Braut wider Willen
überragt von der unverkennbaren Gestalt Cato Granvilles auf seinem Braunen.
Phoebe schlug ihr Herz bis zum Hals. Er war barhäuptig, der Wind zauste sein kurz geschnittenes Haar. Wie immer trug er Schwarz, bis auf die makellos weiße Halsbinde. Und wie es ihm stand! Es passte zu der kerzengeraden Befehlshaltung des Soldaten. Es ließ seine dunkelbraunen Augen fast schwarz aussehen und verlieh seinem gebräunten Teint einen Olivton.
Unwillkürlich ging sie langsamer, als sie sich näherte. Trotz der schlichten Kleidung verriet die Erscheinung des Marquis Vornehmheit.' Seine Handschuhe trugen Spitzenbesatz, seine Hände, die Gerte und Zügel hielten, ruhten auf dem Knauf seines Sattels aus geprägtem Leder. Seine Füße steckten in Stiefeln aus feinstem Rehleder. Unter den achtlos zurückgeschobenen Samtfalten des Umhangs, den große Silberknöpfe zierten, sah man das weiße Hemd mit den gefältelten Ärmeln, die spitzenbesetzte Halsbinde und die Scheide aus ziseliertem Silber, in der sein gebogener Kavalleriesäbel steckte.
Wie kann ein Mann nur so schön sein?, fragte Phoebe sich. War es seine Kraft, die sie anzog? War es die Aura der Macht, die ihre Knie weich werden ließ? Und wenn, warum? Warum erregte es ihre Lust, weil dem Mann die Welt zu Füßen lag?
Es war absurd! Unvorstellbar. Und doch war es eine Tatsache. Eine Tatsache, die durch die große Enttäuschung, die die Ehe ihr gebracht hatte, nicht geschmälert wurde.
Sie merkte, dass sie ohne Absicht an den Rand der Gruppe geraten war. Zugleich aber wurde ihr klar, dass sie von Cato nicht gesehen werden wollte. Wenn sie sich beeilte, würde sie vor ihm bei Tisch sein. Sie drehte sich um – einen Augenblick zu spät.
Cato, der in seiner Funktion als Friedensrichter die Einkerkerung eines Landstreichers in den Gemeindearrest überwachte, blickte zufällig auf, als Phoebe sich davonmachen wollte. Was, um alles auf der Welt, hatte sie hergeführt? Es schickte sich nicht für eine junge Frau in Phoebes Position, zu Fuß und allein herumzustreunen. Und bei der Bestrafung von Spitzbuben und Schurken hatte sie erst recht nichts zu suchen.
Er überließ es dem Büttel, darüber zu wachen, dass dem Gesetz Genüge getan wurde, wendete sein Pferd und ritt seiner Frau nach.
Phoebe hörte den gedämpften Hufschlag auf dem feuchten Gras. Ein Prickeln lief ihr Rückgrat entlang, ihre Kopfhaut zog sich zusammen, ob aus Erwartung oder Angst wusste sie nicht. Neuerdings konnte sie nicht unterscheiden, ob sie Catos Nähe herbeisehnte oder nicht. Sie blieb stehen und drehte sich um.
»Guten Morgen, Mylord«, begrüßte sie ihn mit ernster Förmlichkeit.
»Was treibst du hier draußen, Phoebe?« Cato zügelte sein Pferd und blickte fragend auf sie hinunter. Ihr Gesicht wies Schmutzstreifen auf, ihr Haar hatte große Ähnlichkeit mit einem Vogelnest. »Was ist dir denn widerfahren? Du siehst aus, als hätte man dich rücklings durch eine Hecke gezogen.«
»Ich grub Kohlköpfe aus«, erklärte Phoebe.
»Kohlköpfe? Sagtest du eben Kohlköpfe?«
Phoebe nickte. »Sie waren gegen den Frost in einer Grube gelagert, und jetzt möchte Granny Spruel sie in Essig einlegen, und deshalb grub ich sie aus.«
Cato starrte sie verdutzt an, da er sich auf das Gesagte keinen Reim machen konnte. Er beugte sich herunter und befahl brüsk: »Gib mir deine Hand und stell deinen Fuß auf meinen Stiefel.«
Phoebe sah ihn aus ihren großen, vergissmeinnichtblauen Augen an. Cato war betroffen von der Intensität der Farbe, während er ungeduldig wartete, dass sie gehorchte.
»Mylord, ich bitte um Entschuldigung«, sagte Phoebe nach kurzem Zögern. »Aber ich mag Pferde nicht. Sie machen mir Angst. Sie haben so große gelbe Zähne, und wenn ich im Sattel sitze, scheinen sie zu spüren, dass ich sie nicht beherrsche, und gehen mit mir durch.«
»Dieses Pferd wird nicht mit dir durchgehen«, erklärte Cato. »Und jetzt tu, was ich sage. Lady Granville kann sich nicht weigern zu reiten. Das wäre absurd.« Er schnalzte ungeduldig mit den behandschuhten Fingern.
Phoebe schluckte. Sie ergriff seine Hand und hob das Bein, um ihren Fuß auf seinen Stiefel zu stellen. Er war sehr hoch über ihr, und die Länge ihrer Beine ließ zu wünschen übrig. Anders als Diana, deren Beine bis unter die Achseln gereicht hatten, dachte Phoebe wehmütig, als sie es mit etwas Schwung endlich schaffte, ihren Fuß auf Catos Stiefelspitze zu setzen.
Cato zog sie hinauf, umfasste ihre Taille und setzte sie vor
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