Braut der Schatten
hingezogen, aber ich bin doch bestenfalls eine …
Dreingabe
.«
»Eine Dreingabe? Interessiert dich denn wirklich, was sie denken?« Sie schnalzte mit der Zunge und musterte ihre künstlichen Klauen. »Du solltest deinen Paten für diese Gelegenheit danken. Schließlich hast du selbst uns gesagt, dass du dich sicher fühlen möchtest. Für Raums archaisches Hirn war das gleichbedeutend mit einem Wunsch nach einem Beschützer. Jedenfalls geschieht dies alles nur zu deinem eigenen Besten. Oder hast du jene Nacht vergessen?«
»Als ob ich das jemals könnte.«
Als ob ihr das je zulassen würdet.
Die Erniedrigung vor dem gesamten Hofstaat, ihre feigen Schreie, die aus dem Turm hinabschallten, als sie ihre Knochen richten mussten.
»Erinnerst du dich noch, was du mir sagtest, als wir deine Rippen wieder in deinen Oberkörper zurückschoben?«
Bettina hätte sich beinahe übergeben. »Ich erinnere mich.« Sie hätte ihnen
alles
versprochen.
»Jeder in diesem Königreich hörte dich kreischen wie eine Banshee«, fuhr Morgana fort. »Dann kam ich und erlöste dich von deinen Qualen.«
Gleich, nachdem Morgana sie mit einer in Gift getauchten Metallklaue gekratzt hatte, war die Welt um sie herum in gnädigem Schwarz versunken – zum Glück.
Ehe sie von einer Panikattacke überwältigt werden konnte, eilte Bettina auf den Balkon hinaus und atmete tief die Abendluft ein. Dabei suchte sie den Himmel über sich ab, denn ein Teil von ihr erwartete, jeden Moment das Rauschen großer Schwingen zu hören. Wenn sie nicht einmal dem Barrierezauber trauen konnte …
Gerade als sie vom Balkon zurückkehren wollte, gesellte sich Morgana zu ihr. »Du fürchtest immer noch, dass sie herkommen, um dich zu holen?«
»Gelegentlich.«
Ständig.
»Das ist irrational. Noch nie ist ein Vrekener in Abaddon gewesen. Warum sollten sie dich verfolgen?«
»Vrekener hören niemals auf, ihre Beute zu jagen.« Ja, sie war einmal die Maus unter den Klauen eines Habichts gewesen, und sie war ihnen entkommen. Aber sie wusste, dass der Habicht nicht eher ruhen würde, bis er seine Beute gefangen hatte.
»Wie sollten sie denn überhaupt auf diese Ebene gelangen?«, fragte Morgana. »Sie können sich weder translozieren, noch sind sie imstande, Portale zu erschaffen. Sie können nicht herkommen, egal wie sehr sie sich auch anstrengen.«
Das weiß ich.
»Es gab Gerüchte, dass die Ältesten des Vrekener-Clans geschworen haben, das Morden nach Eleara einzustellen«, sagte Morgana in unergründlichem Tonfall. »Hast du mir nicht erzählt, dass es sich bei deinen Angreifern um eine Splittergruppe handelte, die sich nicht an ihre Befehle hielten?«
Bettina sah auf ihre zitternden Hände hinab. »Das dachte ich jedenfalls.« Obwohl Vrekener alkoholische Getränke verachteten, waren ihre vier Angreifer betrunken gewesen, und ihre Gewalt schien gegen sie persönlich gerichtet gewesen zu sein.
Wir haben dich beobachtet, Prinzessin.
»Ich bin aber nicht sicher.«
»Vielleicht wirst du dich besser fühlen, wenn Raum sie endlich eliminiert hat.«
Im Gegenzug für Bettinas Zustimmung zu dem Turnier hatten ihre Paten ihr einige Dinge versprochen. Raum wollte einen Dämonentrupp aussenden, um Bettinas geflügelte Angreifer im Verborgenen zu jagen und auszulöschen. Bis jetzt schienen diese Vrekener allerdings unauffindbar zu sein. Morgana wollte Bettinas Fähigkeit aufspüren und ihr zurückerstatten. Die Sorcera hatte sich jedoch bisher noch nicht dazu geäußert, ob sie sie schon gefunden hatte oder nicht.
»Ich werde mich erst wieder sicher fühlen, wenn ich meine Fähigkeit zurückhabe.« Bettina war einmal eine Königin gewesen; nicht die Königin eines Landes, sondern eine mystische Königin. Bei den Sorceri galt jemand als Königin, wenn sie ein Element oder eine Kraft besser als alle anderen beherrschte. Sie war die Königin der Herzen gewesen …
»Das hat beim ersten Mal allerdings auch nicht geholfen.«
»Nein. Aber ich würde lernen, sie besser zu beherrschen, würde mehr üben. Hast du sie schon gefunden?«
Morgana hob mit rätselhafter Miene eine blonde Braue. »Mach dir keine Sorgen. Du wirst sie wieder besitzen, bevor du heiratest.«
Bettina seufzte und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Regenwald vor der Stadt. Irgendwo zwischen diesen riesigen Mondbäumen, umschlossen von Ranken, lag ihr Geheimversteck – früher einmal ihr Lieblingsort in Rune. Doch seit dem Angriff hatte sie jeden Ort vermieden, an dem sich Bäume
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