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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Erklär es mir! Wovon habe ich keine Ahnung?«
    Katzenbach ist rot angelaufen. Sie wartet auf eine Antwort, und als keine erfolgt, dreht sie sich um und macht Anstalten, die Küche zu verlassen.
    »Phoebe!«
     
    Jehuda hastet die Straße zu ihrem Wohnviertel entlang. Am Gemeindezentrum vorbei, wo Spezialeinheiten versuchen, aneinandergekettete Demonstranten vom Geländer der Eingangstreppe loszuschweißen.
    Er und Miriam haben dem Haus am Vormittag einen letzten Besuch abgestattet, aber vielleicht ist sie ja noch mal hingegangen.

    Zwei Helikopter entschwinden in nordöstliche Richtung.
    Das kurze Aufblitzen eines Feuerwehrwagens.
    Dann niemand mehr.
    Der Soundtrack der Räumung bleibt hinter ihm zurück, eingeebnet von Distanz, nur noch ein diffuser Tumult.
    Sprintet die Allee entlang, seine Straße, biegt ein, erstes Haus, Alison Titelmann. Vor zwei Jahren weggezogen, nach Tel Aviv, Planungsstab, Karrieresprung. Seitdem steht es leer. Jehuda war es nur recht. So reibungslos die Zusammenarbeit verlief, lebten sie als Nachbarn doch in einer Atmosphäre ständiger Befangenheit. Nicht, dass Alison sich je etwas hätte anmerken lassen. Immer freundlich, unverbindlich. Kollegen halt, ins selbe Viertel gewürfelt. Er wusste, sie würde dichthalten, weniger um seine als um ihre Würde zu bewahren.
    Dennoch war er froh, als sie wegzog.
    Warum eigentlich? Vielleicht, weil er außerstande war, die Erinnerung sachgerecht abzulegen? Irgendwo zwischen A wie Abgewendete Probleme und Z wie Zerronnene Träume verweigert sie sich jeder Zuordnung. Sie in Tel Aviv zu wissen, half ihm, das Geschehene zu verdrängen, zugleich grämte ihn, was nicht passiert war.
    Hätten sie es durchziehen sollen? Wäre es befreiender gewesen, es zu tun, statt dass es nun auf ewig in der Zwischenwelt des Begonnenen und nicht zu Ende Geführten herumgammelt?
    Verquaste Gedanken.
    »Miriam? Bist du hier?«
    Ihr verlorenes Heim. Leer, abweisend, seltsam unpersönlich. Phoebes hübsche Vorgartenbepflanzung niedergetrampelt. Die Räumungsarbeiten sind abgeschlossen, die Sicherheitskräfte längst fort, nicht ohne die Tür versiegelt zu haben.
    Einen Moment ist er ratlos. Tigert um den weißen Quader herum, tritt schließlich das Kellerfenster ein und zwängt sich ins Innere.
    Keine Miriam.
    Nimmt sich Uris Haus vor, gleiche Prozedur.
    Nichts.
    Läuft zurück auf die Hauptstraße, stutzt. Dumpfe, bedrohliche Frequenzen, mehr in der Magengrube als im Ohr. Eine gleichmäßige Front, die sich von Süden her nähert.
    Tief, anschwellend.
    Was zum Teufel ist das?
    Unter seinen Füßen beginnt der Boden zu zittern, erst unmerklich, dann wie bei einem Erdbeben.

    Das Dröhnen schwerer Motoren.
    In der Straßenmündung taucht etwas auf, eine gewaltige Schaufel, meterhohe Stahlräder, Panzerketten. Jehuda weicht zurück. Die Planierraupe dreht sich langsam in seine Richtung, wie ein Saurier, der ihn erspäht hat und nun sein Erbsenhirn in Abstimmung mit seinem Magen bringt, ein weiteres Ungetüm rumpelt hinterdrein, noch eines.
    Die letzten Bewohner Jamits werden Maschinen sein.
    Sein Funkgerät meldet sich.
    »Ihre Tochter –«
    »Ja?« Spricht atemlos hinein. »Was ist mit ihr?«
    Atmosphärische Störungen, dann wieder die Stimme des Soldaten, jetzt klar und deutlich.
    »Also – ich glaube, wir haben sie gefunden.«
     
    Katzenbach ist in sich zusammengefallen. Hat die Hand mit der Granate sinken lassen, hält sie umklammert, der Tremor schüttelt seinen Unterarm.
    Reist zurück.
    Die Vergangenheit saugt ihn ein – in die Zeit vor drei Jahren, als seine Frau einem Gehirnschlag erlag, vor fünf Jahren, als ihr einziger Sohn in die USA auswanderte, vor sechs Jahren, als sie noch freudestrahlend eines der schneeweißen Häuser Jamits bezogen und Katzenbach seine ersten Rosenstöcke pflanzte, vor zehn, 20, 30 Jahren –
    Haltlos stürzt er zurück in die Dunkelheit.
    »Ich kann hier nicht weg«, flüstert er.
    »Warum nicht? Was ist so schlimm daran, noch mal umzuziehen?«
    Er schüttelt stumm den Kopf.
    »Inzwischen gibt es Alternativen, Dror. Jehuda, Miriam und ich gehen in den Gazastreifen. Die Regierung wird uns Mittel für den Neuanfang zur Verfügung stellen.«
    »Du verstehst nicht. Ich halte das nicht noch mal aus.«
    Phoebe zögert.
    Nicht noch mal –
    »Wir hatten ein gutes Leben, weißt du.« Katzenbachs Stimme klingt hohl, quält sich durch die Jahrzehnte wieder zurück in die Gegenwart. »Eine Apotheke unten im Haus. Das war, bevor sie begannen, die

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