Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)
entlang, den Blick nach oben in den Himmel gerichtet.
»Die haben angehalten, um im Schnee zu spielen«, raune ich Alina zu.
Ein Lächeln der Erleichterung huscht über ihr Gesicht, als sie merkt, dass ich recht habe. Die zwei Soldaten knien sich hin, um den Schnee zu berühren. Dann schieben sie die getönten Visiere ihrer Helme hoch, und wir sehen, dass der eine Soldat ein dünnes Bärtchen hat und der andere in Wirklichkeit eine Frau mit spitzem Kinn ist. Auf merkwürdige Weise ähneln sie sich. Und sie sind jünger, als ich gedacht hätte: sicher nicht älter als zwanzig. Jetzt bestaunen sie wieder den Himmel und lachen, bevor sie sich einander nähern.
»Die sind ja ganz normal! Die sehen aus wie ganz gewöhnliche Leute«, staunt Alina. »Wie ist das möglich?«
»Und sie sind verliebt«, füge ich hinzu. Ich schaue zu Maude hinüber, die sich beim Lesen im Nacken kratzt und irgendetwas vor sich hin murmelt.
Der Soldat und die Soldatin lachen immer noch, aber jetzt gehen sie ein Stück auseinander. Dann heben sie Schnee auf, pressen ihn zu Kugeln und beginnen lachend, sich damit zu bewerfen. Die Soldatin kreischt und ergreift die Flucht. Kichernd, johlend und Schneebälle werfend jagen sich die beiden um den Panzer. Dann bleibt die Soldatin plötzlich stehen. Als ihr Kameradsie einfängt, deutet sie auf das gegenüberliegende Haus und im Nu sind die beiden darin verschwunden.
Ein paar Minuten behalten wir das Haus schweigend im Blick. Dann sieht Alina mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Auch ’ne Art, sich warm zu halten«, bemerkt sie.
Ich lache.
Alina checkt die Anzeige ihrer Sauerstoffflasche. »Super, das ist die Idee! Wir schnappen uns den Panzer.«
Fassungslos starre ich sie an. Soll das ein Witz sein? »Du bist verrückt!«
»Wer ist verrückt?«, ruft Maude. Klar, sobald sie eine Unstimmigkeit zwischen uns wittert, ist sie plötzlich wieder voll bei der Sache.
»Du hilfst mir, ihn zu klauen. Den Panzer«, weist Alina sie an.
»Scheiße, ja, und ob ich dir helf!«, kreischt Maude, wirft das Buch, in dem sie gerade gelesen hatte, hoch über sich in die Luft und lässt es mit einem lauten Knall auf ihrem Kopf landen.
ALINA
Es ist wirklich lächerlich einfach. Während Maude durch die Luke im Inneren des Panzers verschwindet und ihn startklar macht, stehe ich, bewaffnet mit einem Messer, vor der Tür des Hauses, in dem die beiden Turteltäubchen verschwunden sind. Könnte ja sein, dass einer der beiden zu früh wieder herauskommt. Bea hockt oben auf dem Geschützturm; ihr Job ist es, mich zur rechten Zeit zu packen und hochzuziehen. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob sie genug Kraft dazu hat, aber ihr den Job mit dem Messer zu überlassen, wäre noch riskanter gewesen. Anstatt die Soldaten abzustechen, würde sie vor lauter Schuldgefühlen wahrscheinlich in Ohnmacht fallen und sich dabei selbst in den Hals schlitzen.
Jetzt springt dröhnend der Motor an und Bea brüllt: »Fertig. Los, komm! Mach schon!« Ich renne und sie packt meine Hände. »Sie kommen! Oh Gott, sie kommen!«
Ich drehe mich um. Mehrere Stufen auf einmal nehmend hasten die beiden Soldaten die Feuerleiter des Gebäudes hinunter. Bea hievt mich hoch und binnenweniger Sekunden plumpsen wir ins Innere des Panzers. Der ist lange nicht so hoch entwickelt, wie ich vermutet hätte. Ein paar läppische Knöpfe und Hebel, das ist alles. Und obendrein total beengt und dreckig. Ich spähe durchs Sehrohr: Die Soldaten sind jetzt auf der Straße angekommen und rennen, was das Zeug hält, wobei sie nebenbei versuchen, in ihre Jacken zu schlüpfen, und immer wieder auf dem Schnee ausrutschen.
»Los, feuert!« Maude deutet auf ein paar Hebel, an die sie selbst nicht herankommt, und schwenkt Quinns kleinen Holzhammer.
»Nun pack das Ding doch endlich!«, rufe ich Bea zu, die schnell einen der Hebel umklammert.
»Na los, nehmt die Schweine unter Beschuss! Wozu ham wir ’ne Panzerkanone?«, brüllt Maude noch einmal und versucht, selbst an einen der Hebel zu gelangen.
»Hör auf mit dem Quatsch!«, schimpft Bea und schlägt nach Maudes Hand.
Der Panzer bewegt sich vorwärts, aber die Soldaten sind dicht hinter uns. Ob sie im Fahren aufspringen können? Sie scheinen nicht gerade erpicht darauf zu sein, es zu probieren. Sie halten Sicherheitsabstand zu dem dröhnenden Vehikel, rufen sich etwas zu und gestikulieren wild. Daraufhin zieht einer der beiden ein Funkgerät aus der Uniform, drückt ein paar Tasten und schreit etwas
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