Braut der Nacht
ich die Haustür hinter mir zuschlug.
Niemand antwortete, aber im Gang vernahm ich dumpfe Schritte– Schritte, die viel zu schwer waren, um zu einem Luchs zu gehören. Ich zuckte zusammen, als die doppelten Schwingtüren aufschwangen und Nathanials Neufundländer in die Küche trottete.
»Sitz, Regan!«
Der riesige Hund legte nur den Kopf schief. Er umrundete den großen Tisch, der den ganzen Raum beherrschte, und schnüffelte witternd mit seiner schwarzen Nase, während er näher kam. Ich drückte mich flach mit dem Rücken an die Wand und tastete nach dem Türknauf.
»Regan, bleib!« Ich schälte meine freie Hand von der Wand und versuchte, die Geste zu imitieren, mit der Nathanial die Bestie im Zaum hielt.
Regan achtete nicht darauf.
Er machte einen weiteren Schritt nach vorn. Phantomschmerz zuckte durch meinen Körper, auf den Spuren alter Narben von einem Angriff, den ich als Kind nur knapp überlebt hatte. Es war ein bösartiger Wolf gewesen, der mich angegriffen hatte, kein Hund, aber Hunde gehörten ebenfalls zu den Kaniden und waren Wölfen ähnlich genug, um mir ein mulmiges Gefühl zu geben.
Schnuppernd hob der Hund die große Schnauze, und ich schob mich seitwärts an der Wand entlang. Okay, vielleicht mehr als nur »mulmig«.
Regan blieb stehen und stellte die Schlappohren auf, als höre er etwas. Dann wandte er den Kopf zur Tür, ließ die Ohren fallen und sträubte das Nackenfell.
»Braaaver Hund«, flüsterte ich.
Regan zog die Lefzen zu einem stummen Knurren zurück, doch er sah mich dabei nicht an. Sein Blick war auf die Tür geheftet. Ein lautes Ding-Dong durchschnitt die Luft.
Erschrocken fuhr ich zusammen. Die Türglocke? Ich hatte nicht einmal gewusst, dass Nathanial eine Türglocke hatte. Und wer würde ihn hier draußen mitten im Nirgendwo besuchen?
Die Glocke bimmelte erneut.
»Lass uns rein, Kleine«, ertönte eine tiefe weibliche Stimme mit starkem Akzent aus einer Kehle, die es eindeutig eher gewohnt war, eine härtere Sprache zu artikulieren, Deutsch vielleicht.
Oh, der Abend wurde einfach immer besser! Ich kannte diese Stimme. Sie gehörte Anaya, der Vollstreckerin des Vampirrats. Und obwohl ich ihn nicht hören konnte, ging ich jede Wette ein, dass ihr Gefährte Clive bei ihr war. Ich war dem Vollstrecker-Pärchen bisher erst ein einziges Mal begegnet, aber damals hatten die beiden mich mit Freuden meinem, wie sie glaubten, endgültigen Tod ausgeliefert. Ich bezweifelte, dass wir Freunde werden würden.
»Ihr werdet später wiederkommen müssen. Nathanial ist nicht hier!«
»Öffne die Tür!« Diesmal war die Stimme knapp und männlich. Eindeutig Clive.
Regan schien der Tonfall des Vampirs ebenfalls nicht zu gefallen, denn sein verhaltenes Knurren wurde zunehmend weniger verhalten.
Bei dem Klang ballte ich die Hände zu Fäusten, und meine Fangzähne wurden lang. Er knurrt nicht dich an, ermahnte ich mich und wiederholte den Satz innerlich wie ein Mantra. Das Mantra half nichts. Ein großer, knurrender Hund befand sich zwischen mir und der Tür. Sollte er sie doch haben.
Ich kroch an der Küchenwand entlang weiter von ihm fort. Regan verstummte, und wenn ich nicht so angestrengt gelauscht hätte, dann hätte ich das Knarren der hölzernen Stufen draußen nicht gehört.
Anaya und Clive gingen wieder? Einfach so?
Hechelnd sah Regan mich an und ließ dabei seine rosige Zunge seitlich aus dem offenen Maul hängen. Es war ein zufriedener Ausdruck, das wusste ich, dennoch lief mir beim Anblick all seiner großen weißen Zähne ein Schauer über den Rücken.
»Äh, warum bleibst du nicht einfach hier in der Küche, und ich gehe woanders hin?«, fragte ich den großen Hund.
Er betrachtete mich mit glänzenden schwarzen Augen, dann ließ er sich auf die Fliesen plumpsen.
Ich deute das mal als ein Ja.
Vorsichtig stieß ich mich von der Wand ab und schlich auf die Schwingtüren an der gegenüberliegenden Seite des Zimmers zu. Regan beobachtete jeden meiner zögerlichen Schritte. Ich war schon fast einen Meter an ihm vorbei, als ein lautes Krachen die Tür erzittern ließ.
Erschrocken machte ich einen Satz rückwärts und knallte gegen den riesigen Tisch. Regan sprang ebenfalls auf und stellte die Nackenhaare auf, dass sich sein langes Fell sträubte wie bei einem aufgeregten Stachelschwein.
»Ich glaube, du hast etwas verloren«, rief Anaya durch die Tür. Sie unterstrich diese Aussage mit dem Geräusch von etwas Hartem, das auf etwas Fleischiges traf.
Ein
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