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Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)

Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)

Titel: Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Crossan
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achtzehn bis zwanzig. Anders als Alina sieht er aber zumindest nicht so aus, als würde er mir am liebsten ins Gesicht schlagen, sobald ich den Mund aufmache.
    »Und warum, bitte schön, hat Alina beschlossen, eine Ausgestoßene ins Schlepptau zu nehmen?«, fragt er. »Jeder weiß doch, wie gefährlich die sind.«
    Inger nickt zustimmend und verschränkt die Arme vor seiner breiten Brust. Sein Schweigen verunsichert mich zusehends. Also erkläre ich alles noch einmal, von dem Moment an, wo ich Alina in der Impfschlange und später durch Zufall wieder an der Grenzkontrolle getroffen habe. Die beiden hören aufmerksam zu. Als ich fertig bin und sie offenbar einigermaßen überzeugt sind, dass ich nicht lüge, wirft Silas meinen Arm um seine Schulter und zieht mich hoch.
    »Kannst du laufen?«, fragt er.
    »Hm, ich denke schon.«
    Ich habe Krämpfe im Unterleib und beuge mich stöhnend vor, doch das verschlimmert den Schmerz nur noch. Laut keuchend schnappe ich nach Luft.
    »Hast dir wahrscheinlich ein paar Rippen gebrochen«, vermutet Silas. »Aber das wird schon wieder, die heilen von selbst. Ein Arzt könnte da auch nichts unternehmen.«
    Silas und Inger sehen aus wie zwei, die selbst nach Verlust sämtlicher Gliedmaßen noch aufrecht weiterlaufen würden. Zumindest würden sie’s wohl versuchen, und zwar ohne groß zu jammern. Also zurre ich meineGesichtsmaske fest und atme einmal tief durch. Aber selbst das ist so schmerzhaft, dass ich nur mit Mühe einen Aufschrei unterdrücken kann. Ich probiere kleine, flache Atemzüge und konzentriere mich auf die scharfkantigen, silbern angestrahlten Konturen am Horizont und auf den Mond, der wie eine blank polierte Münze am Himmel steht. Die Gebäude mit ihren kaputten Dächern und zerborstenen Fensterscheiben, die auf uns einzustürzen scheinen, versuche ich auszublenden.
    »Woher wusstest ihr, dass Alina auf der Flucht ist?«, frage ich.
    »Weil Alina bei mir und meinen Eltern wohnt«, brummt Silas und schiebt seine Arme durch die Gurte seines Rucksacks.
    »Warum?«
    »Seit ihre Eltern vermisst werden, ist sie so ’ne Art Schwester für mich«, sagt er.
    »Wie eine Schwester, hm«, mache ich, und als Silas nichts erwidert, frage ich: »Und wohin genau sind wir unterwegs?«
    Silas runzelt die Stirn. »Du gehst zurück zur Kuppel«, sagt er nur.
    Inger nickt und macht endlich auch den Mund auf. Seine Stimme ist fast ein Knurren. »Du würdest uns nur stören.«
    Weil bislang Silas das Sprechen übernommen hatte, habe ich Inger für eine Art Handlanger von ihm gehalten. Doch jetzt, wo ich ihn reden höre, ahne ich, dass ich mich da getäuscht habe. In seiner Stimme liegen eine ungeahnte Autorität und Kraft.
    »Die Leute von BREATHE werden spätestens morgen wiederkommen, um uns aufzuspüren. Die ideale Mitfahrgelegenheit für dich. Musst ihnen nur dein tätowiertes Ohrläppchen hinhalten«, sagt Silas.
    »Nein, ich begleite euch, denn meine beste Freundin ist auf dem Weg in die Stadt, und ich trage auf diesem Trip die Verantwortung für sie«, sage ich.
    Inger schnaubt und steckt seine Hände in die Taschen. »Sie ist deine Cousine«, sagt er zu Silas.
    Silas, der meinen Rucksack gehalten hatte, wirft ihn mir zu und zieht seine Kapuze über. »Wir haben dein Zeug dort drüben gefunden«, sagt er und deutet auf die Stelle, wo ich Bea, Alina und Maude zuletzt gesehen habe. Er blickt auf zum Himmel, räuspert sich und sagt dann, als hätte er sein Schicksal in der Wolkenkonstellation abgelesen: »Okay, komm mit uns.« Und dann bringt er tatsächlich noch ein Lächeln zustande. »Aber wir werden heute Abend nicht mehr weit kommen. Nicht durch all diesen Schutt hier. Es gibt keine Straße, der wir folgen könnten. Lasst uns lieber einen Platz suchen, wo wir bis zur Morgendämmerung noch ein Auge zumachen können.«
    »Ich hab ein Zelt dabei«, bemerke ich. »Superleicht aufzubauen. Man muss es nur einmal kräftig schütteln.«
    »Du besitzt ein Zelt? Wo hast du das denn her?«
    »Gekauft.«
    »Ach ja, logisch«, schnaubt er.
    »Na ja, eigentlich hat mein Vater es mir gekauft«, füge ich hinzu, bereue die Worte aber sofort.
    Wir laufen, bis wir vor einem Haus mit Vorgarten stehen,das einigermaßen solide aussieht. Inger und Silas halten an, lassen ihr Gepäck zu Boden fallen und kicken die Überreste eines Fahrrades und einige Flaschen beiseite, während ich die Zeltplanen entwirre. Es dauert nur ein paar Minuten und das Zelt steht.
    »Ich hab noch die hier.« Ich krame die

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