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Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)

Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)

Titel: Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Crossan
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hat sie mittlerweile selbst zugegeben … heute, als ich sie kurz getroffen hab. Sie hat gelogen, als sie behauptete, aufgeschnappt zu haben, wohinwir verschleppt wurden. Sie wollte unseren Kidnappern Zeit zur Flucht verschaffen. Es tut mir leid.«
    Mein Vater klopft mir auf die Schulter und tritt ein paar Schritte zurück. Er bringt fast so etwas wie ein Lächeln zustande, was mir endgültig den Rest gibt: Er ist stolz auf mich, weil er denkt, dass ich meine beste Freundin verraten hab. Aber vermutlich sieht er es gar nicht so: Er sieht es wahrscheinlich als Zeichen der Loyalität – Loyalität ihm gegenüber, der Familie gegenüber und vor allem dem Ministerium gegenüber.
    »Und wo ist sie jetzt?«, fragt er.
    »Sie hat erzählt, dass sie abhauen will. Sie sagte, sie würde Leute kennen, bei denen sie unterschlüpfen kann. Und mir hat sie geraten, ebenfalls abzuhauen.«
    »RATTEN.«
    »Wahrscheinlich.«
    Ich lasse meinen Blick durch den Flur schweifen, als es plötzlich gegen die Wohnungstür poltert. Drei Silhouetten zeichnen sich hinter der Milchglasscheibe ab.
    »Überlass das Reden mir!«, zischt mein Vater und öffnet die Tür. »Willkommen! Willkommen!«, ruft er überschwänglich. »Ich hab den Whisky vor einer Stunde ins Eisfach gelegt. Der dürfte hübsch kalt sein. Ach, und Sie haben die Kinder mitgebracht!«
    Höflich lächelnd treten Niamh und Oscar ein.
    »Niamh! Was für eine Schönheit!«, schwärmt mein Vater, während er ihre Hand drückt.
    »Ha! Vor einer Stunde sah sie noch ganz anders aus. Und Sie sollten sie erst mal sehen, wenn sie aus demBett kommt. Der reinste Horror! Ha!« Der Präsident torkelt an meinem Vater vorbei ins Wohnzimmer, wo er meine Mutter vom Boden hochzieht und sie, mit leicht geöffnetem Mund, direkt auf die Lippen küsst. Mein Vater lässt Niamhs Hand los und folgt seinem Chef ins Wohnzimmer.
    »Und? Alles im Lack?«, fragt mich Oscar und streckt mir flüchtig seine Hand entgegen. Als ich sie schüttele, bemerke ich die längliche rote Farbspur auf dem Ärmel seines weißen Hemdes.
    »Machst du immer noch Kunst?«, frage ich.
    »Klar. Warum hast du aufgehört? Du warst doch gut.«
    »Ich? Quatsch. Sobald Ms Kechroud eine Bleistiftzeichnung von mir sah, sagte sie immer, jeder Neunjährige würde besser malen als ich.«
    Oscar schüttelt den Kopf und fährt sich mit der Hand durchs Haar. »Sie ist ja auch keine richtige Lehrerin. Du musst irgendwann mal zu mir kommen, dann zeig ich dir mein Atelier. Wenn du magst.« Er will noch etwas hinzufügen, aber Niamh schubst ihn beiseite.
    »Quinn«, zwitschert sie mit kokettem Augenaufschlag. »Ich bin schon ganz aufgeregt wegen unserem Date nächste Woche.« Sie wirft sich die Haare über die Schulter und zupft am Saum ihres unfassbar kurzen Kleides. Ich hab wirklich noch nie einen selbstverliebteren Menschen gesehen. Oscar rollt mit den Augen und schlendert ins Wohnzimmer.
    »Na, ihr zwei.« Meine Mutter kommt in den Flur gestöckelt und ergreift Niamhs Hand. »Oh, was für entzückende Schuhe!«
    Bei den Schuhen, die sie meint, handelt es sich um Riemchensandalen mit turmhohen Absätzen. Es ist mir ein absolutes Rätsel, wie man damit auch nur einen einzigen Schritt tun kann. Insgesamt sieht Niamh aus, als hätte sie sich für ’ne heiße Nacht in irgendeinem zweifelhaften Club rausgeputzt. Mir ist vollkommen schleierhaft, wie meine Eltern eine solche Tussi für eine bessere Partie halten können als Bea Whitcraft.
    »Danke schön, Mrs Caffrey.« Niamh schenkt meiner Mutter ein affektiertes Lächeln.
    »Oh, bitte, nenn mich einfach Cynthia.«
    Im Wohnzimmer haben mein Vater und der Präsident bereits die Whiskyflasche geköpft und sind ins Gespräch vertieft, aber als sie mich sehen, verstummen sie. Cain Knavery winkt mich mit seiner beringten Hand zu sich. Oscar hat neben den Zwillingen auf der Couch Platz genommen und sieht so aus, als würde er sich zu Tode langweilen.
    »Dein Vater erzählt mir gerade, dass du nicht ganz ehrlich mit uns warst, Caffrey junior.« Cains Atem stinkt nach Alkohol. Er muss schon besoffen hergekommen sein. Jetzt schaut er seine Tochter an und strahlt. »Aber zum Glück sind wir ja gute Freunde. Von daher wird sich das schon wieder ins Lot bringen lassen. Wirst du uns denn helfen, die Kuppel zu schützen?«
    »Selbstverständlich, Herr Präsident«, sage ich.
    Erleichtert schenkt sich mein Vater nach.
    »Ich werde da schon was arrangieren«, verspricht der Präsident.
    Ich setze mich ihnen

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