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Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)

Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)

Titel: Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Crossan
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Großteil ihres Lebens unter einem Glasdach verbringen würden. Denn ursprünglich sollte die Kuppel eine Übergangslösung sein für die Zeit, bis sich Bäume und Plankton regeneriert hätten. Doch der Planet braucht Zeit, um zu genesen. Deutlich mehr Zeit, als man sich damals vorstellte. Auch jetzt, so viele Jahre nach dem Switch, ist der Sauerstoffgehalt erst auf sechs Prozent angestiegen.
    Inzwischen setzt das Ministerium alles daran, um jede Hoffnung auf ein Leben außerhalb der Kuppel im Keim zu ersticken. Aber vielleicht ist die Vorstellung, dauerhaft unter Glas zu leben, für die Menschen von heute gar nicht mehr so schlimm, wie sie es damals für meine Großeltern war. Denn die kannten das andere Leben noch. Sie wussten, was sie vermissten. Sie haben den Switch miterlebt. Und sind nie darüber hinweggekommen.
    Die Namen meiner vier Großeltern sind allesamt auf dem Gedenkstein des Ehrenmals eingraviert, aber es hätte keinen Sinn gemacht, anzuhalten und nachzusehen.Schon gar nicht mit Bea und Quinn im Schlepptau. Totenlisten interessieren mich nicht.
    Ich komme an diversen Ruinen vorbei, zerbröckelten, moosbewachsenen Steinhaufen, die wohl mal alte Wohnhäuser waren. Die Stille ist schön.
    Plötzlich sehe ich eine Ansammlung von Knochen auf dem Bürgersteig. Es ist ein ganzes Skelett, komplett gebleicht, weiß und ausgetrocknet. Die Knochen sind zu einem Haufen geschichtet, obenauf thront der Schädel. Wer hat das getan? Und wann? Könnten das Abels Knochen sein? Quatsch, was für eine alberne Vorstellung! Wie sollte er denn bis hierher gekommen sein? Außerdem ist er erst seit ein paar Tagen tot. Von ihm ist garantiert noch mehr übrig als ein Skelett. Oder nicht? In welchem Stadium der Verwesung befindet er sich? Nässend und aufgedunsen? Heimgesucht von Würmern?
    Ich versuche, mir Abel so vorzustellen, wie ich ihn zuletzt gesehen habe: wie er mir am Eingang meines Hauses zum Abschied zugewunken und mir übertrieben zugezwinkert hat, während ich den Rucksack mit den Baumablegern festzurrte. Er hatte keinen Schimmer, dass er so gut wie tot war.
    Und ich könnte ebenfalls tot sein, wenn ich in der Kuppel geblieben oder an der Grenze aufgehalten worden wäre. Oder wenn Quinn und Bea mich nicht rausgeschleust hätten. Quinn sah so gekränkt aus, als ich ihn und Bea vorhin einfach hab stehen lassen. Wahrscheinlich ist er bereits auf dem Rückweg, um seinem Vater alles brühwarm zu berichten. Ich bin sicher, dasser ein guter Kerl sein will, aber er ist und bleibt nun mal ein Premium, und Premiums kann man nicht trauen. Premiums haben zu viel zu verlieren. Und Bea hätte ich erst recht nicht mitnehmen können: Verliebte sind die Gefährlichsten von allen, Verliebte neigen zu völlig schwachsinnigen Aktionen. Ich selbst bin ja der beste Beweis dafür. Ich wollte unbedingt mit Abel zusammen sein. Und jetzt, wo er tot ist, hab ich fast das Gefühl, dass wir zusammen waren, obwohl gar nichts zwischen uns lief. Schon verdammt merkwürdig, dass die Zuneigung zu jemandem nach dessen Tod noch wachsen kann.
    Mist, schon wieder derselbe Fehler: Anstatt wachsam zu sein und auf den Weg zu achten, grübele ich über Abel nach. Dabei könnte ich jederzeit aus dem Hinterhalt überfallen werden. Um mich herum sieht’s zwar total verlassen aus, aber das muss nichts heißen. Überall könnten sich Ausgestoßene verstecken. Oder BREATHE-Späher.
    Plötzlich rumpelt es, als würde ein altes Rad auf mich zurollen. Reflexhaft schnelle ich herum und werfe mich zu Boden. Nichts Verdächtiges in Sicht. Zumindest nicht auf der Straße. Da rumpelt es wieder, und diesmal sehe ich, was es ist: eine Straßenlaterne, die offenbar schon vor Ewigkeiten gegen ein Gebäude gekracht ist und nun, von Windböen gerüttelt, an einem Fenstersims hin- und herrollt.
    Fast immer, wenn ich außerhalb der Kuppel war, hat Silas mich begleitet. Er hatte einen Revolver dabei und ich ein Messer. Und nie ist uns etwas passiert. Nichteinen einzigen Ausgestoßenen haben wir gesehen. Wieso, verdammt noch mal, habe ich diesmal keine Waffe eingesteckt? Irgendwas muss ich mir einfallen lassen, um mich zu schützen. Ich lasse meinen Blick über das Gelände schweifen, aber außer kaputten Ziegelsteinen ist da nichts. Und die werden mir nichts nützen, wenn mir einer zu nahe kommt. Ich brauche etwas, womit ich weit ausholen und zur Not zuschlagen kann.
    Die meisten Häuser entlang der Straße sind nur noch Steinhaufen, aber einige stehen noch, moosbedeckt. Und mit

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