Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)
wir etwas unternehmen. Für dich. Für euch.«
Er hat recht. Es ist vielleicht unsere letzte Chance. Quinn hat meine Eltern ja geradezu zum Engagement aufgerufen. Außerdem werden sie wohl über kurz oder lang ohnehin ins Visier des Ministeriums geraten, selbst wenn sie nicht zu der Veranstaltung gehen. Spätestens dann, wenn die Suche nach mir erfolglos bleibt.
»Wir sollten jetzt lieber aufbrechen«, drängt meine Mutter. Sie bedankt sich bei Old Watson und geht in Richtung Flur. Mein Dad folgt ihr.
»Passt auf euch auf«, verabschiede ich sie an der Tür.
»Werden wir«, sagen sie wie aus einem Mund.
»Morgen nach dem Interview kommen wir wieder«, verspricht Dad und tätschelt mir den Arm.
Ich küsse erst ihn und dann Mom auf die Wange.
»Schlaf gut«, sagt meine Mutter und wendet sich ab, damit ich die Tränen in ihren Augen nicht sehe. Dann treten die beiden durch die Tür, die sich mit einem piepsenden Geräusch luftdicht hinter ihnen schließt.
Old Watson wühlt in einem seiner Schränke und zieht schließlich einen Wanderstock hervor.
»Sie hatten nie die Absicht zu kämpfen«, bemerke ich.
»Sie hatten wahrscheinlich auch nie einen Grund zu kämpfen«, erwidert Watson. »Aber jetzt haben sie einen.« Mit diesen Worten öffnet er die Tür und geht.
Ich bin allein mit meinen Gedanken – Gedanken, die sich überschlagen und ängstlich um das morgige Aufbegehren kreisen.
ALINA
Wir sind offenbar eingedöst, denn plötzlich schrecken wir durch ein durchdringendes Pfeifen hoch. Ich setze mich ruckartig auf, schlinge meine Beine um den Ast und schaue hinunter.
»Was ist das?«, rufe ich, immer noch schlaftrunken. Doch ich bin mit einem Schlag hellwach, als ich sehe, dass Dorian und Jazz ihre Baumstämme schon halb runtergerutscht sind.
»Das sind Zips«, brüllt Dorian zu mir hoch. »Sie sind wiedergekommen. Warum hat bloß niemand die Tarnklappen geschlossen?«
Jetzt geht es also los. Jetzt kann ich beweisen, dass ich vorbereitet bin auf den Krieg. Wenn ich es denn bin. Ich atme noch einmal tief durch, dann klettere ich den Stamm hinunter.
Es macht keinen Sinn mehr, in den Bunker zu fliehen – sie haben uns entdeckt. Wir werden höchstens lebendig begraben, wenn wir unter die Erde flüchten. Nein, es ist an der Zeit, zu den Waffen zu greifen.
Unten herrscht ein heilloses Gewusel: Einige von unshalten bereits Gewehre in der Hand, andere sind so überrumpelt, dass sie immer noch damit zu tun haben, ihre Stiefel anzuziehen. Und mitten in dem Chaos muss ich mich übergeben. Ohne mir Zeit zu lassen, meinen Mund abzuwischen, packt mich Jazz am Arm und zerrt mich in ein Treppenhaus.
»Ich hab das nie trainiert!«, heult sie. »Ich hab das nie trainiert. Hilf mir, Alina, bitte!«
»Dafür ist es jetzt zu spät, Jazz«, schaltet sich Dorian ein. Er wirft einen Blick nach rechts und nach links und dann starrt er mich genauso ratlos an wie ich ihn. Wir haben beide nicht den leisesten Schimmer, was gleich passiert.
In dem Moment kommt Silas vom Ausguck runtergerannt. In seinen Augen liegt das blanke Entsetzen. Er zieht sich eine schusssichere Weste über, und als er Jazz erblickt, schnappt er sie sich: »Such Petra, Jazz! Wir brauchen alles und jeden. Weck die auf, die noch schlafen. Und wenn du Levi oder Roxanne siehst, dann sag ihnen, dass sie den gestohlenen Panzer anschmeißen sollen. Los, beeil dich!«
Jazz nickt und saust davon. Nach wenigen Sekunden ist ihre kleine Gestalt im morgendlichen Zwielicht verschwunden.
Silas wendet sich an Dorian und mich: »Holt jede verfügbare Waffe aus der Schießanlage. Schnell! Ich trommle die Leute zusammen. Es geht los!«
Dorian und Silas preschen in unterschiedliche Richtungen davon, aber anstatt Dorian zu folgen, renne ich Silas hinterher.
»Warte!«, rufe ich. »Es wird doch alles gut, oder?«
Silas packt mich bei den Schultern. »Kämpfe und gib alles!«, sagt er und ist bereits weitergerannt.
Ich stehe allein da, bis Dorian mit einer Ladung Waffen im Arm wiederkommt und sie vor mir auf den Boden wirft. Ich beginne mit dem Verteilen, während er die nächste Ladung holt. Als Silas zurückkommt, dirigiert er die Leute auf ihre Gefechtsstationen und ich reiche ihnen ihre Waffen.
Und dann taucht endlich auch Petra auf, mit einer Maschinenpistole und einem Megafon in der Hand.
»Keine Gnade!«, brüllt sie, während wir unsere Positionen beziehen und warten.
BEA
Ich kriege keinen Bissen meines Frühstücks herunter. Selbst das Heißgetränk, das
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