Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss
plötzlich, als eine Aufnahme von der ganzen Familie im Wallis erschien. Sonst sprach sie nie mehr Französisch, das hatte sie »erfolgreich vergessen«, wie Vati sagte.
Bernadette hatte hier auf der Insel mehrere Filme gedreht und sie entwickeln lassen. Nun bekamen wir auch uns selbst zu sehen, und Rufe der Begeisterung, des Entsetzens und der Überraschung klangen durchs Zimmer.
»Deine Familie sieht reizend aus, Bernadette«, sagte ich nach der Vorführung. »Die im Wallis, meine ich.«
»Sie ist auch reizend, obwohl sie zur Zeit todbeleidigt ist«, lachte Bernadette. »Sie wollten ja Lillepus und mich im Wallis haben. Als ich dann schrieb, der Arzt hätte Lillepus Nordseeluft verordnet, haben sie sich über die deutschen Kinderärzte in einer Art geäußert, die ihnen einen dicken Beleidigungsprozeß einbringen würde, wenn der Ärztebund davon wüßte!«
Marion betrachtete mit gerunzelter Stirn den Projektor. »Er hat ja acht Millimeter«, sagte sie. »Ich dachte, ein Berufskameramann filmt immer mit sechzehn Millimeter oder breiter.«
»Du liebe Zeit! Sie denken doch nicht, daß ich diese Filme gedreht habe? Dann wäre ich ja ein schöner Kameramann! Das alles ist die Hausarbeit meiner Frau! Sie hat meine alte kleine Kamera geerbt und schießt munter damit drauflos. Sie filmt gegen das Licht und vergißt, den Abstand richtig einzustellen, sie verbraucht kilometerweise Film, der im Mülleimer landet. Aua! Laß meine Haare, du Biest!« Bernadette hielt seinen blonden Schopf fest. »So, nun raus mit der Wahrheit, ein bißchen dalli, bitte!«
»Aua! Ja also: So war es anfangs, wollte ich sagen. Jetzt hat sie viel gelernt, das süße Ding. Nun laß endlich los, Bernadette!« Er wandte sich wieder an Marion.
»Natürlich haben Sie recht. Wenn ich meine Fernsehfilme und Naturfilme drehe, dann.«
»Oh! Kommen Ihre Filme manchmal im Fernsehen?«
»Ja, ab und zu. Bis jetzt am meisten Alpenfilme.«
»Haben Sie vielleicht den Alpenfilm mit den aufblühenden Alpenrosen gemacht? Und mit einem Wurf spielender Hermelinj ungen?«
»Und ob!« riefen Asbjörn Grather und seine Frau gleichzeitig. »Und ob! Als die letzte Aufnahme von den Alpenrosen erledigt war, wissen Sie, was wir dann machten?«
Wir sahen ihn fragend an.
»Wir verlobten uns!« sagte Bernadette, und ihr Gesicht war ein einziges Lächeln.
Die Tage rannten nur so dahin, und eines Morgens war der Abreisetag da. Bernadette fuhr ihren Mann zum Schiff und kam mit verdächtig roten Augen nach Hause.
»Ist das ein Beruf!« seufzte sie. »Kaum freut man sich, ihn hierzuhaben, reist er schon wieder weg! Und immer im Flugzeug! Ich komme gar nicht aus der Angst heraus!«
»Wem sagst du das!« flüsterte ich ihr zu. »Komm, Bernadette, halten wir gemeinsam die Daumen!«
»Und beten, daß sich alle guten Mächte um das Flugzeug nach Kairo kümmern«, sagte Bernadette mit einem kleinen Lächeln. Denn auf Platz Nummer 18 im Flugzeug befand sich der Mensch, der für Bernadette alles auf der Welt bedeutete, und am Steuerknüppel einer, der in meinem Leben die gleiche Rolle spielte.
Unser Leben kehrte in den Alltagsrhythmus zurück. Wir waren auf einander abgestimmt, kannten uns und mochten uns leiden. Das Leben ging weiter, und nicht einmal Marion bedeutete eine Sensation. Sie war wieder schweigsam, tat pünktlich ihre Arbeit. Sie wechselte sich mit uns anderen ab beim Abwaschen, bei den Besorgungen und beim Saubermachen.
Bernadette saß oft an der Nähmaschine. Sie änderte meinen Mantel um und half Ellen mit einem Kleid. Es war inzwischen jedem klargeworden, daß Ellen »Interessen außerhalb des Hauses« hatte, wie Vati sich ausdrückte, und diese Interessen brachten es mit sich, daß sie sich um ihre Garderobe und überhaupt um ihr Aussehen sehr kümmerte.
Bernadette runzelte die Stirn, tief versunken in ein anscheinend unlösbares Problem.
»Das ist doch eine Schnapsidee von Ellen!« sagte sie, halb ärgerlich, halb lächelnd. »Ich möchte bloß wissen, woher ich den Stoff für einen Volant um den ganzen Ausschnitt nehmen soll!«
Marion war gerade beim Staubwischen. Sie legte den Lappen weg und ging zu Bernadette.
»Nimm den Gürtel«, sagte sie. »Wenn du den auftrennst, ist er doch ziemlich breit. Dann kannst du schräge Streifen daraus schneiden. Den Gürtel kann sie entbehren, sie hat bestimmt genug Ledergürtel.«
»Marion, du bist ein Genie!« rief Bernadette. »Nähst du deine Kleider auch selbst?«
»Nee«, sagte Marion und nahm wieder
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