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Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)

Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)

Titel: Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Crossan
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hinein.
    »Warum haben wir den Panzer eigentlich geklaut?«, will Bea wissen.
    »Mensch, das war ’n kluger Schachzug, Mädels. Jetztweiß dieses Packzeug, dass es ’n Krieg an ’n Hacken hat«, erklärt Maude.
    Ich schüttele den Kopf, will widersprechen, will sagen, dass wir mit dem Panzer einfach nur schneller sind und deshalb Sauerstoff sparen. Aber plötzlich dämmert mir, dass Maude recht hat: Ich habe einen Krieg losgetreten.

QUINN
    Kennt ihr diese Filme, in denen ein Typ morgens neben irgendeinem Mädel aufwacht, aus dem Bett kriecht und sich klammheimlich davonstiehlt, weil er keine Lust auf eine peinliche, zähe Unterhaltung hat? Tja, bei mir ist es zwar nicht ganz vergleichbar, aber ein peinliches Gefühl hab ich doch, als ich am Morgen zwischen Silas und Inger aufwache. Jede Bemerkung, die ich mache, wird garantiert total merkwürdig und verkrampft klingen, selbst wenn ich mich bemühe, einen ganz beiläufigen Ton anzuschlagen. Also stehe ich lieber auf und krieche aus dem Zelt, ganz leise, um die beiden nicht aufzuwecken.
    Draußen ist alles mit einer dicken weißen Schneeschicht bedeckt.
    »Hey, schaut mal«, rufe ich und stecke meinen Kopf wieder ins Zelt. Silas setzt sich auf und gähnt. Inger liegt immer noch zusammengerollt auf der Seite und schläft.
    »Oh Gott, es ist ja schon hell! Wach auf, Inger«, knurrt Silas und krabbelt aus dem Zelt.
    »Wow!«, sagt er, als er den Schnee sieht. »Wahnsinn!«
    Die feine weiße Glitzerschicht verwandelt die Ruinen und Geröllhaufen um uns herum fast in spektakuläre Monumente. Wenn Bea jetzt hier wäre, könnte ich eine Bemerkung in der Art machen, ohne mir blöd vorzukommen. Aber mit Silas neben mir schweige ich lieber.
    »So sieht die Welt plötzlich gar nicht mehr so schlimm aus, oder?«, stellt Silas fest und schaut mich an. Keine Ahnung, ob er eine Antwort erwartet. Deshalb seufze ich einfach. Das kann alles bedeuten.
    »Weißt du, was ich meine?«, hakt er nach.
    Ich schaue ihn vorsichtig an. Er verdreht die Augen, hockt sich hin und streicht mit der Hand über den Schnee.
    Kurz darauf taucht auch Inger auf. »Zeit zum Aufbruch«, verkündet er.
    Die Straßen sind heute sogar in einem noch schlechteren Zustand als gestern. Der Schnee kaschiert nicht nur die Hindernisse und Gefahren, sondern macht alles auch total rutschig. Doch Inger und Silas marschieren unbeirrt drauflos, kraxeln teilweise auf allen vieren über Geröllhaufen. Sie sind zehnmal fitter als ich, obwohl ich mein ganzes Leben vermutlich ein Vielfaches an Sauerstoff weggeatmet habe. Es ist einfach nur peinlich.
    Nach ein paar Stunden bleibe ich stehen. Ich kann keinen Schritt mehr gehen, wenn ich nicht sofort einen Happen esse. Also beiße ich ein paarmal von einem Proteinriegel ab, breche dann das restliche Stück durch und gebe Inger und Silas je eine Hälfte. Silas schiebt essich in den Mund, ohne Danke zu sagen. Inger nickt wenigstens kurz in meine Richtung.
    »Wie weit noch?«, frage ich.
    »Machst du dir Sorgen wegen deines Sauerstoffs?«, fragt Silas und checkt den Füllstand meiner Flasche. »Noch zwei Stunden, wenn die Anzeige stimmt. Bist du ein effizienter Atmer?«
    Keine Ahnung, was er mit ›effizienter Atmer‹ meint. Ich atme ein und ich atme wieder aus, und das funktioniert in der Regel ganz gut. Sieht man ja: Ich lebe noch.
    »Ja, ich bin effizient«, antworte ich und atme wie zum Beweis tief ein und ebenso tief wieder aus.
    »Hey«, warnt Silas. »Schluss jetzt mit diesem Inhalieren!«
    Doch noch bevor ich etwas entgegnen kann, legt Inger einen Finger auf die Lippen.
    »Hört ihr das?«, flüstert er.
    »Was?« Unwillkürlich flüstere ich auch.
    Silas schirmt seine Augen mit der Hand ab und blickt die Straße entlang, die wir gekommen sind. Dann blinzelt er durch die Schneeflocken hindurch in den Himmel.
    »Zips«, zischt Inger. »Scheiße!«
    »Schnell in ein Gebäude! In ein großes!«, drängt Silas, flitzt bereits über die Straße und verschwindet durch eine Drehtür. Kurz darauf taucht er wieder auf, reißt sich seine Jacke vom Leib, füllt sie mit Schnee und rennt damit zurück in das Gebäude.
    »Los, rein da«, ruft Inger. »Und nimm Schnee mit.«
    Er öffnet seinen Rucksack, schaufelt Schnee hineinund rennt hinter Silas her durch die Drehtür. Ich blicke an der Fassade des Hochhauses empor. Wenn die beiden tatsächlich einen Panzer gehört haben und der anfängt, das Gebäude unter Beschuss zu nehmen, dann werden wir alle drei unter den Trümmern begraben.

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