Bravo, liebes Hausgespenst!
ohne zu übertreiben, von mir sagen, daß ich eine gutverdienende Frau bin! Und was hätte es schon für einen Sinn, sein ganzes Geld auf die hohe Kante legen zu wollen? Verlaßt euch drauf, ich werde mir mein Kämmerchen schon gemütlich einrichten.“
„Es ist kein Kämmerchen“, widersprach Monika, „sondern ein sehr schönes Zimmer.“
„Um so besser. Wenn euch meine Einrichtung später nicht mehr gefällt und ihr es luxuriöser haben wollt, dann könnt ihr sie einfach wieder zum Sperrmüll geben.“ Tante Elly lächelte beifallheischend, trennte eines der Waffelherzen ab und biß mit gutem Appetit hinein.
Die Schmidts schwiegen betreten.
„Hm, hm, sehr gut“, sagte Tante Elly, „tut ihr da Zitrone hinein?“
„Geriebene Zitronenschale.“ Monika nahm sich ein Herz. „Tante Elly, es gibt einen Grund, warum wir nicht möchten, daß du hier wohnst.“
„Ihr möchtet nicht? Höchst interessant.“ Tante Ellys blaue Augen begannen gefährlich zu glitzern. „Sprich dich nur aus!“ Monika holte tief Luft. „Weil es bei uns spukt.“
Tante Elly, die wieder in ihre Waffel beißen wollte, blieb der Mund offen. „Es spukt?“ wiederholte sie fassungslos.
„Ja“, bestätigte Monika, die inzwischen das Waffeleisen wieder neu gefüllt hatte.
Tante Elly brach in ein schallendes Gelächter aus. Sie lachte so sehr, daß sie sich verschluckte und Herr Schmidt ihr lange auf den Rücken klopfen mußte, bis sie wieder richtig atmen konnte. „Das ist der beste Witz, den ich je gehört habe“, brachte sie endlich, immer noch keuchend, hervor.
„Nein, es ist kein Witz, Elly“, stellte Herr Schmidt richtig, „leider nicht.“
„Max! Ich traue meinen Ohren nicht! Willst du mir etwa auch diesen Quatsch weismachen!“
„Aber es ist kein Quatsch, Tante Elly“, sagte jetzt Liane. „In unserem Haus spukt es. Das ist wirklich wahr.“
„Das könnt ihr mir doch nicht erzählen!“
„Monika hat das Gespenst sogar schon gesehen“, sagte Peter. „So? Hat sie das?“ Tante Elly sah Monika gar nicht mehr freundlich an. „Du siehst zwar aus wie eine kleine Hexe, aber das sag ich dir gleich: Bei mir kommst du mit deinen Gespenstergeschichten nicht an.“
„Du glaubst, ich hätte mir das Gespenst nur ausgedacht?“
„Genau das, mein Schatz! Wahrscheinlich hast du auch noch ein bißchen Tripp-Trapp nachts gemacht, Sessel gerückt und mit den Topfdeckeln geklappert und dich daran gefreut, daß es dir gelungen ist, deine ganze Familie in Angst und Schrecken zu versetzen.“
„Du tust Monika unrecht, Elly“, sagte Herr Schmidt. „Ich muß zugeben, anfangs hatten wir sie auch im Verdacht. Aber wenn du mal einen von Amadeus’ Streichen erlebt hättest...“
„Amadeus?!“
„Ja, so nennt sich das Gespenst. Übrigens kannst du es dir an-sehen. Siehst du da drüben das Ölgemälde?“
Tante Elly stand auf und ging hin. „Dieser komische Knabe hier? Ein schlechtes Bild.“
„Aber so ähnlich sieht er aus. Nur ist er natürlich durchsichtig.“
Tante Elly wandte sich zu Herrn Schmidt um. „Und woher weißt du das?“
„Moni hat es uns erzählt.“
Daraufhin sagte Tante Elly nichts mehr, aber sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse, die deutlich zeigte, was sie von Monikas Erzählungen hielt.
„Wir waren dabei, wie Amadeus die Kartoffeln die Kellertreppe hat hinaufhüpfen lassen!“ berichtete Peter mit Nachdruck.
„Monika auch?“
„Ja“
„Telekinese“, erklärte Tante Elly kurz und bündig.
„Was ist denn das?“
„So nennt man die Fähigkeit, über die gewisse Menschen verfügen.“ Tante Elly warf Monika einen schrägen Blick zu. „Besonders in der Pubertätszeit. Sie können Dinge durch eine noch ungeklärte geistige Kraft in Bewegung bringen.“
„Aber Monika ist noch gar nicht in der Pubertät“, sagte Herr Schmidt. „Sieh sie dir doch an. Sie ist ja überhaupt noch nicht entwickelt.“
„Na und? Ich habe gesagt meistens, das muß doch nicht immer sein. Ich gehe jede Wette ein... gebt Monika aus dem Haus, und der ganze Spuk hat ein Ende.“
Alle sahen sie an, als hätten sie nicht richtig gehört.
„Jetzt bist du aber entschieden zu weit gegangen“, sagte Herr Schmidt endlich.
„Tut mir leid, ich bin nun mal ein sehr aufrichtiger Mensch“, entgegnete Tante Elly schnippisch, „ich sage, wie ich’s meine. Aufs Lügen und Beschönigen verstehe ich mich nicht.“
In diesem Augenblick fing das Ölgemälde, das angeblich Amadeus darstellte, sichtlich zu wackeln
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