeit sehr oft mit ihm. Lillepus war höchstwahrscheinlich wieder auf dem Spielplatz des Kinderheimes. Bernadette war froh darüber. »Sie soll lernen, mit anderen Kindern zu spielen. Sie darf nicht immer die erste Geige spielen und von Eltern und Onkeln und Tanten verhätschelt werden.« So sprach die unbegreiflich vernünftige Mutter.
    Wo besagte Mutter war, ahnten wir nicht, dafür wußten wir genau, wo und in welcher Gesellschaft Ellen sich befand. Die Bahn war also frei, und das Fernrohr kam auf seinen Platz. Nun bloß Vati erwischen! Ach, das würde ich schon schaffen. Ich bat Marion, die restliche Wäsche aufzuhängen. Ich wollte Vati entgegenlaufen.
    Aber, oje - gerade in dem Augenblick, als wir beide zur Tür gingen, wurde sie von außen geöffnet, und da standen Vati und Tante Edda. Mein sonst so sonniger Paps sah nach Gewitterstimmung aus. »Halt, ihr beide! Könnt ihr mir folgendes erklären: Irgendein Sommergast erzählte mir von zwei Mädchen, die oben auf dem Kliff mit einem Fernrohr standen. Ich kann kaum glauben, daß du mein Fernrohr mit zum windigen Kliff geschleppt hast, Britta, und schließlich gibt es auch andere Inselbewohner mit Fernrohr. Aber trotzdem: Wart ihr es?«
    Oh, oh, solch einen Magendruck und solches Herzklopfen hatte ich seit meinem zwölften Lebensjahr nicht gehabt. Ich schluckte. »Ja, Paps«, sagte ich. »Wir waren es!« Klatsch! hatte ich die Ohrfeige weg. Und was für eine! Dann folgte die Standpauke. Ich ließ alles über mich ergehen. Doch die Tränen kullerten nur so aus den Augen, die Ohrfeige hatte scheußlich weh getan. Vati machte eine kurze Atempause, dann drehte er sich zu Marion um.
    »Und du, Marion? Wußtest du nicht auch, daß es strengstens verboten ist, mit dem teuren Fernrohr rumzuhantieren?« Marion stand da wie ein kleines Mädchen mit schlechtem Gewissen. Dann hob sie den Kopf und sagte leise: »Doch, Herr Dieters. Ich wußte es.«
    »So, du wußtest es, und du hast trotzdem mitgemacht! Ihr seid ja ein paar entzückende Täubchen! Zwei große, erwachsene Mädchen, die sich wie unartige Rangen benehmen! Kaum ist man aus dem Haus, treibt ihr Unfug und hintergeht mich. Weiß der Kuckuck, was ihr sonst noch ausgefressen habt. Ihr denkt wohl, der alte Narr kommt doch nicht dahinter!«
    Tante Edda legte ihre Hand auf Vatis Arm und sagte ein paar Worte, ganz leise. Dann brummte Vati zum Abschluß noch einmal ausgesprochen unfreundlich und verschwand. Er knallte die Ateliertür hinter sich zu, daß das Haus in allen Fugen erzitterte. Da standen wir. Ich wischte mir die Tränen ab. »Tja«, sagte ich. »Das war ja ein Erdbeben.« Tante Edda warf mir einen unergründlichen Blick zu. Ihr Gesicht war ernst, aber in den Augenwinkeln leuchtete ein ganz kleines Lächeln. Marion machte sich aus dem Staube. Sie trug den Wäschekorb hinaus und fing wortlos an, die Wäsche aufzuhängen. »Britta«, sagte Tante Edda. »Nun möchte ich eigentlich ein bißchen mit deinem Vater sprechen. Aber vielleicht ist es besser, du tust es selbst.«
    Ich ließ ein paar Minuten vergehen, dann ging ich ins Atelier. »Was willst du schon wieder?« fauchte mich Vati an. Ich ging zu ihm hin, legte meinen Arm um seine Schultern. »Ich muß dir was sagen, Paps.«
    »Hoffentlich eine Entschuldigung?«
    »Das auch, wenn du sie von mir verlangst. Aber zunächst etwas anderes. Etwas Wichtiges.«
    »Na, dann schieß los«, brummte Vati. Er saß an seinem Schreibtisch und guckte mich nicht an. Ich stand hinter ihm und legte meinen Kopf auf den seinen.
    »Paps, ist es dir überhaupt nicht in den Sinn gekommen, daß etwas

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