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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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allerlei Mysterien ranken. Der Schin Bet, heißt es, habe dort feuchtkalte Räumlichkeiten bezogen, um renitente Palästinenser weichzukochen, und tatsächlich schimmelt Burhan ein paar Tage in solch einem lichtlosen Loch vor sich hin.
    Dann wird er in ein Büro geführt.
    In dem Büro sitzt Ricardo Perlman.
    »Wer Waffen kaufen will«, erklärt er Burhan, »sollte das nicht am Telefon regeln. Wir telefonieren nämlich auch gerne. Du machst dir keine Vorstellung, was man da zu hören bekommt.«
    Burhan mauert.
    »Wollen wir uns unterhalten?«, fragt Perlman.
    »Nein.«
    Schon sitzt er wieder im Loch.
    Nächstes Mal gibt Burhan immer noch den Coolen, hört aber wenigstens zu, also bringt Perlman ihm die israelische Sicht der Dinge nahe. Schon jetzt erlaubt ihm seine Menschenkenntnis, Burhan einzuschätzen, und er sieht, dass von ihm kaum echte Gefahr ausgeht. Da sitzt einfach nur ein netter Junge, der schon zu viel Schlimmes hat erleben müssen, getrieben von Widerstandsromantik, vor allem aber von der zehrenden Sorge um seine Familie.
    »Wir können dich wegen versuchten Waffenkaufs problemlos ein paar Jahre verschwinden lassen«, sagt Perlman. »Es liegt bei dir. Überleg dir, auf wessen Seite du stehen willst.«
    Burhan kräuselt die Lippen. »Ganz bestimmt nicht auf eurer.«
    »Es gibt noch eine andere Seite als die israelische oder palästinensische.«
    »Welche denn?«
    »Die Seite des Friedens.«
    »Pah.«
    »Der Verständigung. Der Zukunft.«
    »Ich soll meine Leute verraten?«
    »Du sollst helfen, Anschläge auf mein Land zu verhindern.«
    Burhan verschränkt die Arme und schweigt.
    Perlman lässt eine längere Pause verstreichen, dann sagt er: »Weißt du was? Ich verstehe dich, Burhan.«
    »Tun Sie nicht.«
    »Doch, im Ernst. Aber verstehst du auch die Menschen in Israel, deren Freunde, Kinder und Eltern von euren Bomben in Stücke gerissen werden? Begreifst du, dass Leid etwas ist, das Menschen über alle Nationen, Ideologien und Glaubensrichtungen hinweg auf furchtbare Weise eint? Ich habe mich über deine Familie informiert, Junge. Gute Leute. Dein Vater ist ein guter Mensch. Dein Volk leidet, das muss enden. Aber dafür müsst ihr aufhören, uns Leid zuzufügen. Auch wir haben gelitten. Jahrhundertelang. Wir wurden gehetzt, gequält, ermordet, ein Volk ohne Heimat. Jetzt sind wir immerhin ein Fleck auf der Landkarte, umgeben von Feinden, aber wir haben dazugelernt. Glaubst du, wir lassen noch ein einziges Mal zu, dass uns jemand wehtut?«
    Burhan schweigt.
    »Es gibt drei Szenarien«, sagt Perlman. »Im ersten werden wir uns endlos weiterbekriegen und einander Schmerz zufügen. Im zweiten ringen wir euch nieder, bis keine Gefahr mehr von euch ausgeht. Im dritten schließen wir Frieden.«
    »Sie haben das vierte vergessen.«
    »So?«

    » Wir gewinnen.«
    »Das ist kein Szenario. Das ist Science-Fiction. Genau das wird nicht passieren, bleiben eins bis drei. In welchem möchtest du aufwachsen und Kinder zeugen?«
    Burhan starrt auf seine Knie.
    »Euch sag ich gar nichts.«
    »Weil du nichts zu sagen hast. Du weißt nichts.« Perlman lächelt. »Aber das könnte sich ändern. Du könntest Agent des Schin Bet werden.«
    »Nie!«
    »Ich sehe schon, dir gefällt’s hier.« Steht auf. »Also was immer du tust, ich gehe jetzt eine schöne, kühle Coke trinken.«
    Vier Wochen lang sieht Burhan ihn nicht wieder. Wird wie blöde geschüttelt, angekettet, muss stundenlang in schmerzhafter Haltung dasitzen, Dunkelhaft, Lärmfolter, Psychoterror, ungenießbares Essen, während die Feuchtigkeit in seine Knochen zieht.
    Vier Wochen, bis Burhan einwilligt, sich die Sache zu überlegen.
    Weitere vierzehn Tage, bis er zustimmt.
    Noch mal einen Monat, in dem Perlman ihm klarmacht, dass er Hirne lesen kann wie offene Bücher, und in Burhans Hirn steht geschrieben: Ich mach so lange zum Schein mit, bis ich die Gelegenheit erhalte, euch so richtig den Arsch aufzureißen.
    »Das wird dir nicht gelingen«, sagt Perlman. »Letzte Chance. Ist das palästinensische Volk ein Volk von Terroristen?«
    »Nein, verdammt!«
    »Dann hilf ihm.«
    »Wie?«
    »Indem du uns hilfst. Ich will dich als Freund. Lass uns den Terror gemeinsam bekämpfen.«
    In den meisten Fällen spricht dann doch wieder das Geld, aber Perlman schafft es. Immer aufs Neue schafft er es. Durch Offenheit und Beharrlichkeit gewinnt er Burhan als Freund, langsam, ganz langsam erweitert er das Weltbild des Jungen, andere werden Freunde, Helfer von unschätzbarem

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