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Braut der Nacht

Braut der Nacht

Titel: Braut der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kalayna Price
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schmerzhaftes Stöhnen drang durch die Tür. Ich hatte etwas verloren, das man verletzen konnte?
    O nein!
    Bobby!
    Ich vergaß den knurrenden Hund, schoss durchs Zimmer und riss die Tür auf. Vor mir stand Anaya, immer noch in dem Kostüm, das sie auf der Party getragen haben musste– es sei denn, sie kleidete sich normalerweise immer wie ein Schankmädchen aus dem achtzehnten Jahrhundert, mit einem Rock, der für diese Epoche viel zu kurz war. Hinter ihr sah ich Clive, als Napoleon verkleidet– passend angesichts seiner Körpergröße–, doch anstatt die rechte Hand in seiner Uniform zu verstecken, umklammerte er damit Bobbys Handgelenke, die wieder menschlich waren. Die andere Hand hatte er in Bobbys schulterlangen, lohfarbenen Haaren vergraben, um ihm den Kopf in den Nacken zu ziehen und seine nackte Kehle zu entblößen.
    Ich umklammerte den Türrahmen so fest, dass meine Fingerknöchel weiß hervortraten. »Lass ihn los!«
    »Lass uns rein«, konterte Anaya. Ich trat einen Schritt zur Seite und wies mit einem Wink auf den nun freien Eingang. Sie schüttelte den Kopf. »Du vergisst die Worte, Kind.«
    Richtig, Vampire mussten hereingebeten werden, wenn sie zum ersten Mal eine Wohnung besuchten. Was bedeutete, dass Nathanial sie noch nie hereingelassen hat. Mein Zögern dauerte nur einen winzigen Augenblick, nur lange genug, um darüber nachzudenken, dass die Einladung nicht zurückgenommen werden konnte, sobald ich ihnen erlaubte, Nathanials Zuhause zu betreten. Dann neigte Clive Bobbys Kopf in einem stärkeren Winkel. Der untersetzte Vampir beugte sich vor, und seine Fangzähne zielten auf Bobbys Hals.
    »Kommt rein, verdammt«, sagte ich. »Kommt rein.«
    Ein breites Krokodilslächeln kroch über Anayas Gesicht. Als sie über die Schwelle trat, hielt sie ihrem Gefährten die Hand hin, worauf dieser Bobby losließ. Ich schlüpfte hinaus, während sich die beiden Vollstrecker in der Küche umsahen.
    »Bist du okay?«, flüsterte ich und streckte die Hand aus, um Bobby auf die Beine zu helfen.
    Er nahm meine angebotene Hand an, aber nur als Geste, ohne sich auf mich zu stützen, während er sich steifbeinig erhob. Er trug nur seine Jeans, und die nicht einmal ganz zugeknöpft. Keine Spur von seinem Hemd oder den Schuhen.
    Er rollte die Schultern, wich meinem Blick jedoch aus. »Tut mir leid«, meinte er schließlich, während er den Nacken kreisen ließ. »Sie haben mich überrumpelt, als ich mich gerade wieder anziehen wollte. Ich hatte sie nicht kommen hören. Sie sind stärker, als sie aussehen.«
    »War nicht deine Schuld.« Ich warf einen Blick nach drinnen. Regan war bis ganz zu den Schwingtüren zurückgewichen, doch das schien das Äußerste an Rückzug zu sein, wozu er bereit war. »Nun ja, die Vampire sind im Haus. Also würde ich sagen, wir bleiben hier draußen.«
    Ich scherzte– größtenteils–, aber Bobby runzelte die Stirn. Gänsehaut überzog seine breite Brust und Schultern. Verdammt, ich vergesse immer wieder, wie kalt es ist. Bobby musste am Erfrieren sein, wie er hier ohne Hemd im Schnee stand. Erst seit ein paar Wochen ein Vampir, und schon hielt ich es für selbstverständlich, dass Blut und nicht die Umgebungstemperatur dafür verantwortlich war, dass ich mich wohlfühlte. Aber Bobby war ein Shifter, kein Vampir, und Shifter kamen in menschlicher Gestalt nicht besonders gut mit Kälte zurecht.
    Nun, irgendwann muss ich mich den Vollstreckern ja stellen. Ich trat hinein, aber nicht weit. Regan knurrte immer noch.
    Anaya drehte sich zu mir um. »Ruf deinen Hund zurück.«
    »Äh, Regan, aus…«
    Der Hund machte nicht einmal Anstalten zu verstummen.
    Bobby schnippte mit den Fingern und zeigte auf den Hund. »Platz!«
    Regan sah ihn an, dann legte er sich winselnd erst mit der vorderen und dann auch mit seiner hinteren Hälfte auf den Boden.
    Oh, also das war echt total unfair!
    Nun, da der Hund keine Bedrohung mehr darstellte, rauschte Anaya durch die Schwingtüren, die zum Rest des Hauses führten. Clive blieb in der Küche zurück. An die Küchenzeile gelehnt verschränkte er die Arme vor der Brust und behielt Bobby und mich im Auge.
    »Ziemlich anheimelnd, nicht wahr?« Mit dem Kinn deutete er auf die Küche mit ihrem großen Tisch aus Birkenholz, dem Erkerfenster und der Reihe aus einfachen Küchenschränken. Sein Tonfall war nicht schmeichelhaft.
    Ich machte mir nicht die Mühe, ihm zu antworten, sondern wippte unruhig auf den Fersen. Es juckte mich in den Füßen, mich zu bewegen.

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