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ihre Kehle entlang. »Mehr hab ich nicht anzubieten.«
Der alte Mann schweigt.
»Komm mit uns nach Gaza und hilf uns«, sagt sie leise. »Bitte.«
Um sie herum stirbt die Stadt. Die Agonie Jamits dringt durch die Fenster zu ihnen hinein, es kann nicht mehr lange dauern, bis der Leitende da draußen die Geduld verliert.
Katzenbach wischt sich die Nase, kratzt sich am Ohr.
Nagt an seiner Unterlippe.
»Ja«, sagt Jehuda. »Das ist sie.«
»Wir wollten sie nicht wecken. Wir wollten ihr keine Angst machen.«
»Das war gut.«
Sie flüstern, weil die Scheiben runtergekurbelt sind, und Jehuda denkt, na, darauf hättest du auch von selber kommen können.
Aber der Unteroffizier war schneller. Alles an diesem Tag ist in Datensätze überführt worden, Namen, Ausweisnummern, Ankunftszeiten, Nummernschilder, und natürlich hat Zahal penibel vermerkt, wo die Autos abgestellt sind. Es war kein Problem, den Wagen vor den Toren Jamits ausfindig zu machen.
Miriam liegt zusammengerollt auf der Rückbank.
Schnarcht ganz leise.
Jehuda betrachtet liebevoll seine Tochter. Sie ist 15. Wenn sie sich zurechtmacht, sieht sie aus wie 17 (was ihn schon einige Stunden Schlaf gekostet hat), jetzt eher wie zwölf.
»Danke«, sagt er. »Ich bin Ihnen sehr dankbar.«
»Passen Sie auf die Kleine auf. Das hier ist kein Ort, an dem Kinder alleine unterwegs sein sollten.«
»Natürlich.« Zieht den Mann ein Stück beiseite. »Haben Sie was von meiner Frau gehört? Können Sie Kontakt herstellen?«
»Augenblick.«
Der Unteroffizier spricht ins Funkgerät.
Lauscht.
»Alles in Ordnung. Sie ist wieder draußen.«
»Wieder draußen ?« Jehuda fällt der Kiefer herunter.
»Ja. Wurde mir so –«
»Geben Sie her.«
Am anderen Ende der Leitung druckst der Befehlshabende herum, bringt verquälte Entschuldigungen hervor, versichert ihm, es habe zu keiner Zeit Gefahr bestanden, was Jehuda nur noch mehr auf die Palme bringt. Zugleich ist er so stolz auf Phoebe, als hätte sie im Alleingang den ganzen Nahen Osten befriedet.
»Sagen Sie ihr, ich hab Miriam gefunden«, bellt Jehuda. »Wir kommen zu Katzenbachs Haus.«
Gibt dem Soldaten sein Funkgerät zurück. Der Mann steckt es ein und macht sich auf den Rückweg. Jehuda öffnet die Wagentür, beugt sich ins Innere und streicht Miriam über die Wange. Sie murrt, blinzelt wie ein Erdhörnchen.
»Papa?«
»Miri, Schatz. Was machst du denn hier?«
Richtet sich auf, reckt die Glieder. Unter ihrem linken Auge hat sich eine Schlaffalte gebildet.
»Ich hatte einfach keine Lust mehr.«
»Keine Lust?«
Ihr Kopf weist zur Stadt. »Auf den ganzen Mist.«
»Warum hast du Mama denn nichts gesagt?«
»Die quatschte gerade mit irgendwelchen Leuten.« Miriam rutscht zur offenen Wagentür vor und lässt die Füße herausbaumeln. »Außerdem wollte ich ja gar nicht weg. Nur kurz mit Ofer zum Motel, um zu sehen, was sie da organisiert hatten. Ihr Affentheater auf den Dächern. Er wollte, dass ich mit raufkomme, aber dann ist mir alles zu blöd geworden.« Wischt sich die Nase. »Einschließlich Ofer, wenn dich das beruhigt.«
Jehuda kniet sich vor sie hin.
»Du bist traurig, mhm?«
»Du denn nicht?«
»Doch.« Und wie traurig er ist. Mehr als er zugeben mag. »Aber wir werden uns ein wunderschönes neues Leben aufbauen, Miri. Wir haben doch schon ein gutes Leben.«
»Mann, Papa! Wir wohnen bei Oma!«
In Kfar Malal. Stimmt.
Irgendwo mussten sie ja hin, solange ihr neues Zuhause nicht fertiggestellt ist. Viele Siedler haben sich bereits über die Moschawim von Hevel Schalom verteilt, eine Region im Negev. Israelisches Kernland. Wäre durchaus eine Option gewesen, im Negev hätte sofort Wohnraum zur Verfügung gestanden. Die Siedlungen Sufa, Dekel, Talme Yosef und Sdei Avraham sind vergangene Woche eingeweiht worden, Pri Gan und Yevul existieren schon seit über einem Jahr. Auf vorhandene Strukturen aufzusetzen, wäre das Vernünftigste gewesen, nur, Vernunft ist eine alte Gouvernante ohne jede Leidenschaft, und Jehuda will sein Surfbrett nicht kilometerweit durch den Wüstensand schleifen müssen.
Er will ans Meer.
Miriam will ans Meer. Uri, Anastasia, Yael (auch wenn die gerade mal vier ist) wollen ans Meer, obwohl es Uri von Hevel Schalom weit näher zum Stützpunkt gehabt hätte. Und Phoebe?
War froh über die Unvernunft der anderen.
Mit dem Resultat, dass sie jetzt warten müssen. Es dürfte Herbst werden, bis die Siedlungen im nördlichen Gazastreifen fertiggestellt sind. Ihr neues
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