Brenda Joyce
froh wie sie über diese Wendung der
Ereignisse? Aber seine Miene weckte ihre Besorgnis und machte sie unsicher.
Er trat zu
ihr und sah sie prüfend an. »Wie kannst du das nur fragen? Ich habe dir letzte
Nacht Angst gemacht.«
Er dachte
daran, wie der Abend begonnen hatte, während sie seinen Ärger über Blairs
Briefe doch längst vergessen hatte. »Es war ein Missverständnis, aber wir
konnten es doch klären.«
»Konnten
wir das?« Er verschränkte die Arme vor der Brust und wirkte sehr
unglücklich. »Bist du verletzt?«
Sie wurde
immer verwirrter. »Mir geht es gut.«
Seine Miene
wurde härter. »Habe ich dir wehgetan?«
Sie
erschrak und fragte sich, ob er wohl zu viel getrunken hatte, um sich an das zu
erinnern, was passiert war. »Nein, das hast du nicht. Alexi, wir haben
gestritten, aber danach haben wir uns geliebt.« Sie lächelte ihn unsicher
an.
»Oh, daran
erinnere ich mich«, sagte er finster. »Keine Frau verdient es, so
behandelt zu werden.«
Sie konnte
es nicht glauben. »Alexi, das war ein Missverständnis!«
»Du bist
voller Furcht vor mir geflohen – ich habe dich aufs Bett geworfen.«
Er sah sie durchdringend an. »Habe ich dir wehgetan?« Sie zögerte und
wiederholte dann: »Wir haben uns geliebt.« Seine Miene war so hart, dass
seine Züge aussahen wie die einer Statue.
»Ich habe Blut gesehen.«
Er wusste
es nicht! Sie starrte ihn an und fragte sich, warum es ihm entgangen war, dass
sie noch Jungfrau gewesen war. Sie begann zu zittern. »Ja, das stimmt.«
»Warum war
da Blut, Elysse? Oder sollte ich das besser nicht fragen?« Er lachte
freudlos. »Ich habe dich die Treppe hinaufgejagt. Ich habe
dich aufs Bett geworfen. Du hast Nein gesagt, und ich habe mich dir
aufgezwungen.«
Sie starrte
ihn an. »Nein! So hat es angefangen, aber dann – dann haben wir uns
geliebt!«
Er lachte
wieder. »Du bist heute Morgen sehr großherzig. Das verdiene ich
keinesfalls.«
»Du hast
dich mir nicht aufgezwungen«, brachte sie heraus. »Am Ende habe ich dich
mit Vergnügen in mein Bett gelassen, Alexi, und es war herrlich. Dies ist für
uns ein neuer Anfang.«
»Wirklich?«
Er war sehr ernst. »Wir haben der Anziehung nachgegeben, die wir unser Leben
lang füreinander empfunden haben, Elysse. Das ändert nichts an der Vergangenheit.
Es ändert nichts an den Gründen, aus denen wir geheiratet haben, oder warum ich
dich verlassen habe, oder an der Tatsache, dass in deinem Schreibtisch
Liebesbriefe von einem anderen Mann liegen.« Er runzelte die Stirn. »Es
ändert nichts an der Tatsache, dass du einen anderen Mann liebst, oder?«
Sie schrie
auf. Ihre Liebesnacht bedeutete für ihn nicht dasselbe wie für sie. Nichts
hatte sich geändert – außer dass sie jetzt keine sechsundzwanzigjährige
Jungfrau mehr war. »Ich liebe keinen anderen!«, rief sie.
Es war, als
hätte er sie nicht gehört. »Du bist so großzügig, aber ich verstehe nicht
warum. Sechs Jahre lang habe ich dich gedemütigt, und in der vergangenen Nacht
habe ich dir wehgetan, dich verführt und benutzt.« Er sprach sehr ruhig,
wurde aber sehr rot dabei.
Sie wandte
ihm den Rücken zu. Sie wollte nicht weinen. So dachte er darüber?
Er
erwiderte ihre Liebe nicht.
»Wir können
so nicht weitermachen.«
Sie
erstarrte und drehte sich wieder zu ihm um, voller Angst. »Du bist nicht
glücklich, und das bin ich auch nicht.«
Seine Worte
trafen sie tief. Sie versuchte, ihn zu berühren. »Wir können versuchen, uns zu
versöhnen.«
Er sah sie
ungläubig an. »Ich glaube, den Versuch haben wir bereits unternommen. Offenbar
sind wir unfähig, wie Mann und Frau zusammenzuleben.«
Sie war
entsetzt. Sprechen konnte sie nicht, stattdessen griff sie nach einem Stuhl, um
sich zu stützen.
»Ich werde
im Juni Segel setzen in Richtung Kanton.« Er sprach schnell, als würde er
sich an eine Gruppe von Investoren wenden. »Ursprünglich
wollte ich Mitte des Monats aufbrechen, aber jetzt werde ich am Ersten
lossegeln. Das ist von heute an gerechnet in zwei Wochen. Bis dahin müssen wir
uns auf einen Waffenstillstand einigen.«
»Einen
Waffenstillstand?«, wiederholte sie tonlos. Er wollte neutrales Verhalten?
In der vergangenen Nacht hatte er sie mit mehr Leidenschaft geliebt, als sie es
sich je hatte vorstellen können. Und am Morgen erklärte er, dass sie nicht
zusammenleben konnten, und wollte einen Waffenstillstand.
»Ich werde
sogar den braven Ehemann spielen – wenn du das jetzt noch willst.« Er ging
an ihr vorbei und öffnete die
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