Braut der Schatten
von ihnen abprallte, als wären sie aus Stein.
Der Horde-Vampir starrte Trehan an und versuchte zweifellos, das Ausmaß seiner Kraft einzuschätzen. Er würde davon ausgehen, dass Trehan einer der ihm kräftemäßig unterlegenen Devianten war, ein gewandelter Mensch.
Aber dieser tobende Lykae konnte sich jetzt schon kaum beherrschen und hätte den rotäugigen Vampir am liebsten auf der Stelle angegriffen. Ob Trehan sich darauf verlassen konnte, dass er diesen Horde-Lord lange genug beschäftigen würde?
Und die Cerunnos? Trehan hatte sie früher schon gejagt und im Kampf beobachtet. Er wusste, wie sie die Aufmerksamkeit ihrer Gegner mit Schwertangriffen fesselten, während ihre langen Schwänze sich von hinten heranschlichen …
Als Raum zurückkehrte, offenbar nach einem Streit mit Morgana, gab er den Wachen das Zeichen, das gewaltige eiserne Tor zu schließen. Die Muskeln der anderen Teilnehmer standen unter Hochspannung, während Trehans ganz entspannt waren.
Ich habe mich mein ganzes Leben lang auf dieses Turnier vorbereitet, auch wenn ich es nicht wusste …
Er spürte eine Vibration unter seinen Füßen. Dann noch eine. Schritte. Etwas kam näher, etwas mit enormer Masse. Ein letzter Konkurrent?
Kurz bevor sich das Tor vollständig schloss, trat ein Wesen aus dem Nebel und in den Ring.
Trehan hob die Brauen, als er den Kopf hob – und noch weiter hob …
Was tut man nicht alles für seine Braut.
14
»Was – ist – das?«, murmelte Bettina, als ein riesiges dämonenartiges Ungetüm den Ring betrat.
Es war sicherlich über drei Meter groß, und seine Haut sah warzenbedeckt aus wie bei einer Kröte. Es besaß nicht ein, nicht zwei, sondern drei Paar schleimige Hörner. Ein Paar spross ihm direkt aus der Stirn und war ebenso gelb wie seine geschlitzten Augen. Zwei weitere wuchsen ihm aus den muskulösen Schultern, das dritte Paar ragte aus den Ellbogen hervor.
In der unteren Zahnreihe besaß es beeindruckende Reißzähne, und fleckige Stoßzähne wuchsen ihm am Kinn nach unten, wie ein knochiger, marmorierter Bart. Lange Ketten verliefen kreuz und quer über seine ansonsten nackte Brust und hielten wie höllische Hosenträger eine spärliche Tunika zusammen.
Bei jedem Schritt bebte der Boden aus gestampftem Lehm unter seinen Stiefeln.
Raum stieß einen Fluch aus. »Goürlav.«
In der Menge wurde getuschelt und gemurmelt.
»Das ist der Vater allen Schreckens.«
»Das ist ein Prädämon, ein Primordial.«
»Wenn ein Tropfen seines Blutes auf die Erde trifft, entsteht sogleich ein Ungeheuer daraus.«
Raum wirkte außer sich vor Wut. »Diesmal stimmen die Gerüchte«, sagte er.
»Ich verstehe nicht. Was passiert denn jetzt?«
»Wenn jemand eine seiner Adern auch nur ankratzt, wird er grässliche neue Kreaturen hervorbringen, die sogenannten Kinder des Schreckens, die nur eines im Sinn haben: Sie löschen jeden aus, der ihrem ›Vater‹ etwas antun will.«
Cas war in diesem Käfig gefangen – zusammen mit diesem albtraumhaften Wesen? »Können wir den Primordial nicht rauswerfen? Warum war er nicht bei dem Teilnehmerumzug dabei?«
»Das war doch nur eine Formalität. Jemand muss einen Stellvertretervertrag unterschrieben haben, um ihn zum Turnier anzumelden. Es gibt keine Möglichkeit, ihn auszuschließen, keinem Mythenweltbewohner kann die Teilnahme verwehrt werden.«
Raum legte die Stirn in Falten, was in Bettina ein eisiges Gefühl des Unbehagens auslöste. Dies war das erste Mal seit Beginn des Turniers, dass seine Miene Bedauern zum Ausdruck brachte.
Er war immer so felsenfest davon überzeugt gewesen, dass dies der richtige Weg wäre – gut für den Handel, »gut, um anderen Mythianern zu zeigen, dass wir ein freies und offenes Königreich sind«. Er hatte Bettinas Bedenken – sowie die Bedenken seiner eigenen Leute – zurückgewiesen. Sie hatte gehört, wie er seinen Freunden wiederholt versichert hatte, dass sich am Ende auf jeden Fall ein Dämon durchsetzen würde.
Sicherlich hatte er dabei niemals einen Dämon der primordialen Art im Sinn gehabt.
Als sich das Tor mit lautem Krachen hinter Goürlav schloss, verkrampfte sich Bettinas Magen. Überall lauerten Gefahren für Cas. Im Laufe ihrer gemeinsamen Jahre war er ihr Rettungsanker gewesen, ihr Mentor, Ratgeber und Beschützer. Jetzt wünschte Bettina, sie wäre in der Lage,
ihn
zu beschützen.
Aber sie konnte es nicht. In ihren Handflächen kochte kein bernsteinfarbenes Licht, keine zerstörerische Zauberkraft.
Sie rief
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