Braut der Nacht
Konnte mich nicht von ihm wegstoßen. Es war zu spät. Meine Haut stülpte sich um, als meine Muskeln sich neu anordneten und meine Knochen aus den Gelenken sprangen. Ich schrie wimmernd auf. Als Antwort kam ein Heulen– ein Heulen, das zu einem heiseren menschlichen Schrei wurde.
Meine Verwandlung zwingt Steven dazu, sich ebenfalls zu verwandeln.
Es war der letzte Gedanke, den ich hatte. Dann glitt ich in die Phase der Verwandlung, in der es kein Hören, kein Sehen, kein Denken gab. Nur Schmerz.
Schließlich war es vorbei.
Meine Haut schloss sich um mich, und mein Kleid erschien wieder. Ich blickte an mir hinunter. Ich war wieder in menschlicher Gestalt. Ich hatte mich nicht verwandelt. Nun, meine Krallen sind verschwunden, aber … Ich war nicht zu meiner zweiten Gestalt, einer gescheckten Hauskatze geworden, ich hatte nicht einmal meine Zwischengestalt erreicht. Es hatte keine Verwandlung gegeben.
Aber ich hatte auch kein Gift mehr in mir. Ich konnte es noch auf dem Steinboden riechen, aber meine Nicht-Verwandlung hatte meinen Körper davon befreit.
Mühsam entwirrte ich meine Beine aus denen von Steven und rappelte mich hoch. Er hatte ebenfalls wieder vollständig seine menschliche Gestalt. Meine Verwandlung hatte ihn mit sich gerissen und seinen Wolfskörper innerhalb von Sekunden auseinandergenommen und neu geformt. Nun war er nackt und wieder heil nach seinem Kontakt mit dem Silber. Na ja, zumindest sein Körper ist heil .
Sobald ich aufgestanden war, rollte er sich zusammen und umschlang seine Knie, die er an die Brust gezogen hatte. Er hatte die Augen fest zugekniffen, dennoch kullerten Tränen unter seinen Lidern hervor. Um uns herum lagen die Überreste der Vampire, die Steven in Stücke gerissen hatte. Blut tränkte mein Kleid und Stevens Haar. Er gab leise, qualvolle Laute von sich– eine Qual, die nichts mit seinem Körper zu tun hatte.
Ich wandte mich ab. Ich konnte mich jetzt noch nicht mit ihm befassen.
Freund und Feind gleichermaßen starrten mich an, als wäre mir gerade ein zweiter Kopf gewachsen– oder als hätte ich meinen Körper neu geformt. Ich richtete den Blick auf Elizabeth.
»Du hast eins meiner neun Leben verschwendet«, sagte ich und lächelte. »Jetzt bin ich dran. Wie viele Leben hast du?«
Elizabeths Augen weiteten sich, bis die hellblaue Iris in einem Meer aus Weiß trieb. Nicht dass ich gewusst hätte, wie ich meine Drohung untermauern sollte. Meine Krallen waren verschwunden, und ich zitterte. Nicht nur vor Kälte, sondern vor Hunger – meine missglückte Verwandlung hatte mich viel Energie gekostet.
»Aaric, reise zu uns«, hallte Nathanials Stimme durch den Raum.
Der geruchlose Schatten des Riesen erschien vor Nathanial.
»Du hast mich gerufen, Eremit?«, fragte er, bevor er vollständig feste Gestalt annahm. Dann sah er sich um, und die mächtige Kinnlade fiel ihm herunter. »Was ist das? Was ist geschehen?« Er versteifte sich, und sein Blick schien zu Eis zu werden. »Nein. Marina?«
Ich drehte mich um und folgte seinem Blick direkt zum Kopf der Sammlerin. Marina.
Der Reisende fuhr zu Nathanial herum und ballte die großen Hände zu Fäusten. »Was ist passiert?«
»Deine Gefährtin ist passiert.« Nathanial wies mit einem Nicken auf Elizabeth.
Sie blinzelte erschrocken und sah den Reisenden an, bevor sie heftig den Kopf schüttelte. »Nein. Nein, Aaric. Er lügt. Sieh selbst.«
Sie streckte ihm den Arm hin und schien zu spät zu erkennen, dass sie immer noch den Dolch umklammert hielt.
»Das ist das Blut der Sammlerin«, sagte ich. »Das auf ihrem Kleid auch.«
Elizabeth ließ den Dolch los, der klappernd zu Boden fiel. »Nein. Ich… ich…« Sie spitzte die Lippen. Dann sanken ihre Hände kraftlos nach unten. »Es ist wahr. Aber ich habe es für dich getan. Nur für dich. Du bist jetzt von ihr befreit. Wir alle sind es.«
Der Reisende sah sich im Zimmer um, und Falten traten um seine Augenwinkel, als er das Blut und die verkrümmten Leichen erfasste. Dann wandte er sich wieder zu Elizabeth um.
»Meine Gefährtin«, flüsterte er. Er breitete die Arme aus, und sie eilte zu ihm. Zart nahm er ihr Gesicht in die Hände und streichelte ihr über die Wangen. »Meine liebreizende, sanfte Gefährtin.«
Er küsste sie auf die Lippen, ein zärtlicher Kuss, und ich wandte den Blick ab. Das ist es jetzt? Sie ist jetzt eine Heldin? Meine Eingeweide krampften sich zusammen.
Da bemerkte ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Ich sah auf, als das Geräusch
Weitere Kostenlose Bücher