Brausepulver für den Papst
Widerstand zwecklos war. Seufzend ergab er sich in sein Schicksal. Was war nur los mit der Welt, dass ein Mann, der sich für Folteropfer und Regenpfeifer einsetzte, zweimal hintereinander verhaftet wurde?
Als Justin an Raymond vorbeigeführt wurde, sah der ihn nur kühl an. »Mit dir hat man nichts als Ärger, Justin. Gib mir das Manuskript. Ich werde deinen Vortrag selbst fortsetzen.«
Justin warf ihm die Blätter vor die Füße. »Hast du nichts anderes im Kopf als den blöden Vortrag, wenn ich vor deinen Augen verhaftet werde?«, rief er empört. »Ich habe keine Freunde mehr, überhaupt keine. Dabei bin ich ganz unschuldig! Hinter dieser Sache steckt bestimmt wieder Midian.«
Raymond St. Jones hob indigniert eine Braue. »Eben mit diesem dunklen Menschen hat der ganze Ärger angefangen. Du suchst dir die falschen Freunde aus, Justin. Ich bin nach wie vor dein Freund, aber du kannst nicht erwarten, dass ich meine Kreise vor den Kopf stoße, indem ich mich mit einem verantwortungslosen Abenteurer abgebe. Wenn die Sache, in die du hier hineingeschlittert bist, wieder im Lot ist, sehen wir uns auf meinem Landsitz in Middlesex. So long, Justin.«
»Ich bin britischer Staatsbürger!«, schrie Justin. »Ich will sofort mit meinem Konsul zu sprechen!«
»Beruhigen Sie sich.« Die Polizisten zerrten ihn unerbittlich weiter. »Bald dürfen Sie sprechen, soviel Sie wollen.«
Justin bekam weiche Knie. Ihm schwante Schlimmes. Er sah die Polizisten an. »Züchten Sie hier etwa auch Hirschhornkäfer?«
***
Maurice Castellane hatte sich in das abgedunkelte Schlafzimmer seiner Pariser Wohnung zurückgezogen, um etwas zu ruhen. Die letzten Wochen waren sehr anstrengend für ihn gewesen. Das Leben zeigte sich nicht von seiner besten Seite, seit Gertrud nicht mehr bei ihm weilte. Da betrat sein Diener Peer auf Zehenspitzen den Raum. Unschlüssig blieb er am Fußende des Bettes stehen.
»Darf ich stören, Monsieur Maurice? Ein Fax aus Berlin.«
»Ist es wichtig?«
»Es ist von diesem Midian.«
»Dann ist es wichtig.«
Maurice seufzte und erhob sich schwerfällig. Er hatte schon eine halbe Stunde wach gelegen und keinen Schlaf gefunden. Gertrud fehlte ihm sehr. Ohne ihre sanfte Schläfen- und Brustmassage konnte er seine Gedanken nicht zur Ruhe bringen. Natürlich half Peer ihm manchmal, aber er war immer gleich so aufdringlich, geradezu ekelerregend lüstern, besonders, wenn seine Finger um den empfindlichen Bauchnabel kreisten, zumal Maurice ahnte, dass sie dort nicht bleiben wollten.
Das erinnerte ihn daran, dass er nach diesem Fax vielleicht etwas Stärkung benötigen würde. Vorsichtshalber sorgte er dafür, dass sich sein Fläschchen und das Seidenkissen in unmittelbarer Nähe befanden. Dann zog er den dicken Samtvorhang von den Fenstern und hielt das Fax ans Licht.
»Nun auch noch der Vatikan«, murmelte er. »Dieser Midian lässt kein Fettnäpfchen aus. Aber das sind mir die liebsten Kunden, denn ihre Honorare können sich sehen lassen. Mal sehen … Vatikan? Hm, eine halbe Million muss er mir dafür zahlen. Eine Privataudienz beim Papst ist schließlich kein Essen bei der Schwiegermutter. Für mich allerdings eine Sache von fünf Minuten.«
Dann erstarrte er. Seine Hand, die das Fax hielt, begann leicht zu zittern. »Er weiß es also«, murmelte er. »Dieser Mensch wagt es, in das Geheimnis einzudringen, das ich mit Mutter teile. Nun, es ist nicht zu ändern, und alles hat seinen Preis. Wenigstens muss ich über diese Distanz sein höhnisches Grinsen nicht ertragen. Peer!«
»Ärger, Monsieur Maurice?«
»Nein. Monsieur Midian hat mir nur Grüße von Gertrud bestellen lassen.«
»Sie lebt also?« Peers Frage klang alles andere als begeistert. Etwas lahm fügte er hinzu: »Warum lassen Sie eigentlich keine Nachforschungen nach Ihrer Gattin anstellen, Monsieur Maurice?«
»Ich will dir sagen, was ich denke, Peer. Aber vorher gib mir bitte meinen Morgenmantel. Danke.« Umständlich schlüpfte Maurice in das seidene Kleidungsstück und band den Gürtel zu, bevor er fortfuhr: »Irgendwie hat dieser Midian seine Finger im Spiel, aber das werde ich niemals beweisen können. Gertrud ist in einem Harem verschwunden, da bin ich ganz sicher. Ich werde sie nicht wiedersehen. Welcher Scheich möchte schon auf ihren wohltuenden Beistand verzichten?«
Maurice streckte den Arm aus. »Bringe mich auf die Terrasse, Peer. Dort habe ich oft mit ihr gesessen. Ich will ihrer zehn Minuten gedenken. Ach ja, und schicke ein Fax
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